Im Garten von Anina Marbot und Marie Gerber treffen sich Generationen. Und zwar nicht nur, was die beiden Bewirtschafterinnen angeht. Denn die grüne Oase, die nach den Jahrzahlen in der Mauer zu schliessen 1948 angelegt worden ist, hat sich über die Jahre verändert. Jüngst hat Anina Marbot den kränkelnden Buchshag rund um die Beete ausgerissen. Wegen des Buchsbaumzünslers habe die Pflanze kaum mehr eine Chance gehabt. «Die Büsche waren immer kränkelnd und wir wollten sie nicht mehr ständig spritzen», bestätigt Marie Gerber. Abgelöst wurde der Buchs von Lavendel, denn «ich wollte die traditionelle Umrandung erhalten», erklärt Anina Marbot.

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Jeder Frau ihren Gartenteil 

Die 22-jährige Landschaftsgärtnerin bewirtschaftet seit Anfang dieses Jahres die untere Hälfte des Gartens, die Grossmutter ihres Freundes, Marie Gerber, die obere. Dabei zeigen sich die Vorlieben der beiden Frauen: Oben leuchten vor allem am Zaun exotische Blumen in dunklem Rot und hellem Rosa, orange Rosen und mehrfarbige Lupinen. Dazu in sauberen Reihen Erdbeeren, Bohnen und einige Kräuter. Auf Anina Marbots Seite dominiert das Gemüse, mit Salat in zwei Hochbeeten, Lauch, Karotten, Fenchel, Kohlrabi und Krautstiel. «Den mögen weder ich noch mein Freund», sagt die junge Frau lächelnd mit einem Blick auf die roten Stangen, «der ist für meine Mutter».

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Auf der kleinen Fläche gärtnern Marbot und Gerber friedlich neben- und miteinander, auch wenn sie nicht immer derselben Meinung sind. «Ich arbeite rein nach Bauchgefühl», meint die Landschaftsgärtnerin. Am unteren Rand wächst ein Sammelsurium mit Kohl, Romanesco, Tomaten, zwei kleinen Reben und einem Büschchen Preiselbeeren. Dass die Tomaten an dieser eher feuchten Stelle wachsen, hätte Marie Gerber nicht gedacht, was sie auch nicht für sich behielt. «Im Winter war hier alles leer und ich habe einfach drauflos gepflanzt», erinnert sich Anina Marbot. «Was kommt, das kommt. Und was nicht, nicht», fasst sie schulterzuckend ihre Einstellung zusammen, «Bei mir muss es auch nicht so gerade und strukturiert sein». Wichtig ist ihr aber, mit Nützlingen zu arbeiten, was den Pflanzenschutz betrifft. Zum Düngen setzt sie auf Mist und ab und zu etwas Gülle.

Ein beliebtes Fotosujet 

Nicht nur die Beetumrandung hat sich über die Zeit verändert. Früher wuchs im Bauerngarten der Gerbers in Oberbalm BE nichts als Gemüse. Schliesslich galt es eine 7-köpfige Familie zu versorgen. Alte Fotos zeigen die Kinder in Chüiermutz und mit kleinen Kälbchen am Zaun posieren, der Garten war für Gelegenheiten wie den ersten Schultag ein beliebter Bildhintergrund. Damals standen die Blumen mehrheitlich ausserhalb des Zauns. Das sei noch möglich gewesen, da das Vieh durchwegs im Stall lebte – heute würden die Kühe des Milchwirtschaftsbetriebs, der ein einer Generationengemeinschaft geführt wird, die Blütenzierde schnell als Leckerbissen abweiden.

 «Wahrscheinlich wurde der Garten von meiner Schwiegermutter angelegt», vermutet Marie Gerber. Die 77-jährige hat sich die Grundsätze für den Anbau von Gemüse und Kräutern in der Sommerlehre in Zimmerwald angeeignet, «die besuchte man früher, wenn man keine Lehre machte», erzählt sie. Hinzukommt jahrelange Erfahrung.

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Persönliche Pflanzenwahl und liebevolle Details

Dieses Wissen kommt nun auch Anina Marbot zugute, obwohl sie dank ihrer Ausbildung zur Zier- und der Weiterbildung zur Landschaftsgärtnerin auch einschlägig bewandert ist. In festen Arbeitshosen und -schuhen führt sie durch den Garten, weiss zu jedem der Gewächse etwas zu sagen. Vieles hat sie als Samentüten oder Setzling erworben, anderes, z. B. einen Strauchfenchel, aus dem Garten eines Kunden gerettet. Das Angebot ihres Chefs, zwei Hochbeete mitzunehmen, stand für sie am Beginn ihres eigenen Gartenteils in Oberbalm. «Bei den Kräutern wünschte ich mir etwas Besonderes», erklärt Marbot. Ins Beet geschafft haben es Hopfenoregano, ein Salbei mit auffällig runden Blättern und gräulicher Farbe sowie eine Bergminze, dazu Ringelblumen in sattem Gelb. Darüber streckt der Sonnenhut seine rosaroten Blütenköpfe.

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Neben der Auswahl der Pflanzen machen viele Details den Garten von Gerber und Marbot sehr persönlich. Da sind die unregelmässig geformten Kupferplatten, die mit Drähten an kurzen Armierungseisen befestigt, die Namen der Gewächse tragen. Beides habe sie in einer alten Scheune auf dem Betrieb gefunden, schildert Anina Marbot. Dasselbe gilt für einen grossen Bund alter, rostiger Schlüssel, die am Gartentor hängen. Das Tor ist Marke Eigenbau, wie auch der einfache Bogen aus Birkenästen über dem Eingang. Daran schlängeln sich zaghaft die ersten Ranken eines Zierhopfens hinauf. Die geraden Wege zwischen den Beeten sind mit frischen Holzschnitzeln ausgestreut. «Im Bauernhaus hat es eine Schnitzelheizung. Wir haben einfach genommen, was es hat», kommentiert die junge Frau. 

Unterhalb des eingezäunten Bereichs ergänzt ein Beerengarten mit Cassis und Trauben das Selbstversorgersortiment. Ausserdem steht vor dem Tor ein 30 bis 40 Jahre alter Mirabellenbaum, der noch zuverlässig Früchte für Kuchen und Konfitüre liefert.

Pläne für die Verarbeitung 

Dafür, was aus dem Gemüse in ihrem Gartenteil werden soll, hat Anina Marbot einige Ideen. «Die Kohlrabi und Erbsen werde ich vorkochen und einfrieren, oder gleich frisch verarbeiten», erläutert sie. Aus Lauch und Zwiebeln soll im Dörrex Suppengrün zum Würzen werden, die Kräuter Salat oder Reisgerichte aromatisieren. Weiter möchte Marbot Tee oder Kräutersalz aus Ringelblumen herstellen, und Lavendelzucker. 

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«Blumen halten mich jung»

Sowohl für die junge Landschaftsgärtnerin wie auch für Marie Gerber ist ihr Garten ein Hobby. An zwei bis drei Tagen sei sie darin am Werkeln, sagt Anina Marbot. Entspannung findet man hier eher in der Beschäftigung als der Musse, denn eine Sitzgelegenheit gibt es nicht. Das scheint die beiden Bewirtschafterinnen nicht zu stören und gelegentliche Kommentare von Passanten zeigen deren Anerkennung für den gepflegten Anblick.

Dieses Jahr ist kein einfaches Gartenjahr. Der Boden ist sehr nass, aber die mehrjährigen Stauden im oberen Teil der leicht abschüssigen Fläche haben verhindert, dass die Erde weggeschwemmt wird. «Jetzt werden wir wohl etwas düngen müssen, das Wasser hat alle Nährstoffe aus den oberen Schichten getragen», sagt Marie Gerber fachmännisch mit einem Blick auf den feuchten Untergrund. Es gibt immer etwas zu tun, aber dank der guten Zusammenarbeit auch für beide Frauen genügend Gestaltungsspielraum. Das macht ihren gemeinsamen Bauerngarten speziell. «Blumen halten mich jung, auch wenn es manchmal mühsam ist mit ihnen», bilanziert Gerber zufrieden.

 

  Ein Konzept mit Geschichte

Bauerngärten haben Tradition und man kann an unterschiedlichen, wiederkehrenden und typischen Elementen diverse historische und kulturelle Einflüsse darauf erkennen. Mehr über das Konzept und die Entwicklung der Bauerngärten in der Schweiz lesen Sie hier.