Nebst den Sorteneigenschaften und der allgemeinen Wetterlage kommt dieses Jahr ein weiterer wichtiger Faktor für eine gute Ausfärbung und Reifung hinzu. Im Vergleich zu den letzten Jahren hatten wir nämlich über den Sommer und Herbst wieder einmal verhältnismässig kühle Nächte zu verzeichnen. Im Obstbau ist allgemeinhin bekannt, dass Äpfel dann besonders gut ausfärben. In Sommern mit zahlreichen warmen Nächten, insbesondere Tropennächten wie sie in den letzten Jahren zunehmen, steht es jeweils kritischer um die schöne rote Farbe der Äpfel. Doch der biologische Hintergrund dazu ist nicht ganz so einfach ersichtlich.
Die inneren Werte zählen
Ob ein Apfel grundsätzlich überhaupt rot werden kann, hängt grossteils von seiner Genetik bzw. Sorte ab. Bei der Sorte Golden etwa kommt es nur in seltenen Fällen zu rötlichen Früchten. Andere Apfelsorten wie etwa Gala werden bei genügend direktem Sonnenlicht rundherum rot.
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Zu einem gewissen Teil enthalten auch die Früchte geringe Mengen Chlorophyll, also sogenanntes Blattgrün. Dessen Anteil nimmt im Verlauf der Fruchtreifung stetig ab, weswegen auch die grüne Grundfarbe des Apfels gegen die Ernte hin zunehmend schwächer wird. In der Frucht und Fruchtschale kommen dann andere Farbmoleküle stärker zur Geltung, welche die Schalenfarbe prägen. Dazu gehören etwa die Carotinoide, die gelb, orange oder auch rot erscheinen. Aber auch Anthocyane, eine weitere Gruppe von farbigen Molekülen, sind in der Schale vorhanden.
Sieben Schritte zur Farbe
Genau hier ist der spannendeEffekt der kühlen Temperaturen auf eine sattrote Färbung zufinden. Anthocyane werden nämlich in sieben chemischen Zwischenschritten aus dem Vorläufermolekül Phenylalanin gebildet. Diese sieben Schritte laufen nur unter bestimmten Bedingungen ab. Die ersten sechs Schritte werden durch Licht oder durch die Kombination von Licht und Temperatur geregelt. Der siebte und letzte Schritt findet rein temperaturabhängig statt, wobei hier die nötigen Temperaturen genügend tief sein müssen. Wird es also nie ausreichend kühl in der letzten Reifungsphase des Apfels, kann die Anreicherung von bestimmten Anthocyan-Farbstoffen nicht oder nur ungenügend stattfinden.
Fruchtfärbung unterstützen
Natürlich ist die Regulierung dieses Prozesses weit komplexer und andere Faktoren wie Baumalter, Baumernährung, Behang etc. spielen bei der Ausfärbung auch eine wichtige Rolle. Aber für einige Sorten lässt sich recht genau bestimmen, welche Temperaturen am optimalsten sind für möglichst rote Früchte. Beispielsweise Redchief Delicious – ein bei uns eher wenig verbreiteter Apfel, aber sehr gut erforscht – benötigt gegen Ende der Reifung Temperaturen von 10 bis 13°C für eine optimale Farbentwicklung. Ein Hitzetag mit 32°C macht bei ihm die Wirkung mehrerer kühler Nächte wieder zunichte und der Redchief reift zwar gut weiter, der letzte Schritt der Anthocyan-Herstellung findet aber nicht mehr genügend statt. In der Folge bleibt der Apfel unzureichend gefärbt.
Unabhängig davon gilt für alle Apfelsorten, dass Früchte, die zu wenig Sonnenlicht bekommen, meist grün, ungenügend reif und ohne das gewünschte rote «Bäckchen» bleiben. Deswegen werden beispielsweise im Laufe des Sommers Früchte im Bauminnern, sogenannte Schattenfrüchte, von Hand entfernt. Unter Umständen findet zudem ein Sommerschnitt oder -riss statt, um mehr Licht in das Bauminnere zu bringen. Jetzt im Herbst zahlen sich diese Arbeiten mit einem höheren Anteil Klasse-I-Äpfel aus.
Weitere Reifemerkmale
Doch die sortentypische Ausfärbung ist nicht das einzige Bestimmungsmerkmal für die Reife eines Apfels. Wichtig sindauch Kennzeichen wie die Grundfarbe, die sogenannte Deckfarbe, die Fruchtfleischfestigkeit und der Zucker-, Säure-sowie Stärkegehalt der Frucht. Diese Merkmale werden von der Obstproduzentin vor der Ernte regelmässig überprüft, um den optimalen Erntezeitpunkt fest-zustellen. Verpasst sie diesenoder erntet zu früh, hat dies frappante Auswirkungen auf die Geschmackseigenschaften und Lagerfähigkeit des Obstes.
Kurs: Anbau von Kernobst
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