Eigentlich wäre die Abkalbesaison für die Züchter wie Weihnachten und Neujahr – die schönste Zeit im Züchterjahr. Doch jedes Jahr wird die Problematik der Tränker belastender für die Zuchtbetriebe. Die Branche hat in den vergangenen Jahren zahlreiche bäuerliche Kälbermäster verloren und spürt es nun. Nicht nur, dass die Preise für die Tränker in der Abkalbesaison in den Keller sinken, die Kälber finden schlicht keinen Platz mehr. Sowohl in der Grossviehmast wie auch bei den Kälbermästern sind die Ställe voll. Ausserdem ist Kalbfleisch nach den Feiertagen ein Ladenhüter, sodass die Ställe so schnell auch nicht wieder leer werden. So müssen die Züchter damit rechnen, dass ihre Kälber in der Wurst landen. Branchenkenner gehen davon aus, dass wöchentlich mehrere Hundert Tränker geschlachtet werden, da sie keinen Käufer finden. Ein Gedanke, der vielen Milchproduzenten an die Nieren geht.
An einem Strick ziehen
«Der Druck steigt auf die Milchproduzenten, sie dürfen das Problem der Tränker nicht einfach auf die nachgelagerten Betriebe abschieben», ist Markus Gerber, Präsident von Swissherdbook, überzeugt. Bei den Besamungen und der Tränkerbetreuung würden viele Betriebe vieles richtig machen. Jedoch ziehe die Branche bei den Tränkern zu wenig an einem Strick, sondern jeder in seine Richtung. So gehe es nicht vorwärts. Unter diesem Druck haben auch zahlreiche Kälbermastbetriebe aufgegeben. Doch was nun?
«Für die einzelnen Milchproduzenten ist es schwierig, auf die aktuelle Situation auf dem Tränkermarkt zu reagieren. Die Betriebe sind gewachsen, sind rationeller geworden und dazu gehört es auch, dass die arbeitsintensiven Tränker verkauft werden», betont Gerber. Allerdings werde sich auch der Milchproduzent in Zukunft wieder vermehrt damit befassen müssen, was mit seinen Kälbern passiere. Dazu gehöre es auch, die Saisonalität zu überdenken. Wer seine Tiere jedoch alpe, der habe keine grosse Wahl beim Abkalbezeitpunkt. Bei den übrigen Betrieben gebe es aber diesbezüglich Spielraum. So hat Markus Gerber selber – auch weil er für den Tête de Moine mehr im Sommer melkt – aktuell wenig Tränker, die er vermarkten muss.
Tränker zu teuer
Auch beim Kälbermästerverband sieht man in dieser Saisonalität die Hauptproblematik des Tränkermarktes. «Wir als Mäster versuchen, so viele Kälber wie möglich abzunehmen. Auf der anderen Seite können wir nicht mehr Kälber mästen, als wir Konsum haben. Aber es stimmt natürlich, dass die Kälber völlig falsch verteilt sind. Im Herbst viel zu viele, im Sommer viel zu wenige», betont der Präsident des Schweizer Kälbermästerverbands, Marcel Dettling. Doch den Kälbermästern sind die Tränker auch zu teuer geworden. Durch die vermehrten gesexten Besamungen kommen zunehmend Fleischrassentränker auf den Markt, die für die Kälbermast zu teuer sind. Dass in den vergangenen Jahren zu wenig kostengünstige Tränker auf den Markt kamen, sieht Dettling mit als Grund, dass viele bäuerliche Kälbermäster aufgegeben haben. «Die Preisspirale wurde überdreht», betont er.
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Zu wenig Milch für Kälber
Auch Marcel Dettling stellt fest, dass viele Betriebe ihre Tränker gut betreuen. Wie überall gebe es schwarze Schafe, die es auszumerzen gelte. Doch ein Problem ist weit verbreitet: «Vor allem stellen wir leider immer wieder fest, dass es immer noch Geburtenbetriebe gibt, die den Kälbern zu wenig Milch geben. Eigentlich wahnsinnig in der heutigen Zeit mit dem heutigen Wissen», betont Dettling.
Wer für seine Tränker einen guten Preis will, dem rät Marcel Dettling, die Abkalbungen in den Sommer zu verlegen. Aktuell werde es wohl noch einige Wochen dauern, bis wieder Zug in den Tränkermarkt komme.
Zu wenig Zeit zur Betreuung
«Die Kälbermast ist von grösster Wichtigkeit für die Schweizer Milchwirtschaft. Leider ist das ganz vielen noch nicht bewusst», betont Dettling. Noch gebe es viele motivierte Kälbermäster im Verband. Diese würden Kälber mästen, solange sie dabei auch Geld verdienten. Der Betriebszweig sei zeitintensiv und die Kälber brauchten viel Betreuung. Entsprechend kritisch sieht Dettling darum auch die Wachstumsstrategie des Bundes. Würden die Betriebe grösser, fehle die nötige Zeit, um die Kälber zu betreuen.
Das sind die Alternativen zum Tränker
Während beim Kalbfleisch der Konsum eher rückläufig ist, erfreut sich Rindfleisch einer wachsenden Beliebtheit. Wer also seine Tränker nicht möglichst schnell aus den Augen und aus dem Sinn haben will, der hat Alternativen, die sich finanziell durchaus lohnen. Voraussetzung ist genügend Platz, ausreichend Futter und freie Arbeitskapazität.
Fresser sind gefragt
Tränker, die jetzt zu Tiefstpreisen verkauft werden müssen, wären in rund einem halben Jahr als Fresser sehr gefragt. Wer also Platz hat, seine Kälber mindestens 161 Tage auf dem Betrieb zu behalten und sie an Raufutter zu gewöhnen, der findet dann eine deutlich bessere Nachfrage. Geeignet sind insbesondere SF-Kälber beider Geschlechter. Für schöne Tiere der Kategorie JB werden auf den öffentlichen Märkten regelmässig deutliche Übersteigerungen erzielt, die Nachfrage ist gerade im Herbst sehr gut. Für fleischige Fresser werden rund 1800 Franken bezahlt. Benötigt werden bis dann rund 1500 Liter Milch und gutes Raufutter. Wichtig ist, dass die Tiere beim Verkauf gut fressen, und zwar nicht nur Heu, sondern auch Maiswürfel oder Silage.
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Halfterführige Mutterkühe
Für weibliche Tränker der Rasse Simmental oder Mastrassenkreuzungen bietet sich die Möglichkeit, daraus Mutterkühe zu machen. Auch diese Tiere – insbesondere wenn sie halfterführig sind – erfreuen sich einer guten Nachfrage. An den Nutzviehauktionen erzielen trächtige Mastrassenrinder regelmässig höhere Preise als Milchrassenrinder. Der Vorteil, diese Rinder sind leichtfuttriger und daher kostengünstiger in der Aufzucht als Milchrassen.
Am vergangenen Freitag erzielten die neun angebotenen Mutterkuhrinder im bernischen Schüpbach durchschnittlich 3533 Franken und waren damit 200 Franken teurer als die Kühe. Das teuerste Mutterkuhrind stammte aus dem Stall von Heinz Stucki, Röthenbach BE, und erzielte einen Preis von 3850 Franken. Stucki hat sich in den vergangenen Jahren auf die Aufzucht von Mutterkuhrindern spezialisiert und zeigt sich mit dem Betriebszweig zufrieden. Auch wenn es in diesen Wochen vielleicht etwas verhaltener laufe, in den vergangenen Jahren habe er im Schnitt immer gute Preise erzielt und die Tiere problemlos verkaufen können, zog er nach der Auktion Bilanz.
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