Maja Grunder kämpft im Kanton Thurgau an vorderster Front gegen die Trinkwasser-Initiative (TWI) und die Pestizidverbots-Initiative – und dies nicht erst, seit sie vor einem Jahr mit Daniel Vetterli das Co-Präsidium des Verbands Thurgauer Landwirtschaft (VTL) übernahm. Im Thurgau macht sich unter «DeinEssen.ch» ein breitabgestütztes Komitee für die gesicherte Produktion von Schweizer Nahrungsmitteln und gegen die Pflanzenschutz-Initiativen stark. «Wenn wir nicht mit den Leuten reden und uns der Diskussion stellen, wer dann?», fragt Grunder rhetorisch.
Flyer verteilen und Gespräche führen
Wobei, das «Mit den Leuten reden» ist im Moment nicht einfach. Nebst ihrem Engagement im Thurgauer Komitee gibt Maja Grunder auf ihrem Betrieb, zu dem eine Müllerei gehört, den Kunden im Hofladen den SBV-Flyer gegen die Initiativen mit. Zusammen mit anderen Bauernfamilien schaffte sie es, dass in Neunforn ein Flugblatt in allen Haushalten verteilt wird.
«Die Gespräche zeigen, dass viele Konsumenten inzwischen sehr weit weg sind von der Landwirtschaft, selbst im Thurgau, wo wir – so mein Gefühl –, eine recht enge Bindung zwischen Bevölkerung und Landwirtschaft haben.» Grunder lenkt das Gespräch dann oft auf die Importe, «das betrifft nun wirklich alle».
Die gleichen Argumente wie vor 2,5 Jahren
Mit der TWI setzt sie sich schon lange auseinander. Vor 2,5 Jahren fand ein Treffen des VTL – Maja Grunder war Vorstandsmitglied –, mit der Initiantin Franziska Herren statt. Die Pestizidverbots-Initiative war damals noch kein Thema. «Frau Herren präsentierte dieselben, ideologischen Argumente wie heute», erinnert sich Grunder. «Dabei haben die Bäuerinnen und Bauern in dieser Zeit viel gemacht und erreicht.»
Dass Corona den Alltag derzeit so dominiert, sei für die Abstimmung über die Pflanzenschutz-Initiativen vielleicht gar nicht so schlecht, meint sie. «Corona bzw. das Thema Impfen bietet auch einen Steilpass für unsere Argumentation. Die Leute lassen sich vorsorglich impfen, warum sollen wir Bauern unsere Kulturen nicht auch vorsorglich gegen Krankheiten schützen dürfen?»
Grunders haben keine Existenzängste
Maja und Bruno Grunder produzieren kein IP-Suisse-Getreide. Grunder erklärt: «Wir wollen die Möglichkeit haben, Fungizide einzusetzen, wenn es die Situation erfordert.» Eine Annahme der Initiativen hätte für den Betrieb von Familie Grunder zur Folge, dass sie noch mehr extensivieren würden.
An der Milchviehhaltung würde sich kaum etwas ändern, sagt Grunder, da die Kühe schon heute keine Hochleistungstiere seien. Nebst dem eigenen Grundfutter werden die Nebenprodukte aus der Müllerei verfüttert, weshalb der Kraftfutteranteil mit 1 kg pro Tier und Tag schon heute gering ist.
«Wir würden sicher überleben», sagt Grunder. Aller Voraussicht nach böte der Betrieb auch für die nächste Generation eine gesicherte Zukunft. Tochter Sabrina (24) hat Müllerin gelernt und arbeitet voll auf dem Betrieb mit. Ihr Lebenspartner hat in Zweitausbildung Landwirt gelernt und arbeitet auf einem Landwirtschaftsbetrieb in der Umgebung. Grunders zweite Tochter, Daria (22), arbeitet auf einer Gemeindekanzlei, in Notfällen springt aber auch sie auf dem Betrieb ein. «Melken lernen mussten beide», sagt die Mutter lachend.
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Sorge um die Verarbeitungsbetriebe
Sorgen macht sich Maja Grunder um die vor- und nachgelagerten Betriebe. «In unserem Fall wäre es schwierig, wenn wir unsere Müllerei-Nebenprodukte nicht mehr an andere Betriebe verkaufen könnten.» Beim Mahlen von Getreide fallen 20 bis 30 Prozent Grüsch (Kleie) an, die als Tierfutter verwendet werden. Bei einer Annahme der TWI müsste dieses in der Biogasanlage entsorgt werden. «Das ist Food Waste auf Tiernahrung», empört sie sich. Für die Müllereien in der Schweiz wäre es laut Grunder ein noch grösseres Problem. «Natürlich für ganz viele verarbeitende Betriebe wie Mostereien, Schokoladenproduktion, Ölproduktion, Bierbrauereien usw.», fügt sie an.
Würden die Initiativen angenommen, so ginge sehr viel Know-how verloren, befürchtet die Bäuerin. Viele Verarbeitungsbetriebe müssten aufhören, auch grosse wie die Zuckerfabrik Frauenfeld. Damit gingen auch viele Arbeitsplätze verloren. «Bei der Pestizidverbots-Initiative ist meine Angst, dass wir ein Bioland Schweiz hätten. Bei den Importen wäre der Standard nicht einhaltbar, weil die Mengen an pestizidfreien Produkten nicht verfügbar sind oder WTO-Richtlinien verletzt würden», hält die 49-Jährige fest.
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«Mehr Vertrauen wäre schön»
Und wie geht sie mit dem permanenten Druck auf die Landwirtschaft um? «Manchmal beschäftigt es mich mehr, manchmal weniger», sagt Maja Grunder. Zermürbend sei das ständige Rechtfertigen für das, was man tue und die ganze Kontrolliererei. «Andere Branchen haben auch viele Kontrollen, aber etwas mehr Vertrauen in unsere Arbeit wäre schön», findet sie.
Im Hinblick auf den 13. Juni ist die VTL-Co-Präsidentin überzeugt, dass es im Kanton Thurgau ein Nein zu beiden Initiativen geben wird. «Ich bin eine Optimistin und glaube fest daran, dass wir das Stände-Nein bei Trinkwasser- und Pestizidverbots-Initiative schaffen werden.»
Betriebsspiegel Entenschiess
Name: Maja und Bruno Grunder
Ort: Oberneunforn (Thurgau)
LN: 25 ha
Kulturen: Weizen, Mais, Kunstwiese
Viehbestand: 22 Milchkühe (180'000 l Milch/Jahr)
Weitere Betriebszweige: Hofladen, Müllerei, Mahlen im Lohn, Mahlen von Spezialitäten (Sorghum, Buchweizen, Biogetreide)
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