Im ostasiatischen Raum dominiert die Sojabohne, in Afrika und anderen subtropischen Regionen ist es vor allem die Erdnuss. In Lateinamerika wird die Eiweissversorgung zum überwiegenden Teil durch Phaseolus-Bohnen gedeckt und im südamerikanischen Andenhochland trägt die Anden-Lupine "Tarwi" (Lupinus mutabilis) seit Jahrhunderten massgeblich zur Proteinversorgung bei. Auch in Europa hatten Erbsen, Bohnen und Linsen früher einen hohen Stellenwert in der Ernährung; heute gehören sie vor allem in den Mittelmeerländern noch zum Grundnahrungsangebot.
Während in vielen Entwicklungsländern Leguminosen die Nahrung der ärmeren Bevölkerung darstellt, erfahren Hülsenfrüchte durch die vegetarische, bzw. vegane Ernährung derzeit in Wohlstandsgesellschaften eine Renaissance. Allerdings stehen dabei vor allem Sojaprodukte im Vordergrund.
Eine interessante Beachtung ist die Tatsache, dass in Ländern, in denen die Menschen besonders alt werden, Leguminosen eine wichtige Rolle in der Ernährung spielen. Zum Beispiel in Japan (Soja, Tofu, Natto, Miso), Schweden (braune Bohnen, Erbsen) und rund ums Mittelmeer (Linsen, Kichererbsen, weisse Bohnen).
Das erstaunt nicht: Körnerleguminosen stellen eine fettarme Proteinquelle mit hohem Anteil an Ballaststoffen und niedrigem glykämischen Index dar. Die Ballaststoffe mit viel LDL-Cholesterin helfen den Blutcholesterinspiegel zu senken und den Blutzuckerspiegel zu kontrollieren. Sie sind deshalb für Menschen mit Diabetes oder mit Übergewicht ideal. Körnerleguminosen sind zudem reich an Mineralien wie Eisen, Kalium, Magnesium, Zink und sie enthalten viele B-Vitamine; einschliesslich Thiamin, Niacin und Folsäure.
Letztere hilft das Risiko von Spina bifida, einer Neuralrohrfehlbildung bei Säuglingen, zu verringern. Der hohe Eisengehalt macht Körnerleguminosen zu einem idealen Lebensmittel für menstruierende Frauen, aber auch für Kinder. Körnerleguminosen sind glutenfrei. Die in ihnen enthaltenen Phytoöstrogene sollen die Symptome der Meno-pause mildern und das Nachlassen des Gedächtnisses bremsen.
Vollwertige Nahrung
Tierische Eiweisse aus Eiern, Milch, Fleisch und Fisch sind in der Zusammensetzung dem menschlichen Eiweiss ähnlich, sie enthalten alle für den Menschen essentiellen Aminosäuren in nahezu ausreichender Menge. Tierische Eiweisse werden deshalb als "vollwertig" eingestuft d.h. ihre Biologische Wertigkeit wird mit hundert Prozent angegeben. Pflanzliche Eiweisse erreichen diesen Wert in aller Regel nicht. Zumindest nicht, wenn man sie alleine konsumiert. Die Eiweisswertigkeit kann jedoch erheblich erhöht werden, wenn man Hülsenfrüchte mit anderen Nahrungsmitteln kombiniert.
Isst man Bohnen mit Mais, dann wird dabei der niedrige Methioningehalt der Bohnen durch den Methionin-Überschuss im Maisprotein ausgeglichen, während gleichzeitig der zu geringe Lysingehalt im Maisprotein durch das im Bohneneiweiss reichlich vorhandene Lysin ergänzt wird. Diese Art von Proteinversorgung erfüllt dann vollumfänglich die ernährungsphysiologischen Anforderungen.
Wenn man Hülsenfrüchte mit Getreide kombiniert werden mehr Mineralien aufgenommen, als wenn man beide separat geniesst Denselben Effekt hat man, wenn man Hülsenfrüchte und Vitamin-C-reiche Lebensmittel gleichzeitig zu sich nimmt (wie z.B. Zitronensaft auf Linsen-Curry), dann ist das Eisen aus den Hülsenfrüchten wesentlich besser verfügbar. Den gegenteiligen Effekt erreicht man, wenn man Tee oder Kaffee zu Körnerleguminosen reicht. Für die Entwicklungsländer ist das ein wichtiger Aspekt. Für Veganer, vornehmlich aus Industrieländer, ebenfalls.
Gesund und giftig
Alles in allem sind Hülsenfrüchte also sehr gesund. Nur der Verzehr der rohen Samen ist in der Regel gesundheitsschädlich. Manche Hülsenfrüchte enthalten zudem spezielle Nicht-Eiweissverbindungen, die leicht giftig sind bzw. bei dauerndem Konsum zu chronischen Krankheiten führen können.
Lathyrismus ist z.B. eine Krankheit, die durch den Genuss von grösseren Mengen an Platterbsenmehl (Lathyrus odoratus) hervorgerufen wird. Manche Menschen leiden zudem genetisch bedingt unter Favismus, d.h. sie können Ackerbohnen (Vicia faba) nicht verdauen, weil ihnen ein Enzym fehlt. Das Risiko an Favismus zu leiden ist sehr gering, aber es kann zu tödlichen Reaktionen führen.
Nicht alle Inhaltsstoffe von Hülsenfrüchten sind zudem gesund: Das Linamarin in der Limabohne (Mondbohne, Phaseolus lunatus) setzt z.B. Blausäure frei. Sojasaponin ist ein starker Bitterstoff und das Lupinin in der Bitterlupine ist ein Alkaloid. Ausserdem enthalten Körnerleguminosen viele unverdauliche Stoffe und Anti-Nährstoffe.
Zu diesen antinutritiven Substanzen, die den Menschen nicht nähren, sondern andere Nährstoffe ganz oder teilweise unbrauchbar machen, gehören z.B. Phytinsäure, Saponine, Lektine oder auch Tannine. Auch das allergene Potenzial von Lupinen und Soja sollte beachtet werden. Lupinen können auch für Personen mit Heuschnupfen problematisch werden.
Viele Hinweise - wenig Beweise
Wie problematisch ist unklar. Ausser von Soja weiss man nämlich eher wenig über die ernährungsphysiologischen und biofunktionellen Wirkungen der einzelnen Hülsenfrüchte. Humanstudien in diesem Bereich sind rar und oft wurden diese mit sehr wenigen Probanden und über teils sehr kurze Zeiträume durchgeführt. Studien mit Kindern fehlen nahezu völlig.
Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass Hülsenfrüchte empfehlenswert sind und in Industriestaaten wieder vermehrt auf dem Speiseplan stehen sollten. Der in Tierstudien gezeigte günstige Effekt von Fettsäuren aus Ackerbohne, Erbse und Lupine auf die tierische intramuskuläre Fettsäurezusammensetzung dürfte sich auch beim Menschen günstig auswirken und so das Risiko für Erkrankungen der Herzkranzgefässe senken.
Es gibt auch erste Hinweise auf positive Wirkungen bei Parkinson und Demenz. Um dies zu belegen und die Frage zu klären, ob einheimische Körnerleguminosen als "Superfood" bzw. für funktionelle Lebensmittel in Frage kommen, wären allerdings noch einige umfangreiche Untersuchungen nötig.
Eveline Dudda, lid