Ende September 2023 hat das Parlament den sogenannten Mantelerlass und damit die Änderung von vier Gesetzen im Energiebereich beschlossen. Darüber informierte an der Fachtagung von Agro Clean Tech (ACT) Frank Rutschmann vom Bundesamt für Energie. Damit soll die Versorgungssicherheit und System-Integration der dezentralen Energiequellen verbessert sowie die Energieeffizienz und der Zubau der erneuerbaren Stromproduktion erhöht werden.

Jetzt noch profitieren

Der Fördertopf bleibt allerdings gleich. Bei höherer Nachfrage besteht somit die Tendenz, dass die Förderbeiträge gesenkt werden. Auch, weil die Produktion von erneuerbaren Energien immer günstiger wird und es weniger Anreize braucht. An der Tagung unter der Leitung von ACT-Präsident Michel Darbellay wurde deshalb dazu aufgerufen, aktiv zu werden und von den Förderungen noch zu profitieren.

PV massiv ausbauen

Bis 2035 soll 35 TWh aus erneuerbarer Energie (ohne Wasserkraft) stammen, heute sind es erst 7 TWh. Einen wesentlichen Anteil hat die Photovoltaik, die soll auf 30 TWh ausgebaut werden. Anlagen sollen auch ausserhalb der Bauzone leichter bewilligt werden können, so in wenig empfindlichen und leicht erschliessbaren Bergregionen oder in landwirtschaftlichen Kulturen wie Beeren- und Rebanlagen. Bei Neubauten grösserer Gebäude gilt künftig eine Solarpflicht bei einer Fläche über 300 m2.

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Bessere Vergütungen

Neu gibt es Erleichterungen für grössere Biogasanlagen bis 45 000 t in der Landwirtschaftszone. Für Biomasseanlagen kann künftig gewählt werden zwischen einmaligem Investitionsbeitrag und gleitender Marktprämie während 20 Jahren, analog der früheren kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV). Der Vergütungssatz orientiert sich an den Gestehungskosten der Anlage, die Vergütungsdauer legt der Bund fest. Mit einer Prämie wird die Differenz zwischen Vergütungssatz und Marktpreis ausgeglichen. «Auch für Solarstromproduzenten gibt es künftig mehr Investitionssicherheit», meinte Rutschmann. So ist schon beim Bau die künftige Vergütung auf Jahre hinaus klar. Für den Strom, der ins Netz abgeben wird, wird die Abnahme- und Vergütungspflicht verbessert, und die Preise sollen schweizweit harmonisiert werden. Zudem kann der Bundesrat eine Minimalvergütung fest-legen, sodass auch bei Marktschwankungen die Rendite der Anlage garantiert ist.

Günstiger Netzanschluss

Hemmend für den Zubau grosser landwirtschaftlicher Dachflächen waren bisher die teils hohen Netzverstärkungskosten. Künftig werden Kosten für die Verstärkung von privaten Erschliessungsleistungen von Anlagen über 50 kWp über Swissgrid abgedeckt be-ziehungsweise vermindert.

Noch sei der Mantelerlass allerdings nicht im Trockenen, betonte Rutschmann. Die Referendumsfrist läuft noch bis Mitte Januar 2024. Und die konkrete Umsetzung aller Massnahmen wird in Verordnungen geregelt, für welche die Vernehmlassung im Februar startet. In Kraft treten die neuen Regelungen somit frühestens Anfang 2025.

Mehr grössere Anlagen

David Stickelberger von Swissolar rief dazu auf, vom neuen Fördersystem zu profitieren. Photovoltaik sei zwar im Aufwind, das grosse Potenzial müsse aber beschleunigt genutzt werden. «Auf Dächern und Fassaden könnte mehr Strom produziert werden, als heute verbraucht wird.»

Zudem sei das eine gute Ergänzung zur Wasserkraft. «Solarstrom hilft dann, wenn die Stauseen leer sind.» Der Winterversorgung mit Strom helfen auch PV-Module an Fassaden und Anlagen in den Alpen.

Eigenverbrauch sichert ab

In der Landwirtschaft sei es sinnvoll, den Eigenverbrauch möglichst durch eigenen Strom abzudecken. Bei gegebenen Gestehungskosten könnten sich Landwirte so auch gegen wieder steigende Stromkosten absichern. Wirtschaftlich interessant könnte auch die hohe Einmalvergütung für Anlagen über 150 kWh (ohne Eigenverbrauch) sein, diese Möglichkeit über Auktionen gibt es seit diesem Jahr. Überhaupt sollte das Energiesystem gerade auf Bauernhöfen gesamtheitlicher gedacht werden, meinte Stickelberger. So durch geschickte Kombination von PV-Anlage, Speicher, Heizung, Mobilität und weiterem Eigenverbrauch sowie Einspeisung ins Netz.

LEG in Landwirtschaft

Neue Chancen ermöglicht der Mantelerlass für sogenannte lokale Elektrizitätsgemeinschaften (LEG), wo sich Produzenten, Verbraucher und Speicherbetreiber zusammenschliessen und den Strom innerhalb der Gemeinschaft unter Nutzung des Verteilnetzes frei absetzen können. Über das Potenzial für die Landwirtschaft orientierte Fabian Stocker von der Firma Exnaton, einem international tätigen Software-Anbieter, welcher auch im Bereich dynamische Strompreise und Mieterstrom-Modelle tätig ist. Künftig würden Millionen von Haushalten ihren eigenen Strom produzieren. In einem LEG können sich Haushalte und Unternehmen zusammenschliessen, im Gebiet eines Verteilnetzbetreibers, maximal innerhalb einer Gemeinde. «LEG können als lokaler Marktplatz verstanden werden.»

Netz günstig nutzbar

Anreiz bietet die Reduktion der Netzentgelte um bis zu 60 Prozent. Und innerhalb der LEG festgesetzte dynamische Preise könnten die Anreize verstärken. «Das kann dazu beitragen, dass Strom dann verbraucht wird, wenn er lokal produziert wird.» Für die Reststromlieferung oder -abgabe bleiben die Teilnehmer der LEG Kunde beim Energieversorger. Landwirtschaftsbetriebe könnten mit ihren grossen Dachflächen neben der Selbstversorgung auch Nachbarn oder ganze Quartiere mit Strom bedienen. So könnten neue Einnahmequellen erschlossen werden, und dank der Vereinheitlichung der Einspeisetarife und allenfalls tieferen Netzverstärkungskosten sinken auch die Kosten für den selber produzierten Solarstrom.

Kleine Holzwärmeverbünde 

Eine gute Planung, mit allenfalls subventionierter Machbarkeitsvorstudie, das sei Voraussetzung für Holzheizwerke mit Fernwärme, betonte Richard Golay von Holzenergie Schweiz. Dazu gibt es auch Leitfäden für die Planung. Kleinanlagen werden definiert für eine Leistung von 70 bis 500 kW. Damit sind sie bezüglich Raumbedarf auch geeignet auf Bauernbetrieben, beispielsweise mit viel eigenem Wald, welche die Nachbarschaft mit Wärme versorgen könnten. Kantone und teils auch Gemeinden fördern solche Anlagen mit Beiträgen. Erfolgsfaktoren sind genügend und nahe Abnehmer, also eine gute Anschlussdichte, möglichst mit einem grossen Verbraucher in der Nähe. Anzustreben sei ein Gestehungspreis von 16 bis 20 Rappen pro kWh. Räumlich sollte ein Silovolumen für die Schnitzel für rund zehn Tage Bedarf möglich sein. Und die Brennstoffqualität müsse auf den Kessel abgestimmt sein. «Je geringer die Kesselleistung, desto besser muss die Qualität der Schnitzel und desto geringer der Wassergehalt sein.

Biogas mit grossem Potenzial

Albert Meier von Ökostrom Schweiz, der Genossenschaft der rund 180 landwirtschaft­lichen Biogasbetreiber, sieht das Potenzial vor allem in der Vergärung von Hofdüngern, da der Markt für Co-Substrate weitgehend ausgereizt ist. Heute würden erst 5 Prozent der Hofdünger stofflich-energetisch genutzt. Das nutzbare Potenzial für Biomethan liege über 4 TWh. Das Gas könne auch zur Beheizung von Gewächshäusern und Trocknung von Holzschnitzeln genutzt werden; angestrebt wird eine Reduktion der LSVA für Lastwagen, die mit Biogas fahren.

Derzeit übersteige die Nachfrage nach Biogas und -methan die Produktion in der Schweiz um ein Vielfaches. Mehr Importdruck sei kaum zu befürchten, zumal EU-Länder auch auf solches setzen.
Allerdings würden die Gestehungskosten künftig steigen von derzeit 16 bis 20 Rappen pro kWh auf 20 bis 24 Rappen pro kWh. Dies, weil die Biomethanproduktion künftig auf weniger energiereichen Hofdüngern und anderen landwirtschaftlichen Rohstoffen basiert. Es brauche somit höhere Förderbeiträge.