«Zehn Kandidatinnen und Kandidaten, zehn Porträts, zehn Filme – aber am Ende kann es nur einen Lehrling des Jahres geben», meinte Redaktor Livio Janett, der am 6. Juni auf der Redaktion der BauernZeitung durch die Preisverleihung des Wettbewerbs führte. Siegerin des Publikumsvotings und damit «Lehrling des Jahres 2024» ist die 17-jährige Jasmin Kretz aus Schongau LU.
Noch immer etwas nervös, nahm die Lernende im zweiten Lehrjahr auf dem Redaktionssofa zum gemütlichen Gespräch Platz.
Jasmin Kretz im Interview
Jasmin Kretz, herzliche Gratulation zu deinem Sieg bei «Lehrling des Jahres»! Wie geht es dir?[IMG 1]
Mir gehts sehr gut, ich bin halt einfach sehr nervös, weil alles gerade neu für mich ist.
Und in den letzten Tagen? Grosse Nervosität, oder ist die erst heute gekommen?
Es ging eigentlich noch, denn du kannst bei so einem Wettbewerb nur gewinnen. Und wenn man zu den Top Ten gehört, hat man eigentlich sowieso schon gewonnen.
Was denkst du, hat den Ausschlag für deinen Sieg gegeben? Hast du besonders auf dich aufmerksam gemacht?
Ich habe eigentlich nicht gross Werbung gemacht. Ich habe etwas in meinen «Musik-Chat» geschrieben und das Ganze ein wenig herumerzählt. Deshalb bin ich erstaunt, dass ich gewonnen habe.
Umso schöner! Magst du mir kurz etwas über deinen aktuellen Lehrbetrieb erzählen?
Mein Lehrbetrieb hat 54 Kühe und Ackerbau. Meine liebste Arbeit ist das Melken.
Du magst Kühe im Allgemeinen, oder?
Ja sehr, schon seit ich klein bin. Sie sind ganz klar meine Lieblingstiere.
Also geniesst du es, täglich mit ihnen zusammenzuarbeiten?
Ja, auf jeden Fall – wenn sie gesund sind und mir einfach Freude machen.
Wie möchtest du euren Familienbetrieb gestalten, wenn du ihn dereinst übernimmst?
Ich wünsche mir sicher gesunde Kühe und weiterhin Ackerbau. Eigentlich nicht viel Neues, denn der Betrieb ist ziemlich gross. Vielleicht sehe ich irgendwann etwas anderes, aber das lasse ich mal auf mich zukommen.
Hast du noch Pläne, bis es irgendwann so weit ist?
Ich möchte gerne mal noch auf eine Alp gehen. Oder auf einem anderen spannenden Betrieb arbeiten, um zu sehen, wie dort gearbeitet wird. Aber ich habe noch nichts Fixes im Auge.
Du hast dich mit einer wunderschön gebastelten Mappe für «Lehrling des Jahres» beworben. Da hast du sehr sorgfältig und schön gearbeitet. Machst du das gern?
Zwischendurch schon, ja, sehr gerne. Aber eigentlich ist es meine Schwester, die gerne bastelt und sie hat mir auch geholfen.
Du spielst aber ein Instrument, bei dem man die Finger nur zum Festhalten braucht, nämlich Alphorn. Wie bist du zum Instrument gekommen?
Grossen Einfluss hatte sicher mein Papi. Er hat damit angefangen und ich dachte mir, das wäre doch auch was für mich. Und so habe ich auch damit angefangen. Es ist wunderschön, an einem Sommerabend draussen zu spielen, wenn man ein wenig die Töne hört.
Wie lange dauert es, bis man das Ganze ein wenig beherrscht und es nicht mehr klingt wie aus dem letzten Loch gepfiffen?
Das kann ich nicht so richtig sagen. Ich spiele Bariton, ein Blasinstrument, bei dem man auch alles mit dem Mund kontrolliert. Daher hatte ich schon die Technik und konnte quasi direkt drauflos spielen.
Und wo übst du? Wohl nicht im Kinderzimmer?
Nein, das geht nicht wirklich. Am schönsten ist es draussen in der Natur, wenn die Leute einem zuhören, das ist am schönsten.
Was steht bei dir als Nächstes an?
Zunächst sicher der Lehrabschluss und dann die Alp. Und vielleicht möchte ich eines Tages selber Lernende ausbilden.
Weitere Gäste sind vor Ort
Nicht nur unsere 10 Finalistinnen und Finalisten und ihre Angehörigen sind an der Preisverleihung vor Ort. Auch einige Gastredner runden den Anlass mit ihren Worten noch ab. Zum einen ist der ehemalige Finalist Francesco de Benedetto für ein Interview vor Ort, aber auch Petra Sieghart, Leiterin von Agriprof und Markus Aebi, Verwaltungsratspräsident der Schweizer Agrarmedien AG, halten eine Rede.
Nach seiner ersten Lehre als Sanitärinstallateur verliebte sich der 21-Jährige Francesco de Benedetto [IMG 3] aus Gretzenbach SO in die Landwirtschaft, vor allem in die Braunviehhaltung. Er schliesst sein letztes Lehrjahr erfolgreich auf dem Betrieb des Schwingerkönigs Matthias Sempach ab und schreibt regelmässig für die BauernZeitung in der Rubrik «Lehrlingstagebuch». Mittlerweile steht er mit beiden Beinen voll im landwirtschaftlichen Berufsalltag und lebt und arbeitet auf dem Bauernhof Hofchäsi Schmid in Gretzenbach. Dort hält die Familie Schmid-Häusermann Rindvieh und einen kleinen Bestand an Schweinen.
Francesco de Benedetto erinnert sich gerne an seine Zeit als Kandidat. Die Teilnahme sei eine wertvolle Erfahrung gewesen, um seinen Beruf zu präsentieren und über seine Einzigartigkeit nachzudenken. Sein Alltag hat sich seit der Teilnahme bei «Lehrling des Jahres 2022» verändert; er wird oft darauf angesprochen und erinnert sich gerne daran zurück. Er habe durch die Erfahrung viel Selbstvertrauen gewonnen, so der junge Landwirt.
Was würdest du den aktuellen Top-Ten-Kandidatinnen und -Kandidaten mitgeben? Eine Weisheit von Francesco für ihren weiteren Lebens- und Berufsweg:
«Sicher mit der gleichen Begeisterung durchs Leben gehen wie am heutigen Tag. Sich die Freude nicht nehmen lassen. Wir wissen es, Landwirt zu sein, ist nicht einfach. Aber nicht selten führen die steilsten Wege zu den schönsten Aussichtsorten, wie beim Wandern».
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Francesco de Benedetto
Patronatspartner Agriprof
Petra Sieghart, Leiterin von Agriprof, einem Geschäftsbereich des Schweizer Bauernverbandes, äussert [IMG 5] sich begeistert über den Wettbewerb «Lehrling des Jahres 2024». Agriprof, zuständig für landwirtschaftliche Ausbildung, übernahm 2020 auf Anfrage der BauernZeitung das Patronat für diese Aktion. Sieghart lobt die Teilnehmer für ihre Begeisterung und Authentizität in ihren Bewerbungen und hebt die besonderen Herausforderungen und die Sinnhaftigkeit des Berufs hervor. Sie betont die Notwendigkeit lebenslangen Lernens und rät den Lehrlingen, sich stets weiterzubilden. Abschliessend wünscht sie allen viel Erfolg beim Lehrabschluss und hofft: «Es wäre natürlich schon schön, wenn ich den einen oder die andere von euch in ein paar Jahren mal an einer Diplomfeier der Meisterprüfung wiedersehen könnte».
Kurz vor der Bekanntgabe
Markus Aebi, Verwaltungsratspräsident der Schweizer Agrarmedien AG, Landwirt und Politiker im Kanton [IMG 4] Bern, begrüsst die Anwesenden herzlich und unterstreicht die Bedeutung des heutigen Tages. Er erinnert sich an seine eigene Lehrzeit 1987, als die Landwirtschaft noch stark von Pferden geprägt war. Aebi lobt die beeindruckenden Beiträge in der BauernZeitung der Lernenden, die von über 75.000 Menschen gesehen wurden, und betont ihre Rolle als Botschafter für gesunde und kaufenswerte Lebensmittel. «Das ist eine ganz wichtige Aufgabe, die ihr habt», adressiert er die 10 Finalistinnen und Finalisten. Er spricht über die wichtigen Veränderungen in der Landwirtschaft und die Bedeutung fairer Arbeitsbedingungen. Aebi fordert die Lernenden auf, Leidenschaft in ihrem Beruf zu zeigen und dafür auch angemessen entlohnt zu werden: «Man muss auch den Mut haben, ab und zu Forderungen zu stellen», sagt er.