Bis vor kurzem standen bei Joe und Silvia Hausheer im zugerischen Hagendorn gleich sieben 100 000er Kühe im Stall. Ein solcher Zuchterfolg ist nicht nur grandios, sondern kam wahrscheinlich noch gar nie vor. Die aussergewöhnlichen Tiere heissen Milena (124 359 kg Lebensleistung LL), Parko Alia (119 836 kg LL), Eagle Undine (115 415 kg LL), Pixton Bea (107 038 kg LL), Tau Annina (106 257 kg LL), Pijt Andrea (101 210 kg LL) und Peter Berta (100 388 kg LL). Ihr Durchschnittsalter beträgt laut Braunvieh Schweiz 13,2 Jahre; die durchschnittliche Standardlaktation der sieben Kühe liegt bei 10 024 kg Milch. 21 weitere Kühe in der Herde von Hausheers haben aktuell die 50 000er Marke auch schon überschritten, drei davon die 80 000er Grenze.
Melkroboter im Einsatz
Hinter dieser Erfolgsgeschichte stehen Joe und Silvia Hausheer. Schon in der achten Generation – seit 205 Jahren – bewirtschaftet die Familie den 50 ha grossen Pachtbetrieb in Hagendorn. Im Laufstall stehen 60 Kühe, gemolken wird mit einem Melkroboter. Die Konsummilch wird an die Mooh geliefert. Damit eine solche Leistung möglich ist, braucht es nicht nur Glück, sondern vor allem eine hervorragende Pflege und eine ausgeglichene und optimale Fütterung. Bei Joe Hausheer und seiner Familie stimmt einfach alles: Die Kühe haben sozusagen Familienanschluss, sie geniessen jeden Tag ein Rundum-Programm. «Bei uns steht klar das Tierwohl im Vordergrund», hält der Meisterlandwirt fest.
Nicht gleich verzweifeln
Damit man die Kühe bis in hohe Alter halten könne, müsse man den «Damen» ab und zu Zeit lassen und nicht gleich verzweifeln, wenn sie bei der ersten Besamung nicht trächtig würden; wenn sie mit hohen Zellzahlen zu kämpfen hätten oder Probleme mit den Klauen bekämen. «Wie wir Menschen haben auch die Kühe mal eine Krise und immer eine zweite Chance verdient», sagt der Züchter lachend. Aktuell erreichen die Kühe von Hausheers eine durchschnittliche Lebensleistung von fast 45 000 kg Milch; im Vergleich zum Rassenschnitt von 23 550 kg ist das fast das Doppelte. «Wir streben auf jeden Fall immer eine lange Nutzungsdauer an», hält Joe Hausheer fest. Denn letzten Endes mache sich dies auch finanziell bemerkbar.
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Gut vier Jahre
Die derzeitige Nutzungsdauer der Kühe in der Schweiz beträgt gut vier Jahre, die durchschnittliche Lebensleistung liegt im Schnitt bei knapp 30 000 kg Milch. Vor dem Hintergrund, dass die Aufzuchtkosten erst ab der zweiten Laktation bezahlt sind und Kühe ihre maximale Milchleistung in der 5. bis 7. Laktation erreichen, sind die Ergebnisse bei Hausheers mehr als beeindruckend. «Neben ökonomischen Gründen ist es auch im Sinne der Nachhaltigkeit und des Klimaschutzes, Kühe länger zu nutzen», so der Betriebsleiter. Denn wenn Kühe älter würden, sinke auch die Remontierungsrate und es würden somit auch weniger Treibhausgase produziert.
Nicht der Schauzüchter
«Ich bin vielleicht nicht der Schauzüchter», schmunzelt Joe Hausheer beim Betriebsrundgang. Um Viehausstellungen zu besuchen, fehlen ihm die Zeit und die Erfahrung. Vor allem das Einschleppen von Mortellaro oder Staphylokokken kann er so verhindern. Gerne unternimmt er aber mit seiner Familie einen Ausflug oder leistet sich ein paar Tage Ferien, um immer wieder etwas Abstand vom Betrieb zu erhalten. Bei der Anpaarung und der Auslese der Stiere, was übrigens seine Frau Silvia macht, werden denn auch keine «Blenderstiere» eingesetzt. «Leistung, Milchgehalte und gute Fitnesswerte sind wichtige Kriterien, damit ein Stier bei uns in den Einsatz kommt», so der Landwirt. Auch die Vererbung der Zitzenstellung wird bei der Stierenauswahl beachtet. «Da wir mit dem Roboter melken, möchten wir eine zu enge Zitzenplatzierung vermeiden», sagt der Züchter. Grundsätzlich besamen Halbheers zirka 80 Prozent der Kühe mit Maststieren, den Rest mit gesextem Sperma.
Schnell wieder trächtig
«Als Maststiere verwenden wir Blaue Belgier, die sind gut in den Abkalbe-Eigenschaften und für die Mastzunahme», sagt er. Für Joe Hausheer ist nicht nur die Lebensleistung seiner Kühe von Bedeutung; auch die Service-Periode (Zeit von der Abkalbung bis zur Trächtigkeit) und den Zellzahlwert hält er immer im Blick. All diese Eigenschaften haben dazu beigetragen, dass es der Landwirt schon zum sechsten Mal auf die Managementliste von Braunvieh Schweiz geschafft hat.
Optimal in die Laktation
Heute gehören Klauenprobleme und Eutererkrankungen neben Fruchtbarkeitsstörungen zu den häufigsten Problemen in Milchviehbeständen. Als Eigenstandsbesamer weiss Joe Hausheer nur zu gut, dass eine Kuh optimal in die Laktation starten muss, damit sie später keine Fruchtbarkeitsprobleme hat. Eine negative Energiebilanz zu Beginn der Laktation versucht er daher klar zu vermeiden. Als Gegenmassnahme wird in der Startphase möglichst energiereiches Futter vorgesetzt, wenn nötig wird mit Propylenglykol nachgeholfen.
Gut für die Fruchtbarkeit
«Die Anwendung von Probylenglykol führt zu einer verbesserten Energiebilanz in der Frühlaktation. Die antiketogene Wirkung reduziert so das Risiko für eine klinische und subklinische Ketose», hält der Meisterlandwirt fest. Damit die Fruchtbarkeit noch besser ist, wird auch Beta-Carotin ins Futter beigemischt. «Beta-Carotin hat einen entscheidenden Einfluss auf die Eibildung und die Gelbkörperentwicklung. Aus diesem Grund füttere ich bereits vor der Abkalbung Beta-Carotin dazu». Auch Leinsamen gehören vor und nach der Besamung ins Fütterungsprogramm. Denn diese haben einen positiven Effekt auf einen schönen Gelbkörper.
Auf viel Stroh betten
Kühe, die während der Laktation über 150 000 Zellen aufweisen, werden beim Trockenstellen mit Euterschutz in Form von Antibiotika behandelt. Bei den restlichen Kühen werden die Zitzen nur versiegelt. Mit dieser Methode hat Joe Hausheer gute Erfahrungen gemacht. Während der Galtphase werden die Kühe entwurmt, damit sie wieder mit voller Energie in die neue Laktation starten können. Sowieso wird der Tiergesundheit auf dem Betrieb grosse Beachtung geschenkt. Mehrmals jährlich werden die Klauen geschnitten und die Liegeboxen mit reichlich Stroh gefüllt. «Ich will bei meinen Kühen keine scheuernden oder geschwollenen Sprunggelenke sehen», sagt Hausheer bestimmt. Dank einer automatischen Strohverteilung braucht es nur einen Knopfdruck und das Stroh fällt von oben in die Boxen herab.
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Kontakt mit den Tieren ist wichtig
«Obwohl wir einen Melkroboter haben, ist für mich der tägliche Kontakt zu den Kühen sehr wichtig», betont Joe Hausheer. Dabei begibt er sich immer in den Laufstall, streichelt hier eine Kuh und schaut da, ob bei dieser alles stimmt. «Fällt etwas auf, warte ich nicht noch einen Tag, sondern handle gleich», sagt er. So könne er schon prophylaktisch wirken und nicht erst, wenn man den Tierarzt rufen müsse.
Ein grosser Dank an die Familie
Joe Hausheer hält fest, dass seine ganze Familie wie auch die guten Aushilfen zum Erfolg beigetragen hätten. «Ohne sie wäre ich unmöglich so weit gekommen, erst recht nicht dazu, sieben 100 000er Kühe gleichzeitig im Stall zu haben», sagt er anerkennend. Und von diesem Erfolg vernahm man auch weit über die Landesgrenze hinaus: «Viele E-Mails und Gratulationskarten trafen bei uns ein, als man hörte, dass wir mehrere 100 000er Kühe im Stall haben», lacht Hausheer. Sogar ein Kanadier habe angerufen und erzählt, dass er von Holstein auf Braunvieh gewechselt habe. Es scheint, dass die Familie Hausheer mit ihren langlebigen Kühen den Nerv der Zeit getroffen hat; einen Trend, der bei ihnen sicher noch lange anhalten wird.
Betriebsspiegel der Familie Hausheer
Joe und Silvia Hausheer mit den Kindern Alina und Simona, Hagendorn (Zug)
LN: 50 ha
Kulturen: Mais, Weizen, Grünland
Tierbestand: 60 Kühe plus Nachzucht
Arbeitskräfte: Betriebsleiterfamilie und Aushilfen