Wer mich kennt, weiss, dass ich eine grosse Verfechterin von Regionalität und Saisonalität bin. Seit ich den tollen Hofladen bei uns vor den Toren im Zürcher Unterland entdeckt habe (Werbung darf ich hier keine machen, aber es ist einer von vieren, und er wurde durch seine Kürbisse bekannt und berühmt), bin ich regelmässig dort zugange.
Ich schätzte die nett angeschriebenen Schiefertäfelchen, denen ich entnehmen kann, woher die angebotene Ware kommt: «Randen, Boppelsen, 7 km» oder «Pastinaken, Winkel, 3 km». Ich schätze die fachkundige und zuvorkommende Bedienung. Ich schätze das saisonale Angebot, das mir stets vor Augen führt, was der Boden gerade jetzt, zur Jahreszeit, hergibt.
Wissen, was wann Saison hat
Was das ist, muss ich Ihnen, den Profis, nicht sagen. Wir Konsumenten hingegen, die zum Teil keinerlei Kenntnis mehr über Anbau und Ernte haben, werden von den Auslagen in den Supermärkten nicht gerade aufgeklärt. Immer alles – und alles im Überfluss vorhanden. Nüsslisalat und Orangen im Sommer, Spargeln im Februar, Beeren im Dezember. Ist das gut oder schlecht? Es ist … konsumentengerecht.
Die Kunden wollen das, höre ich immer wieder. Nicht nur die Endkunden, sondern vor allem die Gastronomen seien auf ein vielfältiges Angebot angewiesen. Restaurantgästen seien Beerendekors auf dem Dessert oder ganzjährig verfügbare Gemüse- und Salatsorten eine Selbstverständlichkeit.
Man kann sich darüber streiten, ob wir, die Gäste, allenfalls auch mit schlichteren Garnituren oder etwas eingeschränktem Sortiment glücklich sein könnten. Das bedingte allerdings grössere Kreativität der Küchenchefs.
Diesbezüglich hat sich in den letzten Jahren enorm viel getan. Aber nicht alle Restaurants und Beizen wollen oder können sich und ihr Angebot ständig neu erfinden. Und wenn ich an all die vielen Helferlein und vorgefertigten oder sogar fixfertigen Menüs aus den Grosseinkaufsmärkten denke, die Gastronomen und Hoteliers zur Verfügung stehen, sehe ich ein, dass es sehr viel einfachere Wege gibt, etwas Essbares auf den Teller zu bringen.
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Alles nur Scheinheiligkeit?
Doch zurück zum saisonalen Gemüse- und Früchteangebot. Ich versuche, konsequent nur zu kochen, was dem hiesigen Angebot entspricht. Aber ist das wirklich heiligenscheinwürdig?
Nehme ich durch meinen Verzicht nicht anderen, sprich inländischen Gemüse- und Früchteimporteuren, ausländischen Produzenten und Landwirten, Kleinbauern, Erntehelfern die Möglichkeit, ein Einkommen zu generieren? Haben sie nicht gerade durch meinen Konsum ein Einkommen? Haben wir nicht auch eine soziale Verantwortung, über die Landesgrenzen hinauszusehen? Sich in andere Situationen hineinzuversetzen?
Mit dem Kauf einer Packung Quinoa aus dem Reformhaus trage ich dazu bei, dass der peruanische Bauer einen Absatzmarkt hat. Kaufe ich beim Detailhändler und lese die Produktedeklaration nicht, unterstütze ich kanadische Monokulturen, die ob des Superfood-Hypes, dem Quinoa erlegen ist, auf diesen Zug aufgesprungen sind.
Konsequenz für das eigene Handeln
Verantwortungsvolles Einkaufen ist anspruchsvoll. So muss man sich stets überlegen, welche Konsequenzen das eigene Handeln hat. Das eine tun und das andere nicht lassen, das ist meine Devise. Nichtsdestotrotz: mein täglicher Einkauf ist nach wie vor ausgesprochen saisonal geprägt. Und es ist eine Herausforderung, aus Kürbis, Petersilienwurzeln, Randen, Lauch, Sellerie und so weiter stets neue und abwechslungsreiche Gerichte auf den Tisch zu bringen, was meine Familie sehr zu schätzen weiss. Aber ehrlich gesagt: wir freuen uns auf die ersten heimischen Bodenschätze.
Beim Nachhausekommen habe ich heute gesehen, dass der Landwirt, der den Acker oberhalb unserer Ländereien besitzt, diesen für die Aussaat bereitgemacht hat: «Im Märzen der Bauer die Rösslein einspannt, er setzt seine Wiesen und Felder instand …». Frühling, du kannst kommen: ich bin bereit!
Zur Autorin
Babette Sigg Frank ist Präsidentin des Schweizerischen Konsumentenforums kf. Die CVP-Politikerin und Präsidentin der CVP-Frauen Schweiz schreibt regelmässig für die Rubrik «Arena» im Regionalteil Ostschweiz/Zürich der BauernZeitung.