Wie steht die Bio Suisse zum Wolf? Dürfen die Futtermühlen für den Winter 2023/2024 eiweissreiche Futterkomponenten für die Wiederkäuerfütterung befristet importieren? An der diesjährigen Delegiertenversammlung (DV) der Bio Suisse befassen sich die Delegierten der Bio Suisse neben gewohnten Traktanden (Budget 2023, Erfolgsrechnung usw.) auch mit diesen und noch weiteren Fragen.

Ausnahme Proteinimport

Auf Antrag der Mitgliederorganisation (MO) Bio Ostschweiz beschäftigen sich die Delegierten mit einer geforderten Ausnahmeregelung für die Richtlinien in der Wiederkäuerfütterung. Diese möchte für den Winter 2023/2024 eine befristete Übergangslösung für Futtermühlen. Damit sollen wieder Knospe- oder EU-Bio-Futterkomponenten importiert werden können, um die nötigen Proteingehalte im Wiederkäuerfutter zu erreichen.

Hintergrund ist die neue Richtlinie zur Wiederkäuerfütterung. Diese habe zu einer nicht vorhergesehenen Situation (Mangel an CH-Bio-Proteinträgern und tiefe Proteingehalte in Futtermitteln) geführt. Vor allem im Berggebiet seien Betriebe betroffen. Man habe mit der Richtlinie gemäss MO Bio Ostschweiz einen «Grossversuch» gewagt, welcher auf wenig Zahlenmaterial und viel Gefühl beruht habe.

Mit einer Anpassung der «Leitplanken» sei man überzeugt, dass Bio Suisse den Mut habe, konstruktive Wege anzugehen.

Die Bio Suisse und der Wolf

Auf Antrag der Frühlings-DV wurde von einer Arbeitsgruppe, ein Positionspapier zu Grossraubtieren erarbeitet. Dieses wird den Delegierten lediglich zur Kenntnissnahme vorgelegt. Die Bio Suisse hält u.a. fest:

  • Produzenten vor Artenschutz: Es sei für die Bio Suisse nicht akzeptabel, die Interessen der Bäuerinnen und Bauern dem Artenschutz unterzuordnen.
  • Entnahme und Regulation: Die Entnahme von Problemtieren solle genauso möglich sein wie die gezielte Regulation der Populationsgrösse sowie Massnahmen zur Vergrämung.
  • Vergütung Herdenschutz: Der Aufwand für den Herdenschutz solle vollumfänglich vergütet werden. Die Anforderungen an den Herdenschutz dürften zudem nicht weiter erhöht werden.
  • Revidierte Jagdverordnung: Diese erfülle die wichtigsten Forderungen der Bio Suisse.

Geschlechter-Gleichstellung

Mit einem Zielpapier soll die Gleichstellung der Geschlechter gefördert und auch festgehalten werden. Beispiele:

  • Umsetzung auf Betrieben: Mitarbeitende (Ehe-)Partner(innen) sollen eine angemessene Sozialversicherung erhalten, strategische/finanzielle Entscheide gemeinsam gefällt sowie die Haus-, Pflege- und Betreuungsarbeit partnerschaftlich bewältigt werden.
  • Allgemeines Verhalten: Es soll keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes sowie Sexismus toleriert und respektvoll miteinander umgegangen werden.
  • Partizipation und Kommunikation: Man wolle die Meinung und Perspektive aller berücksichtigen sowie die Präsenz untervertretener Geschlechter in Gremien fördern.

Bei Annahme hätten Bio-Suisse-Betriebe Spielraum, die für sie passende Lösung zu finden.

Wer stimmt ab?

Die Delegierten der Bio Suisse sind gewählte Landwirtinnen und Landwirte, welche die Biolandwirte der jeweiligen Mitgliederorganisation (MO) vertreten. Ihre Zahl richtet sich nach der Anzahl Mitglieder der jeweiligen MO.

Bio Bern stellt zum Beispiel als grösste Organisation 13 Delegierte, Bio Uri hingegen nur einen. Neben der Basis sind auch Bio-Organisationen wie zum Beispiel das FiBL mit einem bis zwei Delegierten stimmberechtigt. Total besteht die Versammlung aus 102 Delegierten, 98 von ihnen sind für die Versammlung angemeldet.

Ob die Lizenznehmer (Verarbeiter, Abnehmer und Handel) der Bio Suisse definitiv (bisher zweijährige Pilotphase) zwei Stimmen erhalten sollen, auch das ist ein Traktandum der DV. Mit Annahme des Antrags würde die Versammlung gleichzeitig wieder auf 100 Delegierte reduziert.