In Genf wird das Gemüse seit mehr als 300 Jahren angebaut. Eingeführt wurde es von den Hugenotten, die Ende des 17. Jahrhunderts aus Frankreich nach Genf flohen. Sie entdeckten schnell die für Kardy optimalen Anbaubedingungen in der Plaine de Plainpalais bei Genf. Die mit der Distel und der Artischocke verwandte Pflanze stammt ursprünglich wahrscheinlich aus Äthiopien. Auch in Griechenland und Rom, wo sie Julius Cäsar der Überlieferung nach gerne genossen hat, war sie schon 500 Jahre vor Christus bekannt.
Erstes Schweizer AOP-Gemüse
2003 wurde Cardon épineux genevois als erstes Schweizer Gemüse mit der geschützten Ursprungsbezeichnung AOP ausgezeichnet. Kardy wird auch in Spanien, der französischen Provence, Norditalien und einigen Ländern Südamerikas angebaut. Die Genfer Kardy-Sorte hebt sich allerdings von diesen Sorten ab, weil sie als einzige noch Dornen aufweist.
Geerntet wird das Gemüse in Genf Ende Oktober. Damit sie nicht zu bitter wird, wird die Pflanze einige Wochen vor der Ernte in schwarze Plastikfolie eingewickelt und so gebleicht. Zur Verarbeitung werden die äusseren, nicht essbaren Blattstiele entfernt und nur die inneren Stiele verwendet.
Traditionelles Festtagsgemüse
Kardy wird in Genf während der weihnachtlichen Festtage und zur jährlichen Escalade de Genève aufgetischt. An diesem traditionellen Fest gedenken die Genfer der erfolgreichen Verteidigung der Stadt gegen die Savoyer im Jahr 1602. Gegessen wird der Kardy zu diesen Anlässen mit Geflügelfleisch oder Schweinebraten.
Wie die Artischocke enthält Kardy den Bitterstoff Cynarin, der die Verdauung fördert. Er gibt dem Gemüse auch den charakteristischen, leicht bitteren, nussigen Geschmack. Ausserdem enthält die Pflanze Inulin, einen für Diabetiker gut verträglichen Stärkeersatz.
Ein Tipp für Schnelle zum Schluss: Wer sich die aufwendigen Vorbereitungen zur Zubereitung von Kardy sparen will, kann das Gemüse auch bereits fertig verarbeitet in der Konserve oder im Glas kaufen.
Jonas Ingold, lid