«Ich komme gleich, ich muss noch in der Käserei Bescheid geben, dass wir morgen nicht mehr käsen», sagt Hanspeter von Allmen und huscht davon. «Jedes Kilo, das wir überkäsen, kommt uns jetzt teuer zu stehen», erklärt Peter Harri, ­Präsident der Käsereigenossenschaft Riggisberg. Lediglich 35 Prozent der Referenzmenge dürfen in den Emmentaler-Käsereien aktuell gekäst werden. Da nicht jeder Käse gleich Gewicht verliert in der Reifung, gilt es kein Risiko einzugehen und genau zu rechnen. Doch es sind nicht nur die letzten Käse für heuer, die heute hergestellt wurden, es sind die letzten Käse für immer. Die Käserei Riggisberg schliesst Ende Jahr ihre Tore.

Marktlage macht nicht Mut

Noch liefern 23 Produzenten 3,5 Mio Kilo Käsemilch ab. Als im Jahr 2018 die Käserei Lohnstorf geschlossen wurde, lieferten die verbliebenen Käsemilchproduzenten gemeinsam mit den Riggisbergern noch insgesamt 4,5 Mio Kilo. Der Strukturwandel liess die Milchmenge schwinden. Heute ist es bei einer Verkäsungsquote von 35 Prozent zu viel zum Sterben und zu wenig zum Leben. «Vielleicht hätten wir uns noch ein halbes Jahr durchkämpfen können, aber vielleicht hätten wir dann die Löhne nicht mehr bezahlen können. Jetzt konnten wir noch für alle eine gute Lösung suchen, für die Milchproduzenten, für die Angestellten und für das Gebäude», erklärt Peter Harri. Vor einem Jahr setzte die Genossenschaft Hanspeter von Allmen als externen Geschäftsführer ein. Zu gross waren die Probleme geworden, als dass sie der Vorstand allein hätte lösen können. Doch bald stand fest, eine Rettung wäre wirtschaftlich unvernünftig. Die Situation auf dem Emmentaler-Markt machte wenig Mut. So wurde in zwei ausserordentlichen Generalversammlungen kurz und schmerzhaft die Schliessung der Käserei beschlossen.

Viel Käse verloren

Was emotional kein einfacher Entscheid war, nahm den Entscheidungsträgern viel Last von den Schultern. Gestiegene Energiekosten, ineffiziente Arbeitsabläufe, hohe Lohnkosten auf den Spezialitätenprodukten, eine teure Logistik, reparaturbedürftige Anlagen und riesige Qualitätsprobleme hatten die Kräfte zermürbt. Eine halbe Jahresproduktion Käse musste grösstenteils entsorgt werden. Mit dem verantwortlichen Betriebsleiter ist die Genossenschaft am Prozedieren. Rund eine halbe Million Franken Schaden musste sie allein wegen des unverkäuflichen Käses verkraften. Zwar konnte nach der fristlosen Entlassung des Betriebsleiters unter Hanspeter von Allmen die Qualität wieder erreicht werden. Um dies und die nötigen Reparaturen zu finanzieren, blieb für die Milchproduzenten jedoch noch ein Milchpreis von 62 Rappen übrig. Können lediglich 35 Prozent der Käsemenge produziert werden, fehlt es an allen Enden. Grosse Summen Verkäsungszulage fielen weg, es brauchte zusätzliche Arbeitskräfte in der Spezialitätenherstellung, Sirtenrahm und Schotte konnten nicht verkauft werden, weil nicht gekäst wurde. Einige Milchproduzenten stiegen bereits aus, andere waren auf dem Absprung. Wollte man für die gesamte Milch eine Lösung finden, musste man letztlich rasch handeln.

Rüsten für die Zukunft

Der Käse, der bisher in Riggisberg entstand, wird nun ab dem ersten Januar in der Käserei im emmentalischen Gohl hergestellt. Auch dort ist die Auslastung der Anlagen mit nur 35 Prozent Verkäsungsquote schlecht. So ist die zusätzliche Käsemenge aus Riggisberg dort herzlich willkommen. Neu übernimmt auch ein Partner der Gohl AG den Transport der Milch. Dies ist in Riggisberg willkommen, denn die eigene Logistik ist in die Jahre gekommen. Die Hofabfuhr im weitläufigen und hügeligen Gebiet hat beim Lastwagen seinen Tribut gefordert.

Nicht nur für die Milch ist die Zukunft geregelt. Auch die Angestellten haben bereits fast alle eine Anschlusslösung. Peter Harri und Hanspeter von Allmen haben es sich zur Aufgabe gemacht, auch für deren Zukunft zu sorgen. «Wir hatten ein sehr gutes, motiviertes Team, das mit uns auch in schweren Zeiten am Karren zog», so von Allmen.

Vom Chäser übernimmt

Der Laden der Käserei wurde in wenigen Tagen durch die Käsehandelsfirma Vom Chäser mit Sitz in Worb übernommen. Fast ist es zu spüren, das Aufatmen, das durch die Käserei geht. Dennoch, alle Sorgen sind nicht weg. Sprechen Harri und von Allmen über die Zukunft des Emmentalers, haben sie Sorgenfalten. Die Käserei ist aus dem Schneider, die Sorte nicht. Nicht nur die ­Käsereien müssten einen mutigen Schritt in eine bessere Zukunft machen, sondern auch die Sortenorganisation, sind sie überzeugt.