Jeden Morgen um 6 Uhr gehen Tabea Ryff und Moritz Zwahlen aufs Feld in Vechigen BE, um weisse Spargeln zu stechen. Eigentlich wären sie jetzt in Indien am Reisen. Doch dann kam Corona.
Von Anfragen überrannt
Mitte März kamen die Oberstufenlehrerin und der Umweltingenieur wieder in die Schweiz. Da ihre Reise noch einige Monate weitergegangen wäre, waren sie bei ihrer Rückkehr ohne Job. «Wir wollten etwas Sinnvolles machen», sagt Tabea Ryff. Da auch die Plattform Solinetz von den Anfragen überrannt wurden, suchten sie direkt nach Spargelproduzenten in der Region.
Auch Michael Hodel, dessen Erntehelfer aus Polen nicht einreisen konnte, wurde von Anfragen nur so überrannt. Vor allem aus dem Gastgewerbe und der Baubranche hätten sich viele gemeldet. «Wir wollten jedoch Personen, welche die ganze Spargelsaison hier arbeiten würden», sagt Michael Hodel am Medienanlass des Berner Bauernverbands am Mittwoch. So hat er die beiden Stadtberner angestellt sowie eine Person aus Deutschland, die bereits hier war.
Weisse Spargeln stechen
Auf dem Betrieb der Familie Hodel arbeiten jeden Morgen fünf Personen in den weissen Spargeln und acht in den grünen. Die grünen Spargeln werden so oder so immer von Schweizern geerntet, denn da kann man nicht viel falsch machen. Die weissen Spargeln jedoch können nur von Spezialisten gestochen werden.
«Es dauerte sicher mindestens eine Woche, bis man die richtige Technik hat», erzählt Tabea Ryff. Und dann komme noch die Geschwindigkeit dazu. Am Anfang habe sie schnell Muskelkater und Rückenschmerzen gehabt. «Jetzt jedoch habe ich Freude und bin stolz darauf, jeden Tag etwas stärker und schneller zu werden», berichtet sie.
Inländervorteil nutzen
«Der Berner Bauernverband (BeBV) begrüsst, dass betroffene Landwirte die aktuelle Situation als Chance nutzen und inländische Mitarbeitende einstellen», sagte Hans Jörg Rüegsegger, der Präsident des Verbandes. Zudem dankte er allen Konsumenten, welche die Landwirtschaft durch den Kauf von saisonalen und regionalen Lebensmitteln unterstützen.
Auch das grosse Interesse, das viele an der Mithilfe bei der Ernte gezeigt hätten, sei sehr lobenswert. «Der Berner Bauernverband setzt sich dafür ein, das inländische Arbeitsmarktpotenzial besser in der Landwirtschaft zu nutzen», sagt Mathias Grünig, Bereichsleiter Versicherungen und Personaldienstleistungen beim BeBV.
Aktuell arbeiten laut Grünig etwa 2000 Hilfsarbeiter auf Berner Landwirtschaftsbetrieben, davon sind nur etwa zehn Prozent Inländer. «Dabei wäre das Potenzial vorhanden, das hat sich nun gezeigt», so Mathias Grünig.
Ohne sie geht es nicht
Die Spargelsaison auf dem Betrieb Hodel ist noch lange nicht vorbei. «Obwohl die Restaurants im Moment wegfallen, verkaufen wir dafür umso mehr im Hofladen», sagt Michael Hodel. Mit den Schweizer Erntehelfern ist er sehr zufrieden. «Wir sind sehr dankbar für ihre Unterstützung. Ohne diese hätten wir die Arbeiten nicht bewältigen können.» Er hofft auch, dass die Dankbarkeit allen Erntehelfern gegenüber gross bleibt, denn sie sind für die Schweizer Landwirte sehr wertvoll.