Für die Lernenden des Strickhofs findet der überbetriebliche Kurs (üK) Raufutter-Erntemaschinen jedes Jahr Mitte April statt, kurz vor dem ersten Schnitt. Denn die angehenden Berufsleute sollen in den folgenden Wochen das Gelernte auf ihren Lehrbetrieben anwenden können. Üblicherweise findet dieser üK auf dem Ausbildungs- und Versuchsbetrieb in Wülflingen statt; hierfür stehen jeweils vier Hektaren Land zur Verfügung, auf denen die Lernenden mit einer grossen Vielfalt an Maschinentypen Mähen, Zetten und Schwaden lernen. Dieses Jahr konnte der üK aufgrund der Corona-Krise nicht am Strickhof durchgeführt werden. Den Kurs zu verschieben kam für üK-Leiter Stephan Berger nicht in Frage: «Später wollen die Landwirte silieren, da hat niemand mehr Zeit.»
Maschinen des Lehrbetriebs besser kennenlernen
Deshalb modelte Stephan Berger den Kurs so um, dass die 100 Lernenden des ersten und zweiten Lehrjahrs die Aufträge auf ihrem Lehrbetrieb ausführen konnten. Den Vorteil dieses Fern-üK gegenüber dem herkömmlichen üK sieht Berger darin, dass sich die Lernenden vertieft mit den Maschinen ihres Lehrbetriebs auseinandersetzen mussten. Nach dem Kurs sind die Lernenden für die anstehende Raufutterernte bestens vorbereitet und die Maschinen bereitgestellt.
Ein Berufsbildner springt ein
Für den üK im Fernunterricht hat Stephan Berger, analog zum normalen üK, zu jedem Maschinenposten ein Aufgabenset für die Lernenden erarbeitet. Diese mussten Aufgaben zum Mähwerk, zum Kreiselheuer, zum Kreiselschwader und zum Ladewagen erfüllen. Am Messerbalken lautete die Aufgabe, die Messer zu entfernen, auf Abnützung zu beurteilen, zu schleifen, wenn nötig die Klingen zu ersetzen und die Messer wieder einzubauen.
«Im üK machen wir dieselbe Übung, nur ist der Instruktor vor Ort und kann Hilfe anbieten», sagt Berger. Diese Aufgabe haben dieses Mal die Berufsbildner übernommen, indem sie ihre Lernenden, wenn nötig, unterstützt haben.
Praktische Arbeiten gab es trotzdem
In einem Film lernten die angehenden Berufsleute die verschiedenen Einstellungen und die Wartung beim Kreiselheuer kennen. Danach mussten sie beim Kreiselheuer auf dem Lehrbetrieb eine dieser Einstellungen in einem kurzen Video erklären und dieses auf die Plattform MS Teams hochladen. So konnten die anderen üK-Teilnehmenden von diesen Videos profitieren und eine Vielfalt an Kreiselheuern kennenlernen. Stephan Berger war es wichtig, dass die Lernenden, wie dies im üK üblich ist, praktische Arbeiten verrichten mussten.
Was er nicht wusste: Welches Vorwissen die Lernenden mitbringen. «Sind die Lernenden vor Ort, finden wir das aufgrund der kleinen Gruppen schnell heraus und können auf entsprechendem Niveau einsteigen», sagt er.
Lernen funktioniert, aber Klassen werden vermisst
Gemäss Berger ist der Fern-üK gut über die Bühne gegangen. Die ausgeführten Aufträge und die abschliessende Lernzielkontrolle bestätigen, dass die Lernenden etwas gelernt und die Lernziele im Grossen und Ganzen erreicht haben.
Die Schlussevaluation hingegen zeigt, dass die angehenden Berufsleute das Lernen in der Klasse vermisst haben. Im üK können sie Erfahrungen austauschen und zusammen etwas erleben. Über die Plattform MS Teams können zwar auch Fragen gestellt und ausgetauscht werden. Ein ebenbürtiger Ersatz sei dies aber nicht.
Aufträge waren gut umsetzbar
Auch Kilian Gehring aus Buchberg hat das Lernen in der Klasse vermisst. Er absolviert den Lehrgang Landwirt EFZ in Zweitausbildung. Sein üK fand bei seinem Berufsbildner Stefan Sauter aus Beggingen statt. «Aufträge sind einfacher umzusetzen, wenn wir sie gleich vor Ort und mündlich hören, als wenn wir sie in einem Dokument nachlesen müssen», findet Kilian Gehring. Zu Beginn erschienen ihm die Aufträge neben dem übrigen Arbeitspensum zudem als sehr umfangreich. Es stellte sich aber heraus, dass die Aufträge gut umsetzbar und nicht so aufwendig waren. «Ich habe die Aufträge vorwiegend selbstständig durchgeführt», sagt Gehring. Sein Berufsbildner hat ihn beim Klingenwechsel und bei zusätzlichen Wartungsarbeiten unterstützt und wäre ihm auch bei weiteren Fragen behilflich gewesen.
Ein Hoher Lerneffekt
«Der Lerneffekt war sehr hoch. Um die Aufträge zu erfüllen, musste ich mich intensiv mit dem Mähwerk, dem Kreiselheuer, dem Kreiselschwader und dem Ladewagen beschäftigen und an ihnen arbeiten», sagt Gehring. Der Lerneffekt sei grösser als wenn in Gruppen geübt werde. Trotz kleiner Gruppen könne man nicht immer alle Arbeiten ausführen.
Zum Teil hat sich Kilian Gehring auch die Videoaufträge der anderen Lernenden angeschaut: Wenn es sich um eine spezielle Maschine handelte oder um zu sehen, wie diese den Auftrag umgesetzt haben. Gehring fühlt sich nun für die Raufutterernte auf seinem Betrieb gut vorbereitet: «Ich kenne die Maschinen nun sehr gut. Ich werde sicher auch genauer beobachten, dass das Futter eine möglichst gute Qualität aufweist und nicht verschmutzt wird.»