«Chäsi geschlossen». Das Schild vor dem Käseladen im bernischen Worb schliesst das Buch einer Generationengeschichte. Seit 1846 liefern lokale Bauern aus Enggistein und Worb ihre Milch in die Chäsi Worb. Chäsi-Worb-Produkte finden die Kunden in Fachgeschäften im Umkreis von Worb sowie in diversen Coop- und Migros-Filialen in der Region Bern. Aber im angestammten Chäsi-Laden von Worb nicht mehr. «Ständige Personalnöte, anstehende, dringend nötige Investitionen, die Aufgabe der Eigenproduktion nach dem Zusammenschluss mit Biomilk – das alles hat dazu geführt, dass die Milchgenossenschaft Worb ihren Verkaufsladen beim Migros-Kreisel aufgibt», schreibt das Internet-Portal «Bern-Ost» im Juli auf seiner Seite.
Neuer Laden der Firma vom Chäser geöffnet
Fast zeitgleich mit der Schliessung des Traditionsgeschäfts mitten im Dorf eröffnet die Firma vom Chäser im Worber Industriequartier Sonnenboden auf 100 m2 einen Käseladen. «Ein exklusives Käse-Erlebnis regionaler und überregionaler Spezialitäten», wie vom Chäser wirbt, soll die Konsumenten ins Sonnenbodenquartier führen. Und dort ist schliesslich auch jenes Sortiment anzutreffen, dass durch die Schliessung des Ladens der Chäsi Worb «heimatlos» geworden sei. Ein Laden schliesst, ein anderer öffnet.
Mitschuldig ist der Emmentaler Käse
Im Emmental sind in den vergangenen Jahren mehrere traditionelle Käsereien oder deren Verkaufsläden geschlossen worden. Ganz in der Nähe von Worb auch Biglen und Tägertschi. Die Gründe sind überall ähnlich. Oft standen Investitionen an, die nicht gestemmt werden konnten. Die betroffene Dorfbevölkerung bedauert die Schliessungen jeweils, zu ändern scheint das aber nicht. Mitschuldig an diesen Schliessungen ist auch immer der Protagonist dieser traditionellen Betriebe: der Emmentaler. Der einstige Käse-König riss die traditionsreichen Käsereien zahlreich mit in die Krise. Schwacher Euro, Preiszerfall Überkapazitäten, fehlender Absatz trotz Tiefstpreisen machten dem Grosslochkäse und seinen Produzenten zu schaffen. Die Folge war eine Bereinigung der dörflichen Käsereilandschaft, die nach wie vor am Laufen ist.
Die Käserei in der Stadt öffnet erst abends
Während auch städtische Traditionsbetriebe, wie beispielsweise Metzgereien, mit Absatzproblemen kämpfen, öffnete am Montag in Burgdorf ebenfalls ein neuer Chäsiladen. Nicht die Räumlichkeiten sind neu, aber das Konzept. So hat das Käsehaus K3, das durch die Beschallung von Käse mit Musik bekannt wurde, von Montag bis Freitag jeden Abend zwischen 17 und 19 Uhr geöffnet. «Wir kommen nicht drumherum, uns der Zeit anzupassen», erklärt der Inhaber des K3, Beat Wampfler. Die Berufstätigkeit verunmögliche es den Konsumenten, tagsüber im Dorfladen einzukaufen. Also gehen sie nach Feierabend ihre Einkäufe erledigen.
Im Setzkastensystem lagern Käse und werden beschallt
Der Laden befindet sich im Keller des K3, genauer, im Käsekeller. Hier läuft Musik, in den Gestellen lagern die zu beschallenden Käselaibe, wie in einem überdimensionierten Setzkasten. Und da läuft, wenn nicht gerade Kundschaft vor Ort ist, in jedem kleinen Abteil, jedes einzelnen Käses, unterschiedlichste Musik. Nicht nur Hip-Hop, sondern auch Klassik oder Jazz, Rock und vieles mehr. Im Auftrag von Firmen oder auch Privaten werden hier Laibe meist während mehrerer Monate mit Musik beschallt. Die Absatzkanäle hat Wampfler mittlerweile international erschlossen. «Dieser hier geht in die USA», sagt er und zeigt auf mehrere Abteile. Wampfler glaubt nicht nur an den Emmentaler, sondern allgemein an den Rohmilchkäse. «Jetzt hat es zu wenige Kälber, zu wenige Kühe. Schon bald fehlt uns die Milch und dann die silofreie Milch», ist er sicher. Derzeit erwache wieder ein Käsegewerbe, das aufgrund von Marge wieder leben könne, sagt Wampfler. «Die Käsereien, die Erfolg haben, die zeigen ja, dass es geht. Sie exportieren ja auch und haben den höchsten Milchpreis im Land, Gruyère, Le Maréchal …», ergänzt er.
Laden und mobile Schaukäserei kurzzeitig vereint
In Burgdorf ist seit Montag aber nicht nur ein Verkaufsladen geöffnet, sondern auch eine mobile Käserei. Einen Monat lang veredelt Sarah Gross, die Pächterin der Alp Nünenen am Gantrisch, silofreie Milch zu Käse, der den Namen Urban (städtisch) trägt. Die mobile Käserei steht im Sommer während der Alpsaison auf der Alp und im Winter im Unterland (wir berichteten). Nun sind die ersten Käsli im Salzbad. Gekäst wird in Burgdorf im laufenden Monat jeweils von Mittwoch bis Freitag von 9 bis 12 Uhr. Und natürlich kann zugeschaut werden. Auch Gruppen seien nach Voranmeldung unter Telefon 079 335 10 14 willkommen. Damit wagt K3 nicht nur einen Chäsiladen zu eröffnen, sondern, sich auch kurzzeitig als städtische Schaukäserei zu positionieren.