Die Blauzungenkrankheit (BTV) war auch Thema an der gut besuchten Regionaltagung der Innerschweizer Mutterkuhhalter, letztmals unter der Leitung von Pius Eggerschwiler, Schenkon. Künftig soll André Schmid aus Flühli diese Sitzungen leiten. Er wurde von der Versammlung als neues Vorstandsmitglied von Mutterkuh Schweiz nominiert, die Wahl erfolgt an der Jahresversammlung am 26. März. Eggerschwiler tritt zwar nach sechs Jahren aus dem Vorstand zurück, bleibe aber Berater und Inspektor bei Mutterkuh Schweiz.
Unbedingt impfen
Rückmeldungen von Tierhaltern über Mutterkühe, die in letzter Zeit verworfen oder gar nicht getragen haben, liessen vermuten, dass im Sommer auf dem Markt noch mehr Fleischrinder als sonst schon wegen der Saisonalität fehlen könnten, war in der Diskussion zu vernehmen. Als Ursache wird auch die Blauzungenkrankheit vermutet.
Mutterkuh Schweiz empfehle die Impfung gegen BTV sehr, betonten Präsident Mathias Gerber und Esther Manser, stv. Geschäftsführerin und Leiterin Labelverkauf bei Mutterkuh Schweiz. Damit könne viel Leid für die Tiere und die Halter verhindert werden, denn die Folgen der Krankheit seien teils dramatisch, wie Beispiele im Ausland und bereits auch in der Schweiz zeigen. «Mit der Impfung können Tierhaltende gelassener in den Frühling starten», meinte Manser.
Herausforderung Saisonalität
Sie berichtete grundsätzlich von einer positiven Marktentwicklung der verschiedenen Labels von Mutterkuh Schweiz. Vermarktet wurden letztes Jahr rund 67 000 Tiere. Wachsend sei der Bereich Weiderinder und recht stabil der Absatz bei Natura-Beef. Anspruchsvoll sei die Vermarktung von Natura-Veal, wo die Marktlage stark saisonal schwanken könne.
Natura-Beef und Natura-Veal seien jeweils im Sommer eher Mangelware, das zeichne sich dieses Jahr noch ausgeprägter ab. «Nutzt die Chance, eure Tiere dann zu liefern», meinte Esther Manser. Mutterkuh Schweiz werde dies saisonal fördern.
Neue Chance Weiderind
Neu lanciert wurde dieses Jahr das Produktionsprogramm «Naturafarm Weiderind». Geeignet sei es für Rinder und Ochsen von Fleischrinderrassen. Ziel sei eine Ausmast auf der Weide nach dem Absetzen. Das Angebot soll vor allem saisonal in den Wochen 22 bis 44 anfallen. Die Anforderungen seien allerdings recht anspruchsvoll mit BTS, RAUS und GMF. So muss eine Weidefläche von mindestens 14 Aren pro GVE zur Verfügung stehen, Zufütterung von Soja ist nicht erlaubt.
Die Wirtschaftlichkeit sei allerdings bei diesen Qualitätsanforderungen und beim vorgesehenen Preisrahmen für die Tiere mit einem gewünschten Gewicht zwischen 250 und 290 kg eher knapp, wurde in der Diskussion kritisch bemerkt. Esther Manser rief aber dazu auf, die Chance zu nutzen, zumal die Nachfrage gegeben sei. Und der Zuschlag von Fr. 1.80 auf den QM-Preis sei durchaus interessant, beispielsweise für ehemalige Produzenten von Swiss-Prim-Beef, welche weiden könnten. Sie wies auch darauf hin, dass Vianco spätreife Remonten und Mäster für Einstallungen in der zweiten Jahreshälfte suche, für sogenannte «Sommerochsen».
Aus für Swiss-Prim-Gourmet
Bedauert wurde die Beendigung der Zusammenarbeit mit Traitafina per Ende 2024, sodass Swiss-Prim-Gourmet keinen Absatz mehr habe. Bell habe allerdings zugesichert, ab 2025 mehr Naturafarm-Auslaufrinder als bisher zu übernehmen. Allerdings gebe es keine Labels mehr für schwere, unkastrierte Stiere. Esther Manser rief deshalb zum Kastrieren auf.
Weiter stark engagieren wollen sich die Mutterkuhhalter in der Kommunikation und dem Dialog mit den Kunden. Manser erwähnte aber auch die Swissopen Brunegg Mitte April und den von Coop lancierten «Tag der guten Tat» am 24. Mai, bei dem man sich ebenfalls beteiligen wolle.
«Nutzt die Chance, Tiere im Sommer zu liefern.»
Esther Manser, Mutterkuh Schweiz.
Kontrollen harmonisieren
Marcel von Ballmoos, Geschäftsführer Aniterra und selber Mutterkuhhalter in Lyssach BE, stellte die neue Kontrollorganisation vor. Diese ist hervorgegangen aus der Fusion der Berner Kul Carea und der Zentralschweizer Qualinova. Wichtiges Ziel sei die Unabhängigkeit von jeglichen Organisationen und durch bäuerliche Kompetenz glaubwürdig und transparent zu sein. Und man wolle sich für eine Harmonisierung des Kontrollwesens und umsetzbare, verständliche und einfache Anforderungen bei den Direktzahlungsanforderungen einsetzen, betonte von Ballmoos. Bereits harmonisiert hat Aniterra im ersten Jahr das Gebührenmodell. Und wo möglich sollen die Kontrollen künftig möglichst kombiniert werden. Nicht möglich sei das allerdings bei Kontrollen im Auftrag der Veterinärdienste Luzern und der Urschweiz. Die Website biete gute Informationen für die Kontrollvorbereitung, riet von Ballmoos.
In der Diskussion kam auch der Unmut einiger Bauern über die komplexen und vielfältigen Programme zum Ausdruck. Von den Kontrollstellen werde erwartet, dass diese sich bei Behörden bis zum Bundesamt stärker für einen vernünftigeren und einfacheren Vollzug einsetzen.
System vereinfachen
Linus Ettlin aus Kerns, neuer Geschäftsführer Bauernverbände Nidwalden, Obwalden und Uri seit Dezember 2024, orientierte über die Strukturen der Innerschweizer Bauernverbände und die Herausforderungen der Berglandwirtschaft. Die Anzahl Mutterkühe sei auch in der Zentralschweiz steigend, während immer weniger Milchkühe gehalten werden. Die Tierzahlen bei den Kühen seien in der Region noch stärker rückläufig als in der übrigen Schweiz.
Er wies auch auf die vielen kleinflächigen und teils steilen Bergbetriebe mit tiefen Einkommen in der Innerschweiz hin, die Bedeutung der Direktzahlungen im Berggebiet sei hoch. Bei der kommenden Agrarpolitik müssten die Schwerpunkte bei der Verbesserung der Wertschöpfung und Einkommen, Stärkung der Ernährungssicherheit und Vereinfachung der Massnahmen liegen. «Und die Landwirtschaft trägt sicher keine Verantwortung für die steigenden Bundesausgaben.»
Aargau: laufend neue BTV-Fälle
Der Kanton Aargau ist stark betroffen von der Blauzungenkrankheit (BTV). Beim Bäuerinnen- und Bauernverband Aargau (BVA) sind nun mehrere Meldungen eingegangen, dass die Vorgehensweise für die Entschädigung der an Blauzungenkrankheit verstorbenen Tiere unklar sei und nur schleppend vorangehe. Dies war entsprechend auch Thema im aktuellen BVA-Newsletter. Der BVA habe mit dem Veterinärdienst Kontakt aufgenommen und das Vorgehen besprochen. Seit dem 28. August 2024 sind 127 Rindviehhaltungen, 128 Schafhaltungen und eine Ziegenhaltung BTV-3 positiv getestet worden. Der Typ BTV-8 wurde im Kanton Aargau bisher nicht gefunden. Obwohl aktuell die vektorfreie Periode bis voraussichtlich am 31. März ausgerufen wurde, würden dem Veterinärdienst ständig neue Fälle gemeldet, schreibt der BVA. Aktuell würden sehr viele Tierhaltungen geimpft. Allerdings gibt es teils auch beträchtliche Wartezeiten für den Impfstoff. Fachleute befürchten – ohne Impfung – in diesem zweiten Seuchenjahr noch schwerere klinische Symptome.
Alle neu positiv getesteten Betriebe würden nach wie vor vom Veterinärdienst angeschrieben, mit Informationen zum Vorgehen für Entschädigungen. Dabei werden die Vorlagen für die Entschädigungsanträge (für Rindvieh und für Schafe) direkt mitgesendet. Der Wert eines Tieres wird von Schätzungsexperten der Landwirtschaft Aargau ermittelt und orientiert sich an den vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen vorgegebenen Richtlinien zur Einschätzung von Tieren bei der Bekämpfung von Tierseuchen. Gemäss kantonaler Tierseuchengesetzgebung werden 60 % vom Wert des verstorbenen Tieres entschädigt. Auch werden die Tierarztkosten für das Euthanasieren übernommen, beim Rindvieh nur mit Virusnachweis.
Seit Anfang Dezember 2024 können die Entschädigungsanträge beim Veterinärdienst eingereicht werden. Bereits Anfang Januar 2025 seien über 140 Tiere zum Entschädigen eingereicht worden. Der Veterinärdienst bittet deshalb um Verständnis, dass die Bearbeitung der Anträge und das Einschätzen der Tiere entsprechend Zeit in Anspruch nehmen. Armin Emmenegger