Eine Karte, mit der alle Schweizer einen Teil der benötigten Lebensmittel bezahlen können? Das Recht auf gesunde Nahrung als neue soziale Säule neben der AHV? Genau diese Idee hat am Dienstag das «Netzwerk für eine soziale Nahrungsmittelversicherung» vorgestellt. Hinter dem Projekt stehen laut Mitteilung «Bürgerinnen und Bürger aus allen sozialen Schichten».

Beteiligt ist unter anderem die bäuerliche Gewerkschaft Uniterre. «100 Persönlichkeiten lancieren einen nationalen Appell für diese neue Sozialversicherung», schreibt das Netzwerk.

Auf Karte einbezahlt

So stellt sich das Netzwerk die Soziale Ernährungsversicherung (SEV) vor: Zusammen mit der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), der Invalidenversicherung (IV), den Ergänzungsleistungen und der Mutterschaftsversicherung würde die SEV eine neue Säule des Schweizer Sozialversicherungssystems bilden.

Sie wäre obligatorisch und würde über Sozialversicherungsbeiträge finanziert. Diese würden zur Hälfte vom Arbeitgeber und zur Hälfte vom Arbeitnehmer gezahlt. Das Geld würde auf eine Karte einbezahlt, die jeden Monat bei den beauftragten Dienstleistern eingelöst werden könnte.

Nicht irgendwelche Produkte

Mit der Karte hätte man Zugang zu Geschäften mit vertraglich vereinbarten Produkten, und zwar für monatlich 80 Franken pro Erwachsenem und 40 Franken pro Kind. Für die Finanzierung wäre ein paritätischer Beitragssatz von rund 1,9 % nötig, d. h. 0,95 % für Arbeitnehmende.

Gemäss dem Netzwerk würde dieses System ein Drittel der Lebensmittelausgaben decken. Kantonale Kassen wären dafür zuständig, Produkte und die Orte der Verteilung zu präzisieren. Die vertraglich vereinbarten Produkte müssten soweit möglich aus einer «lokalen und vielfältigen bäuerlichen Landwirtschaft stammen». Kriterien wären:

  • Alle Produktionsschritte so lokal wie möglich
  • Saisonabhängig
  • Frische Produkte
  • Einhaltung der Tarifverträge in der Landwirtschaft
  • Kleinteilige Strukturen bevorzugt
  • Umweltfreundliche Produktion würde gefördert.

Ausgenommen wären:

  • Tiefkühlprodukte
  • Grossflächige Vertriebs­strukturen
  • Alkohol und Tabak

Frisch und lokal

Die SEV hätte das Ziel, der gesamten Bevölkerung Zugang zu frischen, ­lokalen, saisonalen und wenn möglich biologischen Produkten zu ermög­lichen, unabhängig von ihrem finanziellen Einkommen. Den Konsument(innen) stünde es frei, ihre Einkäufe mit anderen Produkten an anderen Orten zu ergänzen. Der ungenutzte Teil des Geldes könnte verwendet werden, um neue Landwirte oder Präventionskampagnen für nachhaltige und lokale Lebensmittel zu unterstützen oder Lebensmittelverschwendung zu reduzieren.

Die SEV würde darauf zielen, drei Parameter zu korrigieren:

  • Einkommensunterschiede: Damit die ärmsten Mitbürger(innen) Zugang zu guten Lebensmitteln hätten, die nicht ultraverarbeitet sind und zu viel Salz, Zucker und Zusatzstoffe enthalten.
  • Angemessene Entlöhnung der lokalen Landwirte: Aktuell steigen die Konsumentenpreise, während die Produzentenpreise sinken. Dies führe zu Einkommensverlusten für die Landwirte, bemängelt das Netzwerk. Die SEV würde es den Landwirten ­ermöglichen, «in Würde von ihrem Beruf zu leben und gleichzeitig näher an den Verbrauchern zu sein».
  • Weniger Abfall: Die SEV würde gemäss Netzwerk auch helfen, Lebensmittelverschwendung zu reduzieren.