Das Moratorium für den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen in der Schweiz gilt bis 2025 – der Ständerat hat zum vierten Mal in Folge eine Verlängerung um vier Jahre beschlossen. Für Pflanzen, Pflanzenteile und Saatgut, die mit neuen gentechnischen Verfahren wie Genom-Editing gezüchtet worden sind, sollen aber nach in Zukunft risikobasierte Zulassungsregeln gelten. Der Ständerat beauftragt den Bundesrat mit der Ausarbeitung entsprechender Entwürfe bis 2024 und nimmt damit den Kompromissvorschlag des Nationalrats an.
«Ein pragmatischer Mittelweg»
Die risikobasierte Zulassung soll nur dann zum Zug kommen, wenn es um gentechnisch veränderte Organismen (GVO) ohne artfremdes Erbmaterial geht (also cisgene Pflanzen), und ein «Mehrwert für Landwirtschaft, Umwelt und Konsumeierende» gegenüber herkömmlichen Züchtungsverfahren geltend gemacht werden kann.
Kommissionsprecher Hannes Germann (SVP / SH) bezeichnet den Kompromissvorschlag laut Keystone-SDA als pragmatischen Mittelweg, mit dem Forschung und Ständerat leben könnten. Auch Bundesrätin Simonetta Sommaruga legte keinen Widerspruch ein, es bleibe genügend Zeit für die Erarbeitung einer guten Entscheidungsgrundlage.
SBV begrüsst den Entscheid
Aus Sicht des Schweizer Bauernverbands (SBV) hat der Ständerat richtig entschieden. Damit sei die Basis gelegt, damit die Schweizer Landwirtschaft weiterhin gentechfrei bleibt, während gleichzeitig eine Lösung für neue Züchtungsverfahren gesucht wird.
VKMB bemängelt offene Fragen
Die Kleinbauern-Vereinigung (VKMB) begrüsst zwar die Verlängerung des Gentech-Moratoriums, ist mit dem vorgesehenen Umgang mit neuen Züchtungsmethoden nicht zufrieden. Der Auftrag zur Ausarbeitung neuer Zulassungsregeln werde erteilt, bevor auf entscheidende Fragen in noch hängigen Postulaten Antworten vorliegen. Als Beispiele nennt die VKMB:
- Wie und mit welchen Kosten kann die Koexistenz geregelt werden?
- Wie wird die Wahlfreiheit von Bäuer(innen) und Konsument(innen) sichergestellt?
- Wie werden die Risiken neuer gentechnischer Verfahren bewertet?
Es fehle eine solide Grundlage für eine sachliche Debatte und eine verantwortungsvolle Entscheidungsfindung. Aus Sicht der VKMB gehören Genom-Editing und Co. den gleichen Gesetzen unterstellt wie andere gentechnische Verfahren. Der Fokus müsse auf für alle zugänglichem, standortangepasstem Saatgut und ebensolchen Anbausystemen liegen, um die Landwirtschaft gegen Klimawandel und Biodiversitätsverlust wappnen zu können.
SAG will den Prozess begleiten
Auch die Schweizer Allianz Gentechfrei (SAG), der unter anderem die Getreidezüchtung Peter Kunz (gzpk), IP-Suisse und der Schweizer Tierschutz STS angehören, zeigt sich zufrieden mit der Moratoriumsverlängerung. Es sei aber zur Klärung aller offenen Fragen entscheidend, auch neue Verfahren innerhalb des Gentechnikgesetzes zu regeln. Ausserdem müsse – zusammen mit Landwirtschaft und den Konsumierenden – definiert werden, wie der oben genannte Mehrwert nachzuweisen ist. Man werde den Prozess weiterhin kritisch begleiten und mit einem Fokus auf Agrarökologie «ein Gegengewicht zu einseitigen Industrieinteressen» in der Debatte sein.
Importe sind bereits zugelassen
Der Import von GVO-Futter- und Lebensmitteln ist in der Schweiz – im Gegensatz zum Anbau ausserhalb der Forschung – erlaubt. Wie die Nachrichtenagentur Keystone-SDA schreibt, sind derzeit nach Angaben des Bundesamts für Umwelt (Bafu) drei gentechnisch veränderte Mais- und eine Sojasorte zugelassen, sowie einige Zusatz- und Verarbeitungsstoffe. Im Detailhandel seien diese aber nicht zu finden und sie müssten einen entsprechenden Hinweis tragen. Eine Kennzeichnungspflicht gibt es auch für GVO-Futtermittel.
Laut Bafu seien ausserdem für verarbeitete Lebensmittel zwei Vitamine, zwei Labfermente und zwei Verarbeitungshilfsstoffe erlaubt, die mit Gentechnik hergestellt werden. Genomeditierte Pflanzen sind im Gegensatz zur Schweiz und der EU z. B. in den USA, Kanada, Brasilien, Argentinien und China herkömmlichen Pflanzen gleichgestellt.