Die Interprofession Zucker will es nochmals wissen – und das Parlament offensichtlich auch: Der Schweizer Zuckerproduktion soll finanziell noch stärker unter die Arme gegriffen werden, um die Anbaubedingungen für Zuckerrübenproduzenten und -produzentinnen attraktiver zu machen. Das haben National- und Ständerat in der Herbstsession beschlossen.
Der Grundpreis steigt
Die Interprofession, die sich aus vier Vertretern der Schweizer Zucker AG und sechs Vertretern des Schweizerischen Verbandes der Zuckerrübenpflanzer zusammensetzt, konnte die Branchenvereinbarung diesen Herbst später aushandeln als üblich. Dies, weil sich die Debatte im Parlament verzögert hatte. Nun kann die Interprofession den Zuckerrübenproduzenten jedoch erfreuliche Nachrichten unterbreiten. Dank den positiven Entwicklungen auf dem internationalen Zuckermarkt hat sie somit entschieden, den Grund- und Richtpreis deutlich zu erhöhen.
Versorgung sicherstellen
Damit soll die Anbaubereitschaft trotz zahlreichen Herausforderungen erhöht und die gewünschte Versorgungssicherheit mit nachhaltig produziertem Schweizer Zucker sichergestellt werden, heisst es in der Mitteilung.
Zu den weiteren Anreizen gehören:
- Festhaltung des Mindestgrenzschutzes von 7 Franken pro 100 kg Zucker im Landwirtschaftsgesetz.
- Festhaltung des Einzelkulturbeitrages von 2100 Franken pro Hektare, befristet bis 2026 im Landwirtschafts-gesetz.
- Förderung von ökologischen Anbauformen wie Bio und IP-Suisse mit zusätzlichen 200 Franken pro Hektare.
- Steigerung des Grund- und Richtpreises um 5 Franken auf 45 respektive 50 Franken pro Tonne Zuckerrüben.
- Erhöhung der Zuckergehaltszahlung bei Gehalten über 16 Prozent.
- Abzüge für Ausbeuten unter 85,5 Prozent werden reduziert.
- Entlastung der Produzent-(innen) von den Transportkosten bei Fremdbesatz über 10 Prozent.
- Halbierung der Abzüge bei Fremdbesatz über 12 Prozent.
- Erhöhung des Biozuckerrüben-Richtpreises auf158 Franken pro Tonne. Darin enthalten ist eine bis mindestens 2024 zugesicherte Labelprämie von 30 Franken.
Die Liste der neuen Vorzüge für die Zuckerrübenproduzentinnen ist lang. Und dafür hat die Branche auch lange gekämpft. «Mit diesen Massnahmen erhält die Branche die nötige Planungssicherheit, um sich in einem schwierigen Marktumfeld ökologisch und wirtschaftlich weiterzuentwickeln», schreibt die Interprofession in der Mitteilung.
Ziel sind 20 000 Hektaren
Ziel der Interprofession ist es,die Anbaufläche von aktuell 16 500 Hektaren auf 20 000 Hektaren zu erhöhen. Gesucht sind Produktionsflächen in allen Produktionsstandards von ÖLN über IP-Suisse bis Bio. Die Produzenten sind aufgerufen, die Anbauverträge in den nächsten Wochen zu unterzeichnen. Die Branche vermeldet in der Mitteilung auch, die im Jahr 2021 zugelassenen Pflanzenschutzmittel gegen die virusübertragende Blattlaus neu zu beantragen.
Rübenrichtpreise (konventionell) gemäss BV
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Die Preise sind gemäss der Branchenvereinbarung (BV) festgelegt. (Quelle Interprofession Zucker)
«Die Stützung ist gerechtfertigt»
Irene Vonlanthen, Geschäftsführerin Schweizerischer Verband der Zuckerrübenpflanzer SVZ im Interview:
[IMG 3]Die Verhandlungen sind für die Produzenten ein Erfolg. Doch bei all diesen Vorzügen fragen sich einige Vertreter aus der Lebensmittelindustrie oder auch vereinzelte Parlamentarier womöglich, warum man trotz den zunehmend erschwerten Anbaubedingungen (Klima, Schädlinge, Krankheitsdruck, Bodenverdichtung)so viel Geld in die Zuckerproduktion steckt. Was entgegnet die Branche?
Irene Vonlanthen: Der Blickwinkel ist entscheidend. Für eine Mehrheit des Parlaments ist die Zuckerproduktion nicht umstritten. Das Gegenteil ist der Fall. Denn mit den Massnahmen soll eben auch der Selbstversorgungsgrad von aktuell knapp 70 Prozent erhalten bleiben. Tatsache ist, dass Zucker in sehr vielen Rezepten eine unersetzbare Zutat ist und deshalb ein wichtiger Rohstoff für die Lebensmittelindustrie bleiben wird. Diesen in der Schweiz zu produzieren und damit die Abhängigkeit vom Ausland zu minimieren, rechtfertigt die massvolle Unterstützung seitens des Bundes.
Sind die Erhöhung des Mindestgrenzschutzes, Prämien sowie Grund- und Richtpreise denn eine nachhaltige Option, um die Schweizer Zuckerproduktion zu sichern, oder sind diese Massnahmen eher als eine Übergangslösung vorgesehen?
Zur langfristigen Erhaltung der Schweizer Zuckerproduktion braucht es sicher auch die nötigen Fortschritte bei den Sorten, weitere Effizienzsteigerungen entlang der ganzen Wertschöpfungskette und auch ein Bekenntnis der Konsumenten und der verarbeitenden Lebensmittelindustrie zu nachhaltig produziertem Schweizer Zucker. Eine Erhöhung des Preisniveaus ist zwingend nötig, um die sinkende Anbaufläche zu stabilisieren. Denn ohne Rübenanbau überlebt auch die Zuckerproduktion nicht. So helfen die beschlossenen Massnahmen auch, dass die Landwirte in der Zuckerrübe wieder eine lohnenswerte Frucht erkennen. Die Grund- und Richtpreise sowie die Übernahmebedingungen werden jährlich in der Interprofession aufgrund der Marktlage ausgehandelt. Wir hoffen sehr, dass die Talsohle nun durchschritten ist und wir zukünftig das Preisniveau halten können.