Die gedörrten Tomaten duften nach Sommer. Sorgfältig füllt Bettina Wüthrich sie am Küchentisch in kleine Zellophan-Säcklein, sucht ein farblich passendes Band und bindet die Säcklein geschickt zu. Noch die Etikette mit dem Datum ergänzen, draufkleben – fertig!
Eine gute Arbeit für Regentage wie diesen. Draussen auf den Feldern im oberaargauischen Heimenhausen BE blüht der Raps. Daraus machen Wüthrichs hochwertiges kaltgepresstes Öl, teilweise mit Kräutern oder Peperoncini versetzt, ein feines Spezialöl für Salate, Teigwaren oder Pizzas.
Torten mit aufwendigen Sujets
«Die Küche ist mein Reich», sagt Bettina Wüthrich. Sie stellt aus hofeigenen Produkten nicht nur Feines für den «Bärner
Burechorb» her, sondern liefert auch an einen Tankstellen-Shop in Herzogenbuchsee BE. Neben Öl sind das Sirup, Konfi, Teemischungen, Apérogebäck oder andere Dinge, je nach
Saison. An jedem ersten Samstag im Monat ist sie zudem mit ihrem Backwarenstand bei der Landi in Herzogenbuchsee anzutreffen.
Die leidenschaftlich Bäckerin, Mutter von drei Kindern (18, 16 und 9 Jahre) macht auch gerne spezielle Torten. Sie holt den Ordner mit den Fotos: Da gibt es Torten als Fussballfeld, Autorennbahn, Flugzeug, Traktor Und das absolute Highlight: Eine Hochzeitstorte mit Kutsche und Pferden aus Zucker.
Ursprünglich etwas ganz anderes gelernt
Nein, Bettina Wüthrich lernte nicht etwa Konditorin, sondern Papeterieverkäuferin. Einen Beruf, den sie liebte und auch heute nochmals lernen würde. In der Ostschweiz geboren, im Raum Bern aufgewachsen, kam sie später mit ihren Eltern in die Region Oberaargau. In einer Jugendgruppe in Herzogenbuchsee lernte sie ihren Mann Markus kennen. Wie so oft kam es auch bei ihr nach einem in der Jugend geäusserten «Ich will sicher nie Bäuerin werden» anders.
Sie besuchte die Bäuerinnenschule auf dem Waldhof in Langenthal, und in diesem Jahr feiern sie und ihr Mann bereits den 20. Hochzeitstag. Haupterwerb bei Wüthrichs waren bis jetzt Milchwirtschaft und Ackerbau. Aus Tierschutzgründen (Platzbreite pro Kuh) sind sie jedoch gezwungen, die Milchkühe wegzugeben. Sie sind dabei, mit einem anderen Betrieb in einem Nachbardorf eine Gemeinschaft zu gründen.
Ein zweites Leben geschenkt bekommen
Mit der Umstellung gibt es auch ein wenig mehr Freiheit. Seit der Hochzeitsreise nach Kanada reichte es nie mehr für Ferien, höchstens mal für ein verlängertes Wochenende. Einige Tage Paris mit einem befreundeten Ehepaar zur Feier des 20. Hochzeitstages wird es aber diesen Sommer geben. «Wieder einmal nach Kanada gehen zu können, das wäre schon unser Traum», sagt Bettina Wüthrich.
Sie, die als Kind schwer krank war, hat allerdings schon früh gelernt, nicht allzu viel zu planen und sich an dem zu freuen, was ist. «Ich habe damals ein zweites Leben geschenkt erhalten.» Das macht bescheiden und nachdenklich. Der Glaube habe ihr schon damals und auch heute immer wieder geholfen. «Er ist eine Stütze für mich.»
Doch sie ist auch eine lebhafte, fröhliche und gesellige Frau. Deshalb geniesst sie es jeweils sehr, an ihrem Stand oder an einem Stand mit dem «Bärner Burechorb» zu stehen, beispielsweise an der BEA. «Ich mag den Kontakt mit anderen Menschen, und das Verkaufen gibt mir eine schöne Abwechslung.»
Der Garten gehört einfach dazu
Bettina Wüthrich stellt die grosse, elektronische Waage weg. Allerdings nicht zu weit, denn sie braucht sie immer wieder. Ohne Backofen könnte sie nicht sein, ob elektrisch oder mit Holz befeuert. Im Holzbackofen in der Küche ist es möglich, aus 8 Kilo Mehl (eigenem Urdinkelmehl) Brot zu backen.
Wenn es nichts zu backen oder einzupacken gibt, bastelt Bettina Wüthrich gerne. Schon als Kind habe sie das geliebt. In der Papeterie war sie immer diejenige, die Päckli machen durfte, weil es ihr so gut gelang. Sie war zwölf Jahre im Vorstand der Landfrauen Herzogenbuchsee und Umgebung und macht seit drei Jahren beim «Bärner Burechorb» mit.
Daneben turnt sie im Damenturnverein. Jetzt gibts wieder draussen mehr Arbeit. «Ich freue mich, wenn im Garten etwas gedeiht», sagt sie. «Aber ein Hobby ist er nicht gerade » Sie schmunzelt. Doch um ihre feinen Produkte anbieten zu können, müssen die «Zutaten» zuerst wachsen. Tomaten beispielsweise.
Renate Bigler-Nägeli