Direktvermarktung ist vielfältig: Der Hofladen direkt auf dem Betrieb, ein Automat, das regionale «Lädeli» im Dorf oder der Wochenmarkt in der Stadt. Mittlerweile gibt es auch viele Betriebe, die Heimlieferangebote anbieten: Als Gemüse-, Obst- oder gemischtes Abo. So gelangen Gemüse und Früchte vom Anbaubetrieb oder vom Gemüse- und Obsthändler direkt zur Endverbraucherin oder zum Endverbraucher. Jüngst hat die anhaltende Coronaviruspandemie diesen Heimlieferservice noch verstärkt und anbietende Betriebe verzeichneten besonders letztes Jahr grossen Zuwachs bei ihren Gemüse- oder Obstabos.
Mengenbeschaffung
Und die Gemüseabo-Kundinnen und -Kunden wollten auch dieses Jahr versorgt sein. Aufgrund der ausserordentlichen Wettervorkommnisse diesen Sommer war das Gemüsesortiment aus Schweizer Produktion aber teilweise stark eingeschränkt und nicht so üppig wie sonst. Über das ganze Gemüsesortiment hätten im Hochsommer 10 bis 20 Prozent der üblichen Mengen gefehlt, schätzte Markus Waber, stellvertretender Direktor des Verbands der Schweizer Gemüseproduzenten, Anfang Oktober. Zum Teil mussten die Gemüselücken sogar mit Importen gefüllt werden. Eine Zeit, die auch die Aboanbieter forderte: «Es war tatsächlich nicht immer einfach, die Mengen und die Qualität wie gewohnt zu bekommen», erklärt Gemüsehändler Dominik Eggli von «Eggli Gemüse & Früchte» aus Bargen im Berner Seeland. Besonders bei Freilandprodukten wie Blumenkohl oder Broccoli sei die Situation zum Teil extrem angespannt gewesen – Gemüsesorten, die ausserdem sehr beliebt seien, was die Problematik nicht unbedingt entschärft habe.
Eigenes Gemüse
Gemüseproduzent Heinz Höneisen hingegen hatte weniger Probleme mit der verfügbaren Menge und dies trotz einem Totalausfall von Kulturen auf rund 15 Hektaren. Er baut das Gemüse für die angebotenen Abos auf seinem Betrieb Thurlandbio im zürcherischen Andelfingen im Gegensatz zu Dominik Eggli selber an und ist entsprechend unabhängiger. «Wir haben einen relativ grossen Gemüseanbau und hatten so genug Ware, um unsere Gemüseabos zu befüllen», erläutert er. Zufällig hätten sie dieses Jahr auch einen signifikanten Mehranbau gemacht und als verschiedene Kulturen wie Kartoffeln im Regen abgestorben und verfault seien, hätten sie während des schlechten Sommers gleichwohl gerade genug Menge ernten können. Und wenn es trotzdem knapp geworden sei, dann hätten einfach die Grossverteiler weniger bekommen.
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Schwieriger Saisonstart
Auch Urs Gaupp von der Gärtnerei Gaupp AG im bündnerischen Untervaz baut die Produkte für seine Gemüseabos vollumfänglich selber an und auch er hatte im Sommer keine Probleme die Abos zusammenzustellen – weil er im Gegensatz zu Dominik Eggli und Heinz Höneisen auch nicht gross von den schlechten Wetterbedingungen im Sommer betroffen war. «Im Churer Rheintal haben wir einen sehr sandigen und leichten Boden, der sehr viel Wasser durchlässt», erklärt er. Im Sommer sei die Region darum auch nicht von der Problematik betroffen gewesen, dass die Kulturen ertrunken seien. Der lange und kalte Frühling sei hingegen viel schlimmer gewesen. Anfang Mai, als die Saison losging, habe er Probleme gehabt, genug Ware zu produzieren, um die Abos zu befüllen: «Die Gemüsekisten mussten gerüstet sein, die Kohlräbli waren aber erst so gross wie Fünfliber», illustriert Urs Gaupp die Situation.
Kleineres Angebot
Neben ausreichender Mengenbeschaffung habe es auch einiges an Koordination verlangt, ein attraktives und vielfältiges Angebot zusammenzustellen, meint Dominik Eggli zur Situation im Berner Seeland. Genug Vielfalt zu bieten, sei diesen Sommer darum schon eine Herausforderung gewesen, denn die Kunden wollten ja nicht jede Woche dasselbe. «Wir haben jeweils bei unseren Produzenten immer zuerst nachgefragt, ob sie je nach Gemüse überhaupt genug hatten, damit wir auf unserer Seite alle Abos befüllen konnten», erklärt er. Wenn dies nicht der Fall gewesen sei, hätten sie das Produkt aus dem Abosortiment streichen und auf ein anderes Produkt ausweichen müssen. «So gab es vielleicht ein bisschen weniger Abwechslung in diesem Sommer als sonst.»
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Teureres Gemüse
Die grösste Herausforderung diesen Sommer war für Dominik Eggli aber der Preis: «Das Gemüse war dieses Jahr fast doppelt so teuer wie letztes Jahr und da unsere Abos einen fixen Preis haben, konnten wir unsere Abokörbe nicht mit der gleichen Menge befüllen wie üblich.» Einigen Kundinnen und Kunden sei dies aufgefallen, da sie sich für ihr jeweiliges Abo eine gewisse Menge gewohnt seien. Die Kundschaft habe aber sehr viel Verständnis und Akzeptanz gezeigt und begriffen, dass bedingt durch die schlechte Produktion auch der Preis gestiegen sei und entsprechend die Körbe etwas kleiner ausfielen. «Zum Teil haben unsere Kunden auf ein grösseres Abo gewechselt, um die Menge auszugleichen», meint Dominik Eggli.
Die teureren Gemüsepreise hätten auch für seine Kundinnen und Kunden kein Problem dargestellt, erklärt Heinz Höneisen: «Es gab keine Rückmeldungen, dass Abonnentinnen und Abonnenten ausgestiegen sind, weil ihnen das Gemüse dieses Jahr zu teuer war.» Bei kleinen Detailhändlern und Dorfläden, die sie belieferten, sei diese Problematik hingegen schon aufgekommen. Ein Kilo Biokohl für neun Franken habe bei den Kleindetaillisten für Rückmeldungen gesorgt.
Regionale Unterschiede
In Bezug auf die Qualität des Gemüses sei es wiederum andersherum gewesen, erzählt Heinz Höneisen weiter. Interessanterweise seien die Detaillisten und Grossverteiler in dieser Hinsicht kulanter gewesen und hätten Ware etwas ausserhalb der Norm gut akzeptiert. Die privaten Gemüseabokundinnen und -kunden verlangten hingegen beispielsweise grössere Kartoffeln, die er schlichtweg nicht habe bieten können. «Und leider ist in dieser Hinsicht ja auch keine Änderung in Sicht – die Kartoffeln und auch die Zwiebeln werden im Lager nicht mehr grösser», meint Heinz Höneisen abschliessend.
Etwas pragmatischer geht es in dieser Hinsicht Urs Gaupp an: Wer reklamiere, soll halt das Abo künden, ist seine Devise. «Wenn man ein Gemüseabo will, muss man sich auch ein bisschen dem System anpassen und nehmen, was man bekommt», meint er. Wer dies nicht könne, sei für ihn sowieso der falsche Kunde. Reklamationen in dieser Hinsicht seien zum Glück aber selten. Auch dieses Jahr habe es in Bezug auf die Qualität nicht mehr Reklamationen gegeben als in anderen Jahren. Auf 150 Gemüseabos gebe es im Schnitt rund ein bis zwei Reklamationen. Grundsätzlich beobachte er aber sowieso, dass die Kundinnen und Kunden immer weniger wegen nicht ganz der Norm entsprechendem Gemüse reklamierten. «Wenn die Software für das Verwalten der Gemüseabos spinnt, gibt es viel eher und viel häufiger Reklamationen», meint er schmunzelnd.