Santos ist müde. Der Simmentalerstier liegt im tiefen Stroh und schläft. Unzählige Besucherinnen und Besucher laufen an ihm vorbei - Santos schläft weiter. Die BEA in Bern, die zwei Jahre lang aufgrund der Coronapandemie nicht abgehalten werden konnte, zieht tausende von Interessierten in die Bundeshauptstadt. Die Landwirtschaftshalle mit den vielen ausgestellten Tieren hat grosse Anziehungskraft auf die Bevölkerung. Der wohl schwerste Teilnehmer der BEA 2022 ist zweifelsohne Santos, der 3-jährige Simmentalerstier.
Nur eine «Freundin» dabei
Auf dem BEA-Läger neben Santos in der Halle 12 frisst zufrieden eine Artgenossin. Es ist die einzige Simmentalerkuh auf dem Läger. Im Laufstall, der traditionell von den Jungzüchtern betrieben wird, sind noch weitere zu finden. Doch auf dem Läger sind sie tatsächlich rar. «Fehlende Anmeldungen verbunden mit einer grossen Anzahl Ausstellungen», bilanziert Martin Liechti. Der Emmentaler ist «Teilhaber» an Santos. Daneben ist der gelernte Landmaschinenmechaniker auch noch Präsident der Schweizerischen Vereinigung zur Erhaltung und Förderung der reinen Simmentaler Fleckviehrasse (SVS).
Grosser Aufwand der Züchter
Der Aufwand, den die Mitglieder des Bernischen Fleckviehzuchtverbands betreiben, ist gross. Die Kühe und die beiden Stiere in der Halle müssen gefüttert, gepflegt, gemistet und betreut werden. Dafür ist das mehrköpfige Stallteam zuständig. Die Vorführung ist Sache der Tierbesitzer. Im Fall der beiden Stiere werden aus Sicherheitsgründen stets zwei Vorführpersonen verlangt. Mit der enstsprechenden Anfahrtszeit eine aufwendige Sache, zumal zu Hause in den Ställen der Züchter alle anderen Tiere auch betreut werden müssen. SVS-Präsident Martin Liechti hofft aber dennoch, dass im kommenden Jahr, dem grossen Publikum an der BEA, wieder mehr Vertreterinnen aus Santos' Rasse gezeigt werden können.
Auf der ganzen Welt verbreitet
Die Simmentalerkuh ist eine echte Schweizerin. Ihr Name verrät ihre Herkunft. Wie der Zuchtverband Swissherdbook, dem die Simmentalermilchkuh als Rasse angesiedelt ist, schreibt, hat sich die Rasse bereits im 18. Jahrhundert in der ganzen Schweiz angesiedelt. Die damalige Dreinutzungskuh war an die Familienlandwirtschaft angepasst. Sie leistete gute Arbeit im Zug , produzierte Milch und lieferte Fleisch «in bester Qualität». Ab dem 19. Jahrhundert wurden Simmentaler Tiere nach Süddeutschland, Österreich und sogar bis nach Russland exportiert. Heutzutage findet man die Simmentaler Rasse in über 30 Ländern und auf allen Kontinenten der Welt. Im Ausland wird die Rasse aber oftmals ausschliesslich für die Fleischproduktion eingesetzt. Nur in der Schweiz und in einigen wenigen europäischen Regionen ist die Züchtung auf Milch- und Fleischproduktion ausgerichtet.
Auch wenn die Rasse in der Schweiz aufgrund ihrer Milchleistungs-betonten Konkurrenz zahlenmässig stark eingebüsst hat, konnte sie sich im Verhältnis zu anderen Rassen sehr gut halten.
Spitzenreiterin bei den Zellzahlen
Züchterisch ist die Simmentaler-Kuh Spitzenreiterin in Sachen Zellzahlen. Als einzige Rasse bei Swissherdbook hält sie den Rassenschnitt nun bereits über viele Jahre hinweg unter 80'000 Zellen. Sie ist sogar ganz nahe an der 70'000er Grenze.
Einen entscheidenden Vorteil der Rasse verkörpert Santos im Stroh liegend - nämlich die Zweinutzung. Die starke Bemuskelung sei nach wie vor ein wichtiges Zuchtziel und solle auch weiterhin im Fokus bleiben, sind sich die Züchter einig.