«Ich habe einmal gesagt, wenn der Milchpreis unter 60 Rappen fällt, dann höre ich auf», erinnert sich Ulrich Mader. Er blieb seinem Wort treu, aber der sinkende Milchpreis war nicht der einzige Grund für die Umstellung auf Mutterkuh-Haltung: Es fehlte auch die Nachfolge für den Betrieb. Und als seine Frau Gabriela wegen eines künstlichen Kniegelenks nicht mehr melken konnte, vollzogen Maders einen dreifachen Wechsel. Sie verkauften ihre Holstein-Milchkühe, bauten den Anbinde- in einen Laufstall um und entschieden sich für rote Mutterkühe. So leben seit 2010 15 Hereford-Kühe, ein Muni und 4 bis 5 Stück Jungvieh bei ihnen im bernischen Schwarzenburg. Und «wir sind sehr zufrieden mit der Rasse», bilanziert der Landwirt.
An karges Futter angepasst
Entspannt liegen die massigen Tiere mit der markanten Fellzeichnung in ihren Boxen und lassen sich kaum aus der Ruhe bringen. Erst als Ulrich Mader etwas Heu in die Krüpfe füllt, kommt Bewegung in die Herde. «Hereford sind schöne, ruhige Kühe und absolute Raufuttertiere», beschreibt er die Rasse. Auf ihren kurzen Beinen kommen sie jetzt zügig, aber ohne Eile heran und strecken die breiten Köpfe durch das Fressgitter.
Heu mitten am Tag ist für Maders Kühe etwas Aussergewöhnliches, denn er füttert nur morgens und abends. Ansonsten würden sie verfetten, erklärt er, «unser Futter ist eigentlich zu gut für diese Kühe». In Australien leben die Tiere schliesslich in kargen Steppenlandschaften, gibt der Landwirt zu bedenken. In Schwarzenburg bekommen sie ausschliesslich das vorgelegt, was Mader auf seinem Land produziert: Im Sommer Gras auf der Weide und Heu im Stall, im Winter Silage und Mais. «Der Mais ist gut für die Kälber. Aber ich kann nicht nur sie damit füttern, sonst wird es im Silo zu warm». Das übrige Raufutter, das unter anderem von den steilen umliegenden Hängen stammt, verkauft Mader an seinen Nachbarn.
[IMG 2]
Die ganze Herde importiert
[IMG 13]Das gelassene Naturell der Hereford-Kühe bestätigen laut Ulrich Mader auch Tierarzt und Besamer. Ausserdem kam es den Tieren bei ihrer abenteuerlichen Reise nach Schwarzenburg zugute, denn die ganze ursprüngliche Herde wurde aus Deutschland per LKW importiert. «Wir waren immer ein Reinzucht-Betrieb und ich wollte kein Gebastel mit einer gemischten Herde», begründet der Landwirt. Hinzukam, dass die Tiere aus Deutschland von nur zwei Betrieben stammten. Hätte er sie in der Schweiz gekauft, wären es deutlich mehr verschiedene Herkunfts-Höfe gewesen, was ein erhöhtes Risiko für Krankheiten bedeutet hätte.
[IMG 10]
Betriebsspiegel Feldmoos
Ort: Schwarzenburg BE
LN: 16,5 ha, wovon 4,5 Ackerbau und zusätzlich 3,2 ha Wald
Kulturen: Naturwiese, Mais, Gerste, Weizen
Arbeitskräfte: Ulrich und Gabriela Mader. Der Landwirt macht zusätzlich Lohnarbeiten, Gabriela Mader arbeitet Teilzeit im Volg.
Tierbestand: 15 Hereford-Mutterkühe und ein Muni, zwei Zwergziegen und einige Hühner
Einen Monat für den Umbau
[IMG 12]Am 1. März 2011 verliessen Maders Holstein-Kühe ihren Anbindestall. «Das war hart», ist sich das Paar einig. Beim Blättern im Fotobuch kommen Erinnerungen auf, an den schweren Abschied und die Umbauarbeiten. In Eigenregie riss die Familie mit Unterstützung von Bekannten die bisherige Stalleinrichtung, Melkanlage und Milchtank heraus und richtete nach selbstgezeichneten Plänen den neuen Laufstall ein. Bei der Finanzierung half, dass ein Teil der alten Infrastruktur und das Milchkontingent von 130'000 kg verkauft werden konnten. Mitte April – zwei Wochen früher als erwartet – fuhr der zweistöckige LKW aus Deutschland auf den Hof. Die 26-stündige Fahrt hatten die Hereford-Kühe gut überstanden und bezogen ohne Probleme ihr neues Zuhause. «Die hatten noch nie in einem Stall gelebt», erzählt Mader. Nur zwei von ihnen hätten erst lernen müssen, in den Boxen statt im Auslauf zu schlafen. Nach Ablauf der dreiwöchigen Quarantäne durften die Tiere auch die Weide in Beschlag nehmen.
«Ich wollte kein Gebastel mit einer gemischten Herde.»
Ulrich Mader hatte immer einen Reinzucht-Betrieb.
10 Jahre später hat die letzte Kuh von damals im Alter von 13 Jahren das Feldmoos verlassen – im Stall stehen nun nur noch die Tiere, die Maders mit dem Muni in der Herde oder per KB selbst gezüchtet haben. Bei der Zucht schaue er besonders darauf, dass die Milch stimmt, erläutert der Landwirt. «Das Kalb ist bei der Mutterkuh-Haltung entscheidend», gibt er zu bedenken. Ihr schön marmoriertes Fleisch geht zum grössten Teil als Natura Beef an Bell, nur 1-2 Tiere vermarktet das Paar jährlich selbst.
Hornlosigkeit als ein Hauptgrund
Obwohl Ulrich Mader bereits bei seiner ersten Begegnung mit Hereford auf der Weide eines Bekannten vom Charakter der Tiere, die gleich zu ihm gekommen seien, angetan war, nennt er als Hauptgrund für seine Rassenwahl ihre Hornlosigkeit. «Ich habe in jungen Jahren viele Tiere in der Umgebung enthornt und wollte das einfach nicht mehr», schildert er. Damals habe es neben Hereford nur Angus zu 100 Prozent natürlich hornlos gegeben und nach den schwarz-weissen Holstein-Kühen brachten die roten Tiere einen erfreulichen Farbwechsel.
Heute zähle der Zuchtverband Swiss Hereford 48 Mitglieder, «es gibt aber mehr Halter», meint der Berner. Die Rasse eigne sich vor allem für extensive Betriebe mit viel Naturwiesen. Ihre Gemütlichkeit habe aber auch einen Nachteil, ergänzt Gabriela Mader: «Jagen kann man sie nicht. Die Kühe brauchen Zeit, bis sie von der Weide kommen und das auch nur als geschlossene Gruppe – es sind absolute Herdentiere.»
[IMG 3]
Das Ende ist in Sicht
Er sei immer gerne bei Geburten dabei, auch wenn die Kühe selten Hilfe brauchten, sagt Ulrich Mader. Darin sieht er einen Vorteil des Laufstalls, wo sich die Muttertiere im Gegensatz zum Anbindestall besser selbst helfen können.
In vier Jahren wird der Landwirt pensioniert, was er bisher weitestgehend verdränge. Da keines von Maders Kindern den Hof übernehmen will, steht für das Feldmoos der nächste Wechsel an – diesmal ohne Ersatz. «Am liebsten würde ich die ganze Herde zusammen weggeben», meint Ulrich Mader wehmütig. «Es ist seltsam zu wissen, dass wir bald nach Jahrzehnten mit dem Bauern aufhören», findet seine Frau. Bis dahin arbeiten die beiden entspannt mit ihren ruhigen Tieren und geniessen auch die Flexibilität, die ihnen die Mutterkuh-Haltung ermöglicht. «Wir hätten auch schon zehn Jahre früher umstellen können», bilanziert der Landwirt. Bereut haben die Schwarzenburger den Wechsel und die Wahl der Rasse jedenfalls nie.
Die Rasse
Hereford ist eine der ältesten Rassen Englands und stammt aus dem Westen des Landes. Ihr Fell ist rot, Kopf, Hals, Beine, Schwanzquaste und Nacken aber weiss. Die mittelrahmigen Kühe erreichen eine Widerristhöhe von 128 bis 136 Zentimeter und gelten als frühreif, ruhig sowie anpassungsfähig. Kühe werden laut Mutterkuh Schweiz 600 bis 800, Stiere 900 bis 1200 kg schwer. Weiter zeichnet die Rasse ihre genetische Hornlosigkeit und leichte Geburten aus. Die britische Hereford Cattle Society beschreibt den Geschmack des fein marmorierten Fleisches dieser Tiere als «sensationell», die Stücke seien sehr zart und für festliche Gelegenheiten genauso geeignet, wie für ein feines Alltagsmenü.