50 Jahre nach dem Inkrafttreten der rechtlichen Bestimmungen über den planerischen Grundwasserschutz und 25 Jahre nach deren letzter Revision sei der Vollzug noch immer lückenhaft: Das Fazit der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats (GPK-N) klingt vernichtend. Im Allgemeinen bewertet sie die Arbeit der Behörden in dieser Sache aber nicht schlecht, wobei die ungenügende Ausscheidung von Zuströmbereichen durch die Kantone bemängelt wird. Die Qualität des Grundwassers in der Schweiz sei auch insbesondere deshalb nicht gewährleistet, heisst es in einer Mitteilung der Kommission.
Es funktioniert, reicht aber nicht
Detailliert befasst hat sich die GPK-N für ihren Bericht mit dem Gewässerschutzprogramm in der Landwirtschaft. Das Gesetz sieht vor, dass der Bund Massnahmen zur Bekämpfung von Wasserverunreinigungen im landwirtschaftlichen Bereich finanziell unterstützen kann. Meist gehe es dabei darum, Mindererträge als Folge angepasster Bewirtschaftung in Zuströmbereichen zu kompensieren. Mehrheitlich würden die Kantone bei ihren Projekten zur Umsetzung dieses Auftrags auf die freiwillige Teilnahme der Landwirt(innen) setzen.
Insgesamt habe das Programm zu einer Verbesserung des Grundwasserzustands beitragen können, bilanziert die GPK-N. Die Sache hat aber einen Haken:
- Die Zahl der laufenden Projekte stagniert seit 10 Jahren (auf gesamthaft knapp 30 Stück)
- Die jährlichen Kosten liegen mit 5 bis 8 Millionen Franken deutlich unter dem ursprünglich geschätzten Betrag von 60 Millionen Franken pro Jahr.
- Das heisst: Die Nachfrage ist klein, es nehmen zu wenig Betriebe an den Programmen teil.
Zu wenig attraktiv und zu kompliziert
Dass die Nutzung der Gewässerschutzprogramme hinter den Erwartungen zurückbliebt, führt man auf verschiedene Gründe zurück. Einerseits seien die Entschädigungen zu wenig hoch, um den Verzicht auf hochwertiges Kulturland oder eine Umstellung der Produktion vollständig zu kompensieren. Andererseits sei das Verfahren der Ausschreibung zu komplex, genauso wie die Koordination zwischen den kantonalen Ämtern für Landwirtschaft und Gewässerschutz. Nicht zuletzt haben nach Angaben der GPK-N die Hälfte der kantonalen Umweltämter nicht den Eindruck, dass sich wegen schlechter Wasserqualität zusätzliche Projekte aufdrängen würden.
Keine langfristige Wirkung sichergestellt
Eine zentrale Schwachstelle des Gewässerschutzprogramms liege weiter darin, dass nach Abschluss eines Projekts die damit verbundenen Anreize wegfallen. Es werden keine Beiträge mehr ausbezahlt, und «das Risiko ist gross, dass die Betriebe wieder auf die frühere Produktionsweise umsteigen und sich die Qualität des Grundwassers wieder verschlechtert», warnt die GPK-N. Helfen könnte nur eine Anpassung der Direktzahlungen, so die Einschätzung der für den Bericht befragten Personen.
Unter Umständen für obligatorisch erklären
Da die Programme zum Gewässerschutz nur ungenügend genutzt werden, stellt die GPK-N die Zweckmässigkeit deren Freiwilligkeit in Frage. Rechtlich sei es möglich, dass die Kantone Massnahmen anordnen, sofern dies zur Behebung einer Verunreinigung nötig ist. Man schlägt daher vor, eine entsprechende Kriterienliste auszuarbeiten, wann die Programmteilnahme für Landwirt(innen) obligatorisch sein sollte. Ausserdem müssten die Beantragung und Durchführung der Projekte in der Verwaltung vereinfacht, die Sichtbarkeit beim landwirtschaftliche Zielpublikum verbessert und eine Lösung für die Sicherung einer langfristen Wirkung gesucht werden. Zu guter Letzt bedarf es nach Meinung der GPK einer Überprüfung der Höhe der Beitrage an die Betriebe. Die Ertragsausfälle bedingt durch den Verzicht auf Kulturland oder eine Umstellung der Produktion müssten vollständig abgedeckt werden.
Der Bundesrat ist aufgefordert, bis zum 30. September 2022 Stellung zu nehmen zum Bericht und den Empfehlungen der GPK-N – inklusive einem Plan, mit welchen Massnahmen und bis wann er diese umzusetzen gedenkt.
Den Bericht der GPK-N zum Grundwasserschutz in der Schweiz finden Sie hier.