Im Ständerat war es ein Stichentscheid des Ratspräsidenten gewesen, der zur Annahme eines Ausnahmeartikels für Genom-Editing geführt hatte. Der Nationalrat will davon aber nichts wissen und nimmt stattdessen mit 112 zu 74 Stimmen die Kompromisslösung seiner Kommission für Wirtschaft, Bildung und Kultur (WBK-N) an. Ausnahmen soll es demnach nur für Pflanzen ohne artfremdes Genmaterial und bei einem Mehrwert des Züchtungsverfahrens im Vergleich zu den herkömmlichen Methoden für Landwirtschaft, Umwelt und Konsumenten geben. Der Bundesrat soll bis Mitte 2024 einen Entwurf für eine risikobasierte Regelung neuer Züchtungsverfahren vorlegen.
Schweiz bleibe gentechfrei
Der Schweizer Bauernverband (SBV) begrüsst den Entscheid der grossen Kammer. Sie setze richtigerweise auf eine gentechfreie Schweizer Landwirtschaft. Gleichzeitig könne nun ergebnisoffen geprüft werden, wie Genom-Editing in Zukunft geregelt werden soll.
Der National- biete dem Ständerat Hand für eine bessere Lösung in der Differenzbereinigung, heisst es weiter. Der SBV hofft, dass die kleine Kammer in der kommenden Woche dem Nationalrat folgt.
«Ein fauler Kompromiss»
Kritik gibt es von Biorespect. Ein Nebeneinander von konventionellem Anbau und Gentech-Pflanzen sei nicht möglich, der Nationalrat habe sich demnach für einen faulen Kompromiss entschieden. Auch die neuen Züchtungsverfahren müssten zwingend der geltenden Gesetzgebung und damit dem Moratorium unterstellt werden, fordert Biorespect.
Alternativen sollen gefördert werden
Auch Bio Suisse ist wenig erfreut über den Nationalratsentscheid. Um die Risiken im Sinne des Vorsorgeprinzips zu minimieren, plädiert der Verband für eine Regulierung neuer Methoden innerhalb des Gentechnikgesetzes. «Wenn neue Gentechniken mit einem juristischen «Buebetrickli» nicht mehr als Gentechnik behandelt würden, würde die Bio-Wertschöpfungskette vor erhebliche Probleme gestellt», befürchtet Bio Suisse und verweist auf die Gefahr der Kontamination durch Pollen von Gentech-Pflanzen. Eine Koexistenz sei demnach schwierig und man solle besser Alternativen in der klassischen Pflanzenzucht fördern.