An der Mitgliederversammlung vom Soja Netzwerk war Matthias Krön, Präsident Donau Soja, als Gastreferent eingeladen. Er konnte einen hautnahen Einblick in die Situation der Landwirte in der Ukraine geben.

Das Soja Netzwerk Schweiz kam an der Versammlung zum Schluss, dass die Versorgung der Schweiz mit GVO-freien Tierfutter sichergestellt ist, trotz erheblicher Probleme bei der Futtermittel-Beschaffung und entschied, keine neuen Käufe von Futter-Soja aus Russland zuzulassen. An der anschliessenden Diskussion äusserten sich die Mitglieder aus Detailhandel und Produzentenorganisationen zur Preisdiskussion.

An der Versammlung wurde ausserdem Salome Hofer von Coop turnusgemäss zur neuen Präsidentin gewählt, sie übernimmt von Christian Oesch von der Vereinigung Schweizer Futtermittelfabrikanten.

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Soja Netzwerk Schweiz
Das Soja Netzwerk setzt sich für einen verantwortungsbewussten Anbau und eine nachhaltige Beschaffung von Futter-Soja und weiteren Futtermittelkomponenten ein. Die 33 Mitglieder repräsentieren die Wertschöpfungsketten der Schweizer Ernährungswirtschaft: Beschaffer und Mühlen, Detailhändler, Markenhersteller und Gastrogrosshandel, Label-, Umwelt- und Bauernorganisationen, Branchenverbände.

«Wir dürfen die Ukraine nicht abschreiben»

Matthias Krön, Präsident von Donau Soja, gab einen hautnahen Einblick, wie die Situation in der Ukraine für die Bauern und Bäuerinnen aktuell aussieht. Die Zusammenarbeit mit der Ukraine begann für die Organisation 2013. Letztes Jahr wurden 200'000 Tonnen Soja zertifiziert, was einem Fünftel des gesamten Donau-Soja-Angebots entspricht. Die Produktion von nachhaltiger Soja sei dort schwieriger umzusetzen als in der EU. «In der Ukraine sind Pestizide zugelassen, die wir hier seit 30 Jahren nicht mehr kennen», erklärte er.

Donau Soja
Donau Soja ist eine europäische, gemeinnützige Mitgliederorganisation, die sich besonders für eine gentechnikfreie Sojaproduktion aus Europa einsetzt. Sie hat ihren Sitz in Wien mit Regionalbüros in Serbien, Ukraine und Moldawien. Die Mission von Donau Soja liegt in der Unterstützung seiner Partner und Mitglieder bei der Beantwortung von sozialen, ökologischen und ökonomischen Herausforderungen bei der Produktion und beim Verbrauch von Soja, um die Effizienz, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit in der Proteinwertschöpfungskette für Lebens- und Futtermittel in Europa zu erhöhen.

Donau Soja sei in engem Kontakt mit den Landwirten in der Ukraine, sagt Krön. 80-85% der Donau-Soja-Produzenten würden relativ normal arbeiten, die meisten seien im Westen oder in der Mitte der Ukraine. «Wir dürfen die Ukraine nicht abschreiben, das Land ist nicht komplett zerstört. Es gibt aber die Gefahr von Angriffen, Knappheiten, z.B. bei Treibstoff oder Düngemittel.»

Die Landwirtschaft laufe aber zu einem grossen Teil weiter, weiss Krön. Die Ukraine rechne mit einer Produktion von 70% im Vergleich zum Vorjahr, zitiert er den kürzlich getroffenen Vizelandwirtschaftsminister des Landes. «Der Anbau von Soja wird nur gering, etwa 11%, zurückgehen im Vergleich zum Vorjahr, weil die Sojafläche im Verhältnis zu anderen Kulturen steigt», so Krön. [IMG 3]

Das grösste Problem aktuell sei, dass die Häfen im Süden der Ukraine von Russland besetzt sind oder derjenige in Odessa voller Minen ist, weiss Matthias Krön. Der Schiffverkehr ist blockiert. «Eine unglaublich grosse Menge an Agrargüter sitzt in der Ukraine fest. Zwischen 13 und 18 Millionen Tonnen warten auf den Export und können nicht raus,» sagt er. Transportmittel seien rar, es gäbe zu wenig Züge, zu wenig Chauffeure und Camions. «Die Ukraine braucht unglaubliche Mengen an Transportmittel, um ihre Produkte zu exportieren, denn wenn die Silos nicht leer werden, hat es keinen Platz für die neue Ernte.» Fortunat Schmid von der Fenaco pflichtete dem Gastredner bei: «Unser Hauptproblem ist nicht die Verfügbarkeit von Soja, sondern die Logistik. Die Logistikströme wurden aufgrund des Krieges verändert. Chauffeure fehlen.»

Trotz den Schwierigkeiten mit der Logistik sieht Matthias Krön die Versorgung von Soja für die EU und die Schweiz nicht gefährdet aufgrund der Lage in der Ukraine. «Wir erwarten keinen Ausfall der Ukraine, sondern wir erwarten, dass sie weiter in die EU und in die Schweiz liefern kann. Der Anbau in der EU und in der Nachbarschaft der Schweiz hat sich dieses Jahr um 15 Prozent erhöht. Die Sojaversorgung aus Europa steigt.»

Schwierige Preis-Diskussion

An der anschliessenden Diskussion wurden die Mitglieder aus dem Detailhandel mit der Frage konfrontiert, wie die Preiserhöhungen an die Konsumentinnen und Konsumenten weitergegeben werden können. Es sei schwierig, war der Tenor. Hier einige Stimmen aus der Diskussion: 

Fortunat Schmid, Fenaco: «Wir sind konfrontiert mit Preisen für Sojaschrot, von denen wir nicht wussten, dass sie überhaupt existieren können. Das heisst, dass unser Kunde, der Bauer in der Schweiz, konfrontiert ist mit einem Preisschub auf seinen Produkten, die enorm sind. Die Hoffnung oder der Anspruch, dass der Konsument bereit ist, der Schweizer Landwirtschaft diesen Preisschub, um ein gewisses Mass abzudämpfen ist vorhanden.»

Michel Darbellay, SBV: «Das Kostenumfeld stellt eine sehr, sehr grosse Herausforderung dar. Das war schon vor der Ukraine-Krise der Fall. Es gab einen Anstieg von 8% der Kosten auf Produktionsmittel, z.B. Treibstoff und Energie. Der Krieg in der Ukraine hat die Krise noch verschärft. Die Düngerpreise haben sich verdreifacht. Dieses Jahr ist die Lage nicht so schlimm, die Dünger sind gekauft. Wie es nächstes Jahr aussehen wird, ist für uns ein grosses Fragezeichen. Die Pflichtlager werden das Problem nicht lösen, denn diese müssen ja auch wieder gefüllt werden, so wird das Problem verschoben. Es gibt drei Preiszunahmen gleichzeitig: Erstens der bereits erwähnte Preisunterschied zum Vorjahr von 8%. Zweitens gibt es durch die Ukraine-Krise wiederum einige Prozent Preiszunahme und drittens werden die Auswirkungen der neuen Umweltauflagen durch die Parlamentarische Initiative ebenfalls Mehrkosten von 10% generieren. Kumuliert ergeben diese drei Faktoren eine Riesenpreiserhöhung. Wie dies auf den Markt umgewälzt werden kann, ist die grösste Herausforderung.»

Peter Meier, Emmi: «Aufgrund von Berechnungen sind wir auf eine Teuerung von 5% gekommen. Die Milchpreise sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Der B-Milchpreis steigt von Monat zu Monat. Es kommt einiges auf die Produzenten zu. Aber es ist ein Zeichen der Zeit. Darum kommen wir nicht herum. Kostensteigerungen wie heute hatten wir noch nie, wir reden nicht nur von Prozenten, sondern von Faktoren.»

Salome Hofer, Coop: «Wenn Emmi sagt, es ist nicht immer ganz einfach, diese Preise an den Detailhandel weiterzugeben, dann kann ich auch sagen, es ist auch nicht immer ganz einfach diese Preise an die Konsumenten weiterzugeben. Das ist eine Herausforderung.»

Kassandra Marty, Lidl Schweiz: «Wir sind halt ein Discounter und haben ein relativ tiefes Preisniveau, aber ich gehe davon aus, dass wir komplett ohne Preiserhöhungen wahrscheinlich nicht aus der aktuellen Situation herauskommen. Nachhaltigkeit soll weiterhin restriktiv verfolgt werden.»

Reto Burkhardt, SMP: «Klar sind die Preise im Milchbereich gestiegen. Aber nicht überall. Es fehlen noch grosse Bereiche, zum Beispiel beim Käse, wo die Preise noch nicht angehoben wurden. Da ist noch ein Schritt zu machen. Nachhaltigkeit weiterverfolgen ja - aber da muss die gesamte Wertschöpfungskette mitmachen.»

Gemeinsame Werte verteidigen

Eine treffende Zusammenfassung des Preis-Problems lieferte schliesslich Matthias Krön in einem bemerkenswerten Schlusswort auf eine Frage aus dem Publikum: «Wir müssen wissen, dass wir unsere Freiheit mindestens genauso hoch schätzen müssen wie unseren wirtschaftlichen Wohlstand, tun wir dies nicht, werden wir wahrscheinlich beides verlieren. Man kann nicht sagen: Ich priorisiere günstige Preise bei Gas und Öl und begebe mich in eine langfristige Abhängigkeit. Am Ende verlieren wir beides, unsere wirtschaftliche Entscheidungsmacht und auch unsere Demokratie und die Menschenrechte.»