Von oben ähneln die Flächen von SlowGrow eher einem Schrebergarten als Gemüsefeldern. Zwischen langen Beeten liegen mit Golfrasen begrünte Fahrspuren und der Boden rund um die Sellerieknollen ist mit Mulch bedeckt. «Wir wollen das beste aus der Permakultur, der Regenerativen Landwirtschaft, Bio und neuen Ansätzen zusammenbauen», erklärt Matthias Hollenstein im Video-Porträt der Klima-Allianz. Er führt zusammen mit Samuel Bähler und der Unterstützung von Petrissa Eckle den 20-Hektaren-Betrieb in Mönchaltorf ZH. Ihr unkonventionelles Vorgehen hat die 7-köpfige Fachjury des Prix Climat überzeugt, der in diesem Jahr erstmals vergeben worden ist.
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Skalierbare neue Methoden
Seit acht Jahren wird bei SlowGrow experimentiert, und zwar auf einer eigens dafür reservierten Fläche, dem «Hoflabor». Bevor neue Methoden grossflächig zum Einsatz kommen, werden sie dort getestet und weiterentwickelt. Den Mulch für die Gemüsebeete gewinnen Matthias Hollenstein und Samuel Bähler ebenfalls auf separaten Parzellen, um ihn dann zwischen den Pflanzen zu verteilen. Der Boden sei hier bis in 20 cm Tiefe schön krümelig, Hollenstein spricht von «Gartenerde mitten auf dem Feld». Das Ziel der Betriebsleitenden sind nicht nur gute Erträge ohne Pflanzenschutzmittel und Dünger von aussen, sondern ebenso skalierbare Methoden, die auch auf anderen Höfen funktionieren.
Mit GPS ins Mosaik
Zwischen dem Gemüse blüht es kräftig – bei SlowGrow sollen Produktion und Biodiversitätsförderung an derselben Stelle verwirklicht werden. Um die fixen Fahrspuren zu halten und einfacher zwischen den Beeten im Mosaik zu manövrieren, hilft GPS im Traktor.
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SlowGrow ist auch ein Projekt der solidarischen Landwirtschaft (Solawi) und baut neben Gemüse unter anderem Getreide an. Dem Grundsatz maximaler Vielfalt folgend, wächst so auch mal eine Backmischung quasi fertig gemischt heran. Sämtliche Produkte werden direkt vermarktet.
Grosses Potential für Kohlenstoffspeicherung
Die Jury der Klima-Allianz, der Vertreter(innen) des Schweizer Bauernverbands und des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) angehören, betont das grosse CO2-Speicherpotential bei der Verbindung von Biodiversität und Produktion. Für Matthias Hollenstein ist die Auszeichnung mit einem symbolischen Preisgeld von insgesamt 1’000 Franken plus Hofplakette für alle Finalisten eine «Bestätigung, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden.» Für die Verantwortlichen des Prix Climat sind sowieso alle sechs Finalist(innen) Gewinner: Sie würden zeigen, dass eine klimafreundliche Landwirtschaft heute schon möglich und finanziell lohnend ist. Ihnen und ihrer wegweisenden Arbeit habe man ein Schaufenster geben wollen.
Matthias Hollenstein wünscht sich, dass sich mehr Bauern zutrauen, eigene Lösungen zu finden. «Sie haben es in sich», ist der Zürcher überzeugt.
Publikumspreis geht nach Luzern
Bei der Online-Abstimmung zum Publikumspreis gewann der Betrieb Herbstzeitlose aus Root (LU) und bekommt damit zusätzlich 500 Franken. Marlen und Stephan Koch-Mathis halten dort eine kleine Herde Rätisches Grauvieh, alles alte Mutterkühe, die eigentlich geschlachtet werden sollten. Die Tiere hätten sich aber erholt und z. T. schon das dritte Kalb geboren, schildern sie im Video-Porträt. Koch-Mathis’ wollen zum differenzierten Nachdenken über den Fleischkonsum anregen. Ihr kleiner Betrieb sichert ihnen dank Tierpatenschaften für die Kälber eine Existenz, ausserdem geben sie Nose-to-Tail-Grillkurse. Die lange Nutzungsdauer, die Haltung ohne Kraftfutter und in für den Ackerbau nicht nutzbaren Steillagen verbessern die Öko-Bilanz ihres Kalbfleischs. «Wir möchten möglichst viele Menschen bewegen», erklärt Marlen Koch-Mathis. Mit dem Gewinn des Prix-Climat-Publikumspreises scheint das gelungen zu sein.
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«Ein voller Erfolg»
Die erste Ausgabe des Prix Climat sei ein voller Erfolg gewesen, freut sich Co-Projektleiter Loïc Schwab. Bei der Abstimmung zum Publikumspreis hätten sich über 6'500 Personen beteiligt und die Videos erreichten mehr als 150'000 Leute.