Mit ernstem Blick geht Stefan Jegge über seinen Betrieb. Er hat den Berghof in Kaisten AG 2002 von seinen Eltern übernommen und bewirtschaftet ihn seither zusammen mit seiner Frau. Mit dem Hitzejahr 2003 hatte er eine schwierige Anfangszeit, wie er im Video der Klima-Allianz schildert:
Sorghum sichert das Futter
Wegen der Hitze und Trockenheit fehlte auf dem Berghof 2003 das Futter für die Milchkühe. Da habe er zum ersten Mal den Klimawandel so richtig am eigenen Leib und mit der Verantwortung für die Tiere zu spüren bekommen.
Um die Futtergrundlage zu sichern, baut Jegge seit 10 Jahren Sorghum an. Die aus Afrika stammende Pflanze kommt mit Hitze und Trockenheit gut zurecht und wird auf dem Berghof vor allem für die Winterfütterung eingesetzt. «Bei uns ist der erste Heuschnitt entscheidend, ausser es folgt ein besonders guter Sommer. Seit 2014 war das aber nie mehr der Fall», erinnert sich Jegge im Gespräch mit der BauernZeitung. Mehr über Silosorghum als Antwort auf den Klimawandel lesen Sie hier.
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Seit 10 Jahren baut Stefan Jegge Sroghum als Winterfutter an.
Kühe nutzen das Gras am effizientesten
Neben dem Anbau von Sorghum und dem Einsatz von Rohrschwingel statt Englischem Raigras setzt Stefan Jegge für die Versorgung seiner Milchkühe auf die Vollweide. Das funktioniert nach seiner Erfahrung auch in trockenen Gebieten, obwohl er manchmal das Gegenteil höre. «Die Kühe fressen auch das Gras, das zum Ernten zu kurz wäre», erklärt er. So sei die Milchproduktion trotz reduziertem Graswachstum möglich.
Standortangepasst in die Zukunft
Für Jegge ist eine standortgerechte Bewirtschaftung der richtige Weg, um mit dem Klimawandel umzugehen. «Natürlich erreiche ich hier nicht die gleiche Milchleistung wie im Mittelland», räumt der Bio-Bauer ein. Es gehe im darum, das Vorhandene optimal zu verwerten, denn «was ist die Alternative?». Dank der Mutter- und Ammengebunden Milchproduktion und saisonaler Abkalbung könne er ausserdem von robusten und gesunden Tieren profitieren.
Wenig Sorgen macht sich Jegge um seine Tafeltrauben: «Die Reben halten auch Hitze und Trockenheit aus.» Von einer Ausdehnung des Bewässerungsnetzes hält er wenig, «woher soll denn im Sommer das Wasser kommen, wenn die Bäche austrocknen?», gibt er zu bedenken.
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Der Berghof liegt im aargauischen Kaisten. Die Milchwirtschaft passe zum Standort, findet Stefan Jegge. Sein Land sei nicht geeignet für ausschliesslich Ackerbau.
Bäume fördern das Graswachstum
Gute Erfahrungen hat der Aargauer mit Obstbäumen auf der Weide gemacht, die einerseits dem Vieh Schatten spenden und andererseits das Graswachstum verbessern. Dass die Hochstämmer dem Gras alles Wasser wegnehmen, habe er nicht beobachtet. «Ich kann mir gut vorstellen, in Zukunft noch mehr Bäume zu pflanzen», so Jegge.
Im vergangenen Jahr hat er zum ersten Mal Kastanien gepflanzt. Zwar sei der hohe PH-Wert seines Bodens nicht optimal für diese Baumart, dafür ist sie unempfindlich gegen Hitze und Trockenheit und braucht weniger Pflege als beispielsweise Apfelbäume. Erfolge anderer Landwirte aus dem Kanton Aargau stimmen den Bio-Bauer zuversichtlich, «vielleicht wachsen meine Kastanien dann einfach etwas langsamer», meint er optimistisch. Wenn es einmal einen Markt dafür gibt, könnte er zusätzlich die Früchte verkaufen.
Unterschätzte Hitze
Stefan Jegge ist der Meinung, dass in der Diskussion um die Folgen des Klimawandels bisher viel über Wassermangel, aber zu wenig über Hitze gesprochen wird. Bei hohen Temperaturen verdunstet viel Feuchtigkeit aus dem Boden, was ihn weiter austrocknen lässt. «Für uns ist die trockene Hitze leichter zu ertragen, für Pflanzen aber sehr belastend», erklärt Jegge. Das Grün werde richtiggehend «weggebrötelt». Auch das National Centre for Climate Services NCCS nennt als eines der Risiken für die Landwirtschaft durch den Klimawandel Hitzeschäden wie Verbrennungen an Pflanzen.
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Prognosen zufolge werden unsere Sommer in Zukunft sowohl trockener, als auch heisser. (Bild BauZ)
«In 20 Jahren dürften Sommertemperaturen um 40 Grad die Regel sein», schätzt Jegge. Er habe einmal bei über 30 Grad Lufttemperatur mit einem Thermometer 60 Grad am Boden gemessen. «Die Hitze schadet mehr, als der Wassermangel», ist er überzeugt.
Was Probleme macht, soll teurer werden
In dem Porträt-Video für die Klima-Allianz fordert Stefan Jegge eine wirksame Klimapolitik. Dabei ist ihm wichtig, dass z. B. Flugreisen und Treibstoff teurer werden. «Das Geld soll aber nicht einfach in die Staatskasse fliessen, sondern zweckgebunden eingesetzt werden», betont er. So könnte man etwa die Produktion sauberer Energie unterstützen oder E-Autos fördern.
«Ich würde selbst eine Solaranlage montieren, aber aktuell ist das finanziell einfach nicht interessant», bedauert der Aargauer. Er müsste über 10'000 Franken für eine 800 Meter lange neue Stromleitung bezahlen und fände es angemessener, wenn diese Kosten vom Stromabnehmer getragen würden.
Jegge wird nicht zum Politiker
Er sei ein «Gegen-den-Strom-Schwimmer», Anpassung sein Naturell. In Zukunft sieht sich Stefan Jegge aber nicht als Politiker. Als Einzelkämpfer verpuffe da zu viel Energie, ist er überzeugt.
Stattdessen will der Bio-Bauer wie bisher weitermachen, ausprobieren und seine Erfahrungen weitergeben. Es seien auch schon Bauern aus bisher problemlosen Futterbaugebieten wie den Voralpen oder dem Mittelland mit ihm in Kontakt getreten, um von seinem Wissen zu profitieren. Schliesslich hat Jegge schon seit Jahren mit Hitze und Trockenheit zu kämpfen. Das weiss man auch beim Landwirtschaftlichen Zentrum Liebegg, wo die Klima-Allianz auf der Suche nach einem Landwirt für ihre Kampagne angefragt hat und auf Jegge verwiesen wurde.
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