Die einen sind noch kaum sichtbare, kleine Pflänzchen, andere bilden bereits einen buschigen Teppich: Bei den Kulturen handelt es sich um Kichererbsen auf dem Hof Rinderbrunnen in Grüt im Zürcher Oberland. Stephan Gysi, der auf dem Betrieb für den Ackerbau mitveranwortlich ist, stellte sie am 5. Juni 2024 im Rahmen des Bio-Körnerleguminosen-Feldtages der Getreidezüchtung Peter Kunz (Gzpk) vor.
Feldversuche mit Kichererbsen
Im Rahmen des Projekts Integral führt Stephan Gysi in Zusammenarbeit mit der Gzpk verschiedene Anbauversuche mit Körnerleguminosen durch. Diese gewinnen als Eiweisslieferanten zunehmend an Bedeutung. So etwa auch Kichererbsen, die vor allem im Nahen Osten und in Indien kultiviert werden. Im Zuge des Klimawandels könnten sie sich jedoch auch für den Anbau unter hiesigen Verhältnissen eignen.
Dabei gilt es unter anderem herauszufinden, welche Sorten und welches Saatgut sich besonders eignen. «Man sollte die Kichererbsen im August dreschen, wenn es noch heiss und trocken ist», sagte Gysi. Daher sei es wichtig, Sorten zu wählen, die auch mit den tiefen Temperaturen eines frühen Saatzeitpunkts umgehen können und früh reif werden. Dieses Jahr hat er die Kichererbsen am 8. April 2024 ausgesät.
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Unter der Schale ist sie hell
«Wegen der Kälte und Feuchtigkeit der letzten Wochen sind viele der Jungpflanzen an der Pilz-Krankheit Ascochyta eingegangen», stellte der Landwirt fest. Doch nicht alle Sorten sind gleich anfällig: Bei früheren Versuchen haben sich dunkelschalige Kichererbsen resistenter gegenüber der Pilzkrankheit gezeigt.
Die Konsument(innen) sind jedoch an hellschalige Kichererbsen gewohnt, ein dunkles Hummus würden sie möglicherweise weniger akzeptieren, obwohl es sich geschmacklich nicht unterscheidet. «Dennoch ist die Überlegung wert, künftig vermehrt auf die robusteren, dunkelschaligen Kichererbsen zu setzen», warf Sebastian Kussmann von der Gzpk ein. Etwa, indem man sie in der Mühle schälen liesse – unter der Samenschale sind die Kicherebsen hell - oder bei den Konsumenten besser bewerbe. Mit verarbeiteten Kichererbsen-Produkten sei ein Potenzial entlang der ganzen Wertschöpfungskette vorhanden.
Olga ist besonders wüchsig
Daher, so der Züchter, lohne es sich in der Wertschöpfungskette Strategien zu entwickeln, mit den zunächst ungewohnten, aber robusteren dunklen Sorten zu arbeiten. Zudem könnten Eiweisserbsen – die in der Schweiz aktuell einfacher produziert werden können und auch in den Versuchen auf dem Rinderbrunnen stehen – für Produkte wie Hummus und Falafel als Alternative zur Kicherebse eingesetzt werden.
Am Feldtag in Grüt fiel die dunkle Kichererbse Olga aufgrund ihrer Wüchsigkeit auf. «Die tschechische Sorte wächst relativ aufrecht und hoch, was es für den Mähdrescher einfacher macht», stellte Stephan Gysi fest. Zudem sei Olga bekannt für gute Erträge. Sie hat kleinere braune Samen, die auf den ersten Blick an dunkelschalige Erbsen erinnern.
Eine weitere Sorte, die auf dem Hof Rinderbrunnen gut gedeiht, ist die hellschalige Flamenco. Sie gehört dem Typ Kabuli an, welche grossförmige und rundliche Samen aufweist. Die Sorte Cicerone, ebenfalls eine Kabuli, war hingegen schlecht aufgelaufen, sie schien Mühe mit der Witterung zu haben.
Eine kaum bekannte Alternative
Ebenfalls zur Vorstellung kam eine kaum bekannte Eiweisspflanze: «Die Platterbse ist eine vernachlässigte und unterschätzte Leguminose», sagte Tamara Lebrecht, die für Das Projekt Integral der Gzpk (siehe Haupttext) tätig ist. In Zeiten unsteter Wetterverhältnisse sei sie aber besonders interessant, da sie nicht nur gut mit Trockenheit, sondern auch mit Staunässe umgehen könne. Obwohl die Platterbse weniger ertragreich sei als die Erbse, könne sich ihr Anbau ihrer Robustheit wegen wirtschaftlich lohnen. Sie weist gemäss Leberecht einen Proteingehalt von rund 30 Prozent auf und ist daher als Eiweisslieferantin interessant. Sie lässt sich unter anderem zu trendigen Nahrungsmitteln wie Hummus oder Falafeln verarbeiten. Die Gzpk arbeitet mit Restaurants und Verabeitern in der Schweiz zusammen, um spannende Produkte aus der Platterbse zu entwickeln und sie so auf den Äckern und Tellern einzuführen.
Allerdings ist die Platterbse laut Lebrecht züchterisch noch sehr wenig bearbeitet. Die Gzpk hat 2021 angefangen, verschiedene Genotypen anzubauen und auf ihre Eigenschaften hin genauer anzuschauen. Als Herausforderung hat sich ihr buschiger Wuchs erwiesen, die eine maschinelle Ernte als Reinkultur erschwert. Einfacher ist der Anbau im Gemenge. Hierzu gäbe und gibt es im Rahmen des Projekts Integral verschiedene Feldversuche, in diesem Jahr u.a. in Aarberg BE und Rheinau ZH. «Am besten hat sich bisher die Mischung mit Triticale bewährt», so Lebrecht. Für die Platterbse ist in der Schweiz aktuell die Landsorte Bad Fischauer für den Anbau zu empfehlen.