Im Toggenburg kämpfen Besitzer von Alpzimmern um ihr Eigentum, nachdem im Grundbuch plötzlich nicht mehr sie, sondern die Alpkorporationen als Eigentümer eingetragen sind. Die Betroffenen wurden erst auf die geänderten Eigentumsverhältnisse aufmerksam, als sich ein Bauer, Heinrich Giezendanner aus Nesslau, rechtlich wehrte. Josef Koller aus Alt St. Johann ist ebenfalls betroffen und kämpft an vorderster Front gegen diese Enteignung. «Es kann doch nicht sein, dass man uns unser Eigentum wegnimmt – das notabene öffentlich beglaubigt ist – weil die Ämter Fehler gemacht haben», sagte Koller damals im Gespräch mit unserer Zeitung.
Louis: «Die Anpassung ist unnötig»
Nach Erscheinen des Berichts gab es viel medialen Wirbel. So griff unter anderem der Fernsehsender TVO die Geschichte auf, die nun zum Politikum wird. Wie in der St. Galler Ausgabe der «Schweiz am Wochenende» vom 12. Februar zu lesen war, hat SVP-Kantonsrat Ivan Louis am 3. Februar eine einfache Anfrage an die St. Galler Regierung eingereicht. Darin hält der Nesslauer fest, dass die bewährte Praxis auf den Toggenburger Alpen und die neue Verwaltungsauffassung auseinanderklaffen würden. «Eine unnötige Anpassung der Verwaltungspraxis droht, Traditionen zu zerstören, die sich über Jahrhunderte entwickelt haben.»
[IMG 3] Die herbeigeführte Rechtsunsicherheit habe viele negative Auswirkungen. So seien die Eigentümer der Alpzimmer auf Korporationsboden gehemmt, Investitionen zu tätigen. Auch würden sich bei Nachfolgeregelungen und Betriebsübergaben Probleme stellen. Dafür braucht es jetzt nämlich die Unterschrift der Alp-Organe.
Louis schlägt in seinem Vorstoss vor, der Kanton solle den Alpkorporationen, insbesondere jenen mit einem Baurechtverbot, erlauben, das Baurecht einzuführen. Gegenüber der BauernZeitung sagt Louis: «Nach den bisherigen Rückmeldungen scheint mir diese Lösung nicht für alle zweckdienlich zu sein.» Als eine andere Möglichkeit sähe er, dass die Alpzimmer als eigene Grundstücke im Grundbuch eingetragen werden. Dabei könne man – allenfalls auf gesetzlicher Stufe – Vorkaufsrecht zugunsten der Alpkorporationen, der bewirtschaftenden Landwirte und der öffentlichen Hand gewähren. «Zentral scheint mir auf jeden Fall, dass es für die Eigentümer(innen) der Alpzimmer keine Kostenfolge gibt.»
Hengst-Heiri ist kein Einzelfall
Auf die Frage, warum er jetzt politisch aktiv wurde, wo doch Giezendanners Fall seit 2020 bekannt ist, antwortet er: «Der Fall vom Hengst-Heiri (Heinrich Giezendanner, Anm. d. Red.) war mir aus Zeitungsberichten bekannt. Damals nahm ich an, dass es ein Einzelfall war. Dieser wäre bei den Gerichten am richtigen Ort.» Im Dezember 2021 sei ihm infolge eines Leserbriefes auf Facebook bewusst geworden, dass es zahlreiche Betroffene gebe. «Damit wurde der Fall zu einem politischen und nicht rein juristischen Thema.»
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Koller: «Man nimmt uns alles»
Josef Koller begrüsst den Vorstoss von Ivan Louis sehr und betont, die Ausarbeitung sei in enger Zusammenarbeit mit den Betroffenen erfolgt. Zugleich schildert Koller, dass den ehemaligen Alpgebäude-Eigentümern in der Zwischenzeit noch mehr Ungemach droht. Im Grundbucheintrag, den Koller am 10. Februar eingefordert hat, ist anstelle von Alprechten nur noch von Weidenutzungsrechten die Rede. Bei letzteren haben die Alpgebäude-Besitzer kein Mitspracherecht, im Gegensatz zu den Alprechten. «Und von den Alpgebäuden steht keine Silbe mehr im Grundbuch drin», sagt Koller. «Fakt ist: Man nimmt uns alles weg.»
Kanton St. Gallen verspricht schnelle Lösung
Das zuständige Departement des Innern will sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht zum Vorstoss von Ivan Louis äussern. «Wir bearbeiten die Thematik mit allen involvierten Stellen. Es ist uns ein wichtiges Anliegen, bald mögliche Lösungsvorschläge präsentieren zu können», sagt Alexander Gulde, Leiter Amt für Gemeinden und Bürgerrecht, auf Anfrage. Es macht den Anschein, als würde die Kluft zwischen den Betroffenen und den St. Galler Ämtern immer grösser. Und immer grösser wird auch der Frust und die Wut von Koller und seinen Mitstreitern.