In der Schweiz wächst zwar viel Mais, der meiste davon ist aber für Tierfutter bestimmt. Auf bloss 200 Hektaren wird Zuckermais angebaut, das sind 1,3% des gesamten Maisanbaus. Das Anbaugebiet beschränkt sich fast gänzlich auf das Freiamt, rund um den Zuckermaisprodukte-Verarbeiter Unicorn AG. Im Umkreis von maximal 20 Kilometern bezieht die Firma die gelben Kolben von Aargauer, Luzerner und Zürcher Produzenten.

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Siegfried Renggli knickt die Kolben ab und gibt dem Traktorfahrer Tempo-Anweisungen.

Kalt geerntet - lange frisch

Nasskalt und grau zeigt sich das Wetter an jenem Morgen im Zuckermaisfeld der Familie Renggli in Oberwil-Lieli. "Ideal für die Ernte", sagt Betriebsleiter Siegfried Renggli. In Regenkleidung läuft er die Maisreihen entlang, bricht von jeder Pflanze einen Kolben ab und wirft ihn in den vom Traktor gezogenen Anhänger. "Der Mais muss bei der Ernte kalt sein, dann bleibt er länger lagerfähig", erklärt der Betriebsleiter. Ein Mitarbeiter steuert den Traktor, fünf Erntehelfer laufen durch die Reihen und füllen nach und nach den Anhänger. Etwa zwei Stunden sind sie jeden Morgen damit beschäftigt, den Mais zu ernten. Handarbeit, zumindest im Bio-Segment. Die Erträge seien höher, weil jeder einzelne Kolben geerntet werden könne, sagt Siegfried Renggli.
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Die Ernte von Bio-Zuckermais ist kein Zuckerschleck: jeder einzelne Kolben muss von der nassen Pflanze abgetrennt werden.

Viel Handarbeit

Sobald zwei Anhänger gefüllt sind, geht's zurück in die Scheune zum Entlieschen, also um die Kolben von den Blättern (Lieschen) zu befreien. Auch das geschieht in Handarbeit, sodass der konventionelle vom Bio-Mais unterschieden werden kann, wenn er in der Fabrik ankommt. In der Scheune hat Sohn Maurus bereits Paloxen aufgestellt, wo die anfallenden Lieschen gesammelt und später an die Milchkühe verfüttert werden. Jeder Mitarbeiter hat seine Arbeitsstation, es herrscht eine konzentrierte Atmosphäre.

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Der Zuckermais aus den zwei gefüllten Brückenwagen wird in der Scheune entliescht.

"Die Arbeit ist streng, da braucht es ein motiviertes Team, das täglich mit frischer Energie den Job macht", meint Siegfried Renggli. Seine Frau Susanne fügt hinzu: "Die Saison ist kurz und die Mitarbeiter können gutes Geld verdienen. Seit wir sie pro Kiste statt im Stundenlohn entlöhnen, sind wir mehr als doppelt so schnell." Etwa um halb vier am Nachmittag sind die Maiskolben gerüstet und werden in einem Kühlwagen gelagert. Jeden zweiten Tag fährt Renggli sie in die nahegelegene Fabrik.

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Eine Schneise wird durch das Feld gefahren, damit der Traktor mit dem Anhänger durchfahren kann. Auch die Kolben am Boden werden geerntet.

Zuckermais ist eine heikle Kultur

Zuckermais ist eine heikle Ackerkultur und in seiner Jugendentwicklung nicht sehr konkurrenzstark. Folglich wächst viel Unkraut zwischen den Pflänzchen, und dieses muss manuell entfernt werden. "Im Frühling sind wir etwa 6 Wochen mit Jäten beschäftigt", bestätigt Susanne Renggli. Inzwischen hat ihr Mann eine Maschine konstruiert, die das Unkrautjäten übernehmen soll. Viel Zeit habe die Tüftelei in Anspruch genommen, aber sie erleichtere die Arbeit immens.

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Sohn Maurus Renggli bereitet alles vor, damit die Mitarbeiter an verschiedenen Stationen die Blätter vom Mais entfernen können. „Die Wertschöpfung bleibt somit auf dem Hof“, sagt er.

Angefangen haben Rengglis vor etwa 15 Jahren mit dem Anbau von Zuckermais. "Damals mit einer Hektare", sagt Susanne Renggli. Mittlerweile haben sie Erfahrung gesammelt und sind damit gewachsen. Nun baut das Paar auf knapp 6 Hektaren Zuckermais an. Weil Rengglis Felder rund um den Hof dicht beieinander liegen, können keine Blütenpollen von nachbarlichen Futtermais-Feldern seine Pflanzen befruchten, erzählt Siegfried Renggli und fügt an: "Die Durchmischung wäre nicht wünschenswert, schliesslich soll der Zuckermais süss sein."

Der Anbau geschieht gestaffelt, so dauert die Ernte über einen Monat. Ausserdem sind die jungen Zuckermais-Pflänzchen heikel und haben nicht gerne nasskaltes Wetter. Der nahegelegene Wald ist für das Abtrocknen der Kolben eher hinderlich. Es sei eigentlich immer mit einem halben Hektar Ausfall zu rechnen, erzählt Susanne Renggli.

 

Betriebsspiegel

  • Arbeitskräfte: Siegfried und Susanne Renggli, 1 Mitarbeiter, Sohn Maurus (studiert Agronomie)
  • Nutzfläche: 34 ha
  • Betriebszweige: Zuckermais, Milchkühe, Pferdepension
  • Kulturen: Zuckermais (6 ha), Brotweizen (2 ha), Kunstwiese-Luzerne Mischung, extensive Flächen
  • Tierbestand: 33 Brown Swiss -Kühe, 17 Pensionspferde

Dieses Jahr liess Siegfried Renggli den Zuckermais zwischen Ende April und Mitte Mai vom Nachbarn aussäen. Dies gemäss Planung der Unicorn, die die gestaffelte Aussaat ihrer Produzenten betreut. "Wir haben Anbauverträge mit den Landwirten. Das heisst, wir geben vor, wann sie wie viel Fläche säen sollen. So können wir Witterungskapriolen ausgleichen und den Lieferstau im August etwas abdämpfen", erklärt CEO Bruno Höltschi. Bei Nicht-Bio-Betrieben übernimmt Unicorn die Aussaat selber und gibt den Landwirten vor, wie sie die Kultur betreuen sollen. Gegen den Maiszünsler werden auf den Zuckermaisfeldern Trichogramma-Schlupfwespen ausgestreut. Diese setzt auch Renggli in seinem Bio-Zuckermais ein. Die silierten Überbleibsel der Maispflanze verwendet er als Kuhfutter.

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Der vorgekochte und pasteurisierte Mais muss noch etikettiert werden, bevor er im Verkauf landet.

Ganzjähriger Betrieb

In den Produktionshallen der Unicorn in Fischbach-Göslikon ist während 365 Tagen im Jahr Betrieb. Bruno Höltschi erklärt, dass die Verarbeitung in zwei grosse Bereiche eingeteilt werden kann: Einerseits wird Frischmais abgepackt, also ganze, teilentlieschte Maiskolben, die in einer Foodtainerschale und mit Plastikfolie abgedeckt im Supermarkt angeboten werden. Weil die Frischmais-Saison in der Schweiz auf Juli bis Oktober begrenzt ist, importiert Unicorn in der Nebensaison andererseits Zuckermais aus Spanien, Marokko und in den Wintermonaten auch aus Senegal. "Wir haben dort langjährige Anbaupartner, die wir regelmässig besuchen und kontrollieren", sagt Höltschi.

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CEO Bruno Höltschi zeigt, wie der Zuckermais während der Pasteurisation die Farbe ändert – links vor und rechts nach dem Kochen.

Nebst dem Frischmais wird ein kleiner Teil als gefrorener Zuckermais für Gastro-Küchen angeboten, der grösste Teil des Schweizer Zuckermaises wird pasteurisiert. Ganze Kolben oder Teile davon, sogenannte "Rugeli", werden dazu in Plastikfolie vakuumverpackt und anschliessend gegart. So behalten sie ihr Aroma über Wochen. Es werden keine Zusatzstoffe zugeführt. "Und wir verarbeiten den Mais direkt nach der Ernte weiter, so kann der Zucker-Abbau in den Körnern verhindert werden", erklärt der CEO. "Der Schweizer Zuckermais ist süsser als derjenige aus dem Ausland, weil er keine langen Transportwege hinter sich hat. Ausserdem müssen wir nicht Sorten anbauen, die lagerfähig sind oder eine dickere Haut haben für den Transport."