Die Sonne strahlte am Mittwoch 6. April 2022 am Inforama Berner Oberland, Hondrich, mit den Absolventinnen des offenen Kurses um die Wette. Eine schwierige, zweijährige Ausbildungszeit liegt hinter den 19 Frauen, die zwischen 22 und 40 Jahren alt sind. Zwei Jahre lang haben sie neben Beruf, Familie und Hof den berufsbegleitenden Kurs an der Bäuerlich-hauswirtschaftlichen Fachschule in Hondrich besucht.

Die Welt so nehmen, wie sie grad ist

Dafür, dass die meisten daneben einem 80-Prozent-Pensum nachgingen, zollten die Gratulierenden grossen Respekt. Mehrfach wurde betont: «Wir sind stolz auf euch Frauen!» Die Pandemie hatte für einen verspäteten Ausbildungsstart im 2020 und zahlreiche, sich ändernde Massnahmen gesorgt. So konnte der Kurs erst im Juni statt im April 2020 gestartet werden. Die Standortleiterin Zita Thoma bekräftigte aber mehrmals das grosse Mass an Flexibilität der Kursteilnehmerinnen. Ganz besonders deutlich sei das bei der Einführung der 3G-Regel gewesen. Zita Thoma hatte am Montagnachmittag allen geschrieben, dass nun die 3G-Regel gelte und am Mittwoch um 9.30 Uhr sind alle mit einem gültigen Zertifikat angetreten, erzählte die Standortleiterin stolz. [IMG 2]

Es braucht mehr als rückwärts einen Anhänger parkieren zu können

Für kurze Irritation und dann Gelächter sorgte Tobias Furrer, Leiter der Höheren Berufsbildung, während seiner Rede. Er zeigte sich überzeugt, dass das in der Ausbildung Gelernte den Frauen tagtäglich helfen werde, die Arbeiten einer Bäuerin zeiteffizient und fachlich korrekt zu erledigen. « Das Resulat - egal ob sichtbar im Früchtekuchen, den prächtigen Geranien oder den munteren Legehennen im Stall- wird garantiert besser ausfallen, als wenn frau da ohne Abschluss etwas probieren würde», meinte er. «Aber halt, was sage ich da? Auf was reduziere ich euch fleissigen Personen», fragte er in die Runde. «Auf Kuchen, Blumen, Kleintiere, Haushalt und Hund - das kann es doch nicht sein», löste er die Irritation selbst auf. [IMG 3]

Denn für Tobias Furrer ist klar, dass Erfolg in einem starken Haus und Hof-Gespann vor allem da möglich ist, wo beide Partner nicht nur Mitläufer in einem Teilbereich des Betriebes sind, sondern Mit-Entscheiderinnen, Arbeits-Partnerinnen und Mitverantwortungsträgerinnen. «Ihr Frauen bringt enorm hohes Potenzialfür den Landwirtschaftsbetrieb mit. Dies ebenbürtig den ausgebildeten Landwirten», machte Furrer deutlich. «Oder glaubt ihr, dass erfolgreiche Landwirtschaft nur am rückwärts Einparkieren von einem Anhänger zu messen ist, oder am Kubikmeter-Output der Holspaltmaschine?» fragte er und erntete dafür einige Lacher. Nein, es braucht auch Ideenreichtum, Durchhaltewillen, gfachliches Knowhow, Unternehmergeist, Personen- und Marktkenntnisse, kaufmännische Fähigkeiten und vieles mehr. Und all das können sowohl Männer wie auch Frauen in den Betrieb mitbringen. 

Engagement in der Öffentlichkeit

Vom Verband Bernischer Landfrauenvereine (VBL) überbrachte Eva Flückiger Glückwünsche. Sie weiss, dass die Absolventinnen mit dem Offenen Kurs ein Netzwerk auch für die Zukunft entwickelt haben. Sie hofft, dass sich einige der Frauen früher oder später in irgendeiner Form in der Öffentlichkeitsarbeit engagieren. Und Gabi Schürch, Vizepräsidentin des Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverbands sowie Schulratsmitglied riet den Absolventinnen: «Gönnt euch auch immer wieder mal eine kürzere oder längere Auszeit!» 

Allem Schwierigen etwas Positives abgewinnen

«Das Leben bringt viele Umwege mit sich. Die Kunst besteht darin, dabei die Landschaft zu bewundern.» Dieser Spruch zierte die Einladung zur Feier. Diese Kunst haben die Absolventinnen vielfältig gelebt. Und waren die Umstände auch noch so karg, sei es den Teilnehmerinnen gelungen, die neue oder andere Landschaft zu bewundern, Entdeckungen zu machen, gwundrig zu bleiben und im Neuen und Überraschenden Qualitäten zu sehen.  Zita Thoma hofft, dass diese Kunst die Frauen ein Leben lang begleiten möge.

Die Absolventinnen des Offenen Kurses 20/22
 

Das sind die Absolventinnen: Anita Bühler, Horrenbach; Tamara Bühler, Burgistein; Corinne Eichenberger, Arni BE; Christine Fankhauser, Linden; Anita Gerber, Trub; Manuela Hari, Adelboden; Petra Hess, Zäziwil; Stefanie Kammermann, Lützelflüh-Goldbach; Barbara Lehmann, Walkringen; Laura Neuenschwander, Schangnau; Nicole Nussbaum, Oberbalm; Regula Scheuner, Süderen; Rahel Schori, Thun; Ania Steiner, Belp; Sandra Stucki, Horboden; Nicole Theiler, Höfen, b. Thun; Selina Thierstein, Röthenbach im Emmental; Manuela Wenger, Heiligenschwendi; Seila Wieland, Aarberg.