In der kanadischen Provinz Québec werden über 70 Prozent des weltweiten Ahornsirups produziert – dank des idealen Frühlingsklimas und der vielen Ahornwälder. Viele wissen nicht, dass es bei der Produktion von Ahornsirup nicht um Ahornplantagen geht, sondern um natürliche Wälder, die gepflegt werden.
[IMG 2]
Die Bäume zur richtigen Zeit anzapfen
In einem typischen Ahornsirupbetrieb, der auf Französisch «Érablière» genannt wird, werden die Ahornbäume im Januar und Februar angezapft. Dabei wird in jeden Baum ein kleines Loch gebohrt, in das ein Plastikzapfhahn hineingehämmert wird. Diese Zapfhähne sind an ein Schlauchsystem angeschlossen, um das Ahornwasser mithilfe von Vakuumpumpen zum Produktionsgebäude zu leiten.
Der Saftfluss von Zuckerahornbäumen ist vollständig temperaturabhängig. Ein Anstieg der Temperatur im Baum auf über 0 Grad Celsius verursacht darin einen positiven Druck. Dieser Druck erzeugt den Saftfluss und das Ahornwasser fliesst aus dem Bohrloch. Um eine gute Ahornwasser-Ernte zu haben, sind mehrere Wochen im März und April mit Temperaturen um den Gefrierpunkt nötig.
Süsser, vitaminhaltiger und schmackhafter Saft
Ahornwasser enthält etwa 1 bis 3 % Zucker sowie Vitamine und Mineralien. Es wird zuerst in grossen Wassertanks oder Silos kurzfristig gelagert, bevor es durch Umkehrosmose zunächst auf etwa 18 bis 25 % Zucker konzentriert wird. Danach wird es in einem grossen Boiler etwa ein bis zwei Stunden lang gekocht, um Ahornsirup mit einer Endkonzentration von 66 bis 67 % Zucker herzustellen. Der Ahornsirup wird dann heiss filtriert, in Fässer abgefüllt und kann so gelagert werden, bis er in Flaschen abgefüllt wird. Ungeöffnet ist Ahornsirup mindestens 3 Jahre haltbar.
[IMG 3]
Es gibt verschiedene Farben und Geschmacksrichtungen von Ahornsirup. Zu Beginn der Saison, wenn es noch kalt ist, ist der Ahornsirup meistens hell und mild im Geschmack. Einige Wochen später, wenn die Tage wärmer werden, steigt die mikrobielle Fermentation im Ahornwasser an und der Ahornsirup wird dunkler und geschmackvoller. Die Ahornsirupsaison endet, kurz bevor die Knospen an den Ahornbäumen spriessen, Mitte oder Ende April, je nach Ort.
Nach Kanada und wieder retour
Im Sommer 2000 bin ich mit meinen Eltern und Geschwistern von Montricher VD in die kanadische Provinz Ontario ausgewandert. Dort haben wir den Lebenstraum meines Vaters verwirklicht, einen Milchviehbetrieb in Kanada zu erwerben. Die Liebe zu den Tieren begleitet mich seit meiner Kindheit, und meine Ausbildung im Bereich Nutztierhaltung habe ich in der Schweiz abgeschlossen.
Danach habe ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Bund gearbeitet. Mein Mann Alex ist in Québec aufgewachsen und mit mir in die Schweiz gezogen, wo er als Ingenieur für Energieeffizienz bei einem grossen Energieunternehmen tätig gewesen ist. Wir waren eigentlich beide zufrieden mit unseren Jobs.
Eine Entscheidung im Jahr 2015 hat aber unser Leben verändert: Anstatt zu versuchen, ein kleines Haus in der Schweiz zu kaufen, entschieden wir uns, unser Geld in Kanada zu investieren. So kauften wir – eher zufällig – die Érablière des Aigles, die 300 km nordöstlich von der Stadt Québec liegt.
[IMG 4]
Das Projekt entwickelt sich rasch
Zunächst war das Ganze als Nebenprojekt gedacht, das wir neben unseren Jobs in der Schweiz mit Unterstützung der Schwiegereltern führen könnten. Es wurde aber schnell klar, dass dies überhaupt nicht realistisch war.
[IMG 5]
Da der Schweizer Markt grosses Potenzial für Ahornsirup bietet, kündigte Alex seinen Job und begann, jeden Frühling in Kanada zu verbringen, um Ahornsirup zu produzieren und diesen dann in die Schweiz zu importieren. Zuerst im kleinen Rahmen, dann wurde es immer mehr. Bald gab es Nachfrage nach weiteren Produkten und Alex begann in der Küche des ehemaligen Gasthauses in Borisried BE damit, Granola mit Ahornsirup herzustellen. Das Geschäft lief gut und wir gründeten die GmbH Mawoo. Vor vier Jahren kündigte auch ich meinen Job, um mich voll und ganz unserer neuen Tätigkeit zu widmen. Heute haben wir Lager und Produktion in Murten FR.
Nicht nur als Sirup für Pancakes
Ahornsirup ist ein sehr spannendes Produkt, um ganz Verschiedenes herzustellen. Die Konsistenz variiert je nach Kochdauer und Art der Weiterverarbeitung. Durch Aufkochen, Ruhenlassen und schnelles Rühren entsteht zum Beispiel ein cremiger Ahornaufstrich. Aufkochen und anschliessendes Rühren führen zu kristallisiertem Ahornzucker. Diese Produkte sind in der Schweiz noch nicht sehr bekannt, aber wer sie einmal probiert hat, ist sofort überzeugt.
Unser Ziel ist es, Ahornsirup in der Schweiz bekannter zu machen und ihn nicht nur als Sirup für Pancakes zu präsentieren. Ob in Salatsaucen, in Fleischmarinaden oder als Ahornzucker im Gebäck – Ahornsirup ist viel vielseitiger einsetzbar, als man denkt.