Geht es nach dem Bundesrat, sollen die Behörden künftig nicht mehr nur einzelne Wölfe zum Abschuss freigeben, sondern die Dezimierung von Beständen erlauben dürfen - und zwar ohne dass die Tiere Schaden verursacht haben.
Bestimmte Bedingungen müssten aber weiterhin erfüllt sein. So dürfte die Regulierung den Bestand der Population nicht gefährden. Weiter wäre sie nur zulässig, wenn sie erforderlich ist, um grossen Schaden oder eine konkrete Gefährdung von Menschen zu verhüten - und wenn dies mit zumutbaren Schutzmassnahmen nicht erreicht werden kann.
Herdenschutz nicht zwingend
Während der Ständerat diesen Bedingungen zugestimmt hat, will die Umweltkommission des Nationalrates den Schutz weiter aufweichen. Nach ihrem Willen würde es genügen, wenn Schaden droht. Dieser müsste nicht gross sein. Ausserdem sollen die Abschüsse auch dann erlaubt sein, wenn der Schaden durch zumutbare Schutzmassnahmen wie Herdenschutzhunde verhütet werden könnte. Der Entscheid für diese Version fiel allerdings relativ knapp.
Ferner will die Nationalratskommission zusätzlich im Gesetz verankern, dass der Bund bezahlt: Er soll den Kantonen Finanzhilfen leisten für die Aufsicht und die Durchführung von Massnahmen im Umgang mit dem Wolf.
Streit um Luchs und Biber
Auf Bundesratslinie ist die Kommission bei anderen Tierarten. Der Bundesrat will im Gesetz verankern, dass er neben dem Wolf weitere geschützte Tierarten als regulierbar bezeichnen kann. Das könnten Luchs und Biber, aber auch der Höckerschwan sein.
Der Ständerat will Luchs und Biber explizit nennen und bereits den Zeitraum festlegen, in dem deren Bestände reguliert werden dürften. Das lehnt die Nationalratskommission ab. Anders als der Ständerat ist sie zudem damit einverstanden, dass die Kantone Jagdprüfungen gegenseitig anerkennen sollen. Der Ständerat will beim Status quo bleiben, wonach jeder Jäger eine kantonale Berechtigung braucht.
Zurück an den Bundesrat
Eine linke Kommissionsminderheit beantragt dem Rat, die Vorlage an den Bundesrat zurückzuweisen. Sie will diesen beauftragen, einen Entwurf auszuarbeiten, welcher der Bedeutung des Artenschutzes für den Erhalt der Biodiversität und des natürlichen Ökosystems mehr Gewicht verleiht.
Weiter soll der Bundesrat darauf verzichten, Regulierungsentscheide an die Kantone zu delegieren. Heute muss das Bundesamt für Umwelt Abschüsse bewilligen. Nach dem Gesetzesentwurf würde der Bundesrat künftig die Tierarten bezeichnen, deren Bestand reguliert werden darf. Der Entscheid, ob die Tiere tatsächlich erlegt werden dürfen, läge hingegen bei den Kantonen.
Forderungen des Parlaments
Die Gesetzesrevision hatte das Parlament verlangt. Aus Sicht von Umwelt- und Tierschutzorganisationen wird damit der Schutz gefährdeter Tierarten in der Schweiz ausgehöhlt. Pro Natura spricht von einem eigentlichen Paradigmenwechsel.
Gemäss der Berner Konvention gehört der Wolf zu den "streng geschützten" Arten. Das Umweltdepartement hat bei der Berner Konvention einen Antrag auf die Rückstufung auf "geschützt" eingereicht. Der Entscheid steht noch aus. Die aktuelle Revision ist laut dem Bund innerhalb der geltenden Bestimmungen möglich, sofern nicht weitere Lockerungen beschlossen werden.
Ausgerottet, eingewandert
Der Wolf war in der Schweiz im 18. und 19. Jahrhunderts ausgerottet worden. Im 20. Jahrhundert wurden auch in den Nachbarländern nur noch einzelne Wölfe beobachtet. Nachdem der Wolf geschützt worden war, breitete er sich im Alpenraum wieder aus. 1995 wanderten die ersten Wölfe in die Schweiz ein; heute gibt es vier Rudel und etwa 50 Wölfe.
Pro Jahr werden im Durchschnitt 218 Nutztiere vom Wolf gerissen, mehrheitlich Schafe. Kritiker einer Lockerung des Wolfsschutzes weisen darauf hin, dass weitaus mehr Schafe durch Abstürze und Lammfleischkonsum sterben.
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