«Schon wieder die Milch wegleeren?», Älpler Patrick Peer hat genug. Er und Daniel Menzi pachten zum ersten Mal die Alp Meeren im Kanton Glarus auf 1800 Meter über Meer für einen Sommer. Die Alp ist nicht erschlossen, ein kleiner Pfad führt bis zu dem kleinen Haus an einem sonnigen Südhang. Mit grosser Anstrengung bringen die beiden Älpler den Rahm mit Maultieren ins Tal, wo Butter daraus gemacht wird. Ein Teil der Milch geben sie den Schweinen, den Rest leeren sie weg. «Wir müssen doch die Milch hier oben verarbeiten können», meint Daniel Menzi.
Verlorene Milch retten
Das war vor einem Jahr. Diesen Sommer liessen die Älpler eine mobile Käserei auf die Alp fliegen. Ein denkwürdiger Moment, als der Container so in der Luft hing. Lange hatten die beiden an Lösungen herumstudiert. In der Käserei verarbeiteten sie schliesslich die Milch der rund 50 Milchkühe, welche sie für fünf Bauern sömmern, zu Käse. Die Käserei im Container entwickelten sie selbst. Sie bauten das «Käsekessi» ein und isolierten die Wände.
«Wir waren auf der Suche, nach einem Investor, als wir Lloyd Zumstein kennenlernten», erzählt Patrick Peer am Telefon. Zumstein war sogleich Feuer und Flamme für das Projekt. «Viele Bergbauern haben Milch, die sie nicht zu hundert Prozent verarbeiten können, da ihre Alp abgelegen ist oder die nötige Infrastruktur fehlt, das ist auch Food Waste», sagt der Geschäftsmann, der früher in der Tourismusbranche tätig war, inspiriert.
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Ein denkwürdiger Moment, als der Container so in der Luft hing. (Bild zVg)
Wasser- und Stromanschluss genügt
Lloyd Zumstein gründete schliesslich mit zwei Familienmitgliedern die Monalp AG. Das Unternehmen bietet mobile Käsereien an, welche es auf Alpen installiert. «Die interessierten Bauern müssen nur einen Wasser- und Stromanschluss haben und das Fundament legen», so Zumstein, «die Infrastruktur liefern und finanzieren wir», fährt er fort. Den Transport des Käses ins Tal, die Lagerung und Vermarktung sowie den Vertrieb übernimmt die Monalp. Zudem fallen keine Mietkosten an. «Wir bekommen einen fairen Preis für den Käse», erklärt Patrick Peer. Die Käserei nutzten die beiden Älpler im vergangenen Sommer eineinhalb Monate auf der höchstgelegenen Staffel. Dabei konnten sie 1700 Kilogramm Käse herstellen, wovon sie 1200 Kilogramm an die Monalp verkauften.
Älpler gesucht
Die Monalp sucht Alpen, welche sich für eine mobile Käserei interessieren. Der Container und die Vereinbarung wird individuell auf den Alpbetrieb angepasst (Käsekessi-Grösse / Stromanschluss, finanzieller Rahmen etc.). Voraussetzung sind ein Stromanschluss und ein Wasseranschluss. Ist dies nicht vorhanden, würden die Tüftler der Monalp AG sich die Alp aber trotzdem anschauen, um eine Lösung zu suchen. Kontakt: Lloyd Zumstein, Co-Gründer und Geschäftsführer lloyd.zumstein(at)monalp.ch / 078 813 00 10 /www.deinalpkaese.ch
Käse aus der Höhe
«Wir vermarkten und vertreiben den Käse über den Grosshandel, Käsereien, Restaurants und im Webshop», so Lloyd Zumstein. Der Käse namens Cheesus Alpkäse wird mit allen Schnörkeln des Marketings ausgestattet: Kartonverpackung mit Heu drin, Holzbinden und speziellen Stickers. «Wir bringen Höhengenuss zu dir», heisst es auf der Webseite - Zumstein, weiss, wie man etwas an den Mann oder die Frau bringt. «Die Nachfrage nach natürlichen und ökologischen Produkten ist da», erklärt er, «deshalb haben solche Produkt viel Potenzial.» Der Cheesus Alpkäse ist jedoch nicht AOP zertifiziert. Denn das Käse-Kessi ist mit Strom beheizt und nicht mit Holz, was für viele AOP-Käse Pflicht ist. Trotzdem sei die Qualität hervorragend, wie Lloyd Zumstein versichert, das hätten gar Profis aus der Käsebranche bestätigt.
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So sieht die Käserei von Innen aus. (Bild zVg)
Nachgefragt bei Erich von Siebenthal
Erich von Siebenthal ist Präsident des Schweizerischen Alpwirtschaftlichen Verbands (SAV).
BauernZeitung: Wo sehen Sie Vorteile einer mobilen Käserei?
Erich von Siebenthal: Für Alpen, die neu auf Alpkäseproduktion umsteigen wollen, ist das sicher ein interessantes Projekt. So kann die Wertschöpfung für die Älplerinnen und Älpler verbessert werden. Zudem könnte es spannend sein für Alpen wo die Käseeinrichtungen erneuert werden müssen.
Kennen Sie ähnliche Projekte in der Schweiz?
Solche Bestrebungen sind mir in der Schweiz keine anderen bekannt.
Wie schätzen Sie die Rentabilität für die Älpler/Älplerinnen ein?
Das müsste man natürlich prüfen. Je nach dem, wie hoch die Miete für den Container ist. Zudem muss die Käserei an sich ja auch rentieren. Wird sie nur im Sommer auf der Alp genutzt, so könnte es finanziell schwierig werden. Aber wenn sie im Winter auch im Tal genutzt werden kann, denke ich könnte es wirklich eine neue Strategie sein.
Inwiefern, kann Food Waste so effektiv verhindert werden?
Die Älplerinnen und Älpler gehen schon heute sehr sorgsam um mit ihren Produkten, so auch mit der Milch. Mir ist nicht bekannt, dass Milch weggeleert werden muss. Food Waste ist auf den Alpen generell kein Thema.
Gibt es viele Alpen, welche Interesse an einer solchen Käserei haben könnten?
In der Schweiz gibt es sicher Alpen, die Interesse haben könnten. Zum Beispiel bei schlecht erschlossenen Alpen. Wenn der Käse per Heli runtergeflogen wird und auch die Käserei so auf die Alp kommt. Es braucht dann das nötige Personal und eine Kosten-Nutzen-Analyse. Aber das Ganze ist sicher ein spannendes Projekt.
Nächstes Jahr wird wieder gekäst
Für die beiden Älpler habe sich das Unterfangen im letzten Sommer gelohnt, so Patrick Peer. «Wir werden nächstes Jahr wieder im Container käsen», meint er. Zudem engagieren sie sich bei der Monalp in der Beratung für andere Alpen, welche ebenfalls eine mobile Käserei betreiben wollen. «Für jene Betriebe, welche keinen Zugang zu einer Strasse haben, ist solch eine Käserei geeignet», erklärt Peer. In Deutschland, Österreich oder etwa der Mongolei gebe es ähnliche Systeme, weiss Lloyd Zumstein. In der Schweiz sei die mobile Käserei hingegen neu.
Keine Ruhe im Winter
Die Monalp ist daher gerade damit beschäftigt noch weitere interessierte Älpler zu suchen. Lloyd Zumstein stellt das Projekt bei verschiedenen Organisationen vor, wie etwa dem Schweizerischen Alpwirtschaftlichen Verband.
Und auch der Käse-Container ruht im Winter nicht. «Wir haben schon viele Ideen, was man mit der Käserei im Winter alles anstellen kann», so Zumstein. Er könne sich etwa vorstellen, die Käserei auf einem Hof oder vor einem Supermarkt zu installiert. Als sogenannte Pop-Up-Käserei.
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