Der Fall im Aargau, wo zwei Bauern den Abrissbefehl für ihre Folientunnel für Aprikosen erhielten, hat einige Reaktionen und Leserbriefe ausgelöst (siehe BauernZeitung vom 31. Januar). Nach einer Beschwerde von Pro Natura hat der Regierungsrat die Baubewilligung der Gemeinde wegen Formmängeln aufgehoben, obwohl der Regierungsrat das Pilotprojekt für Aargauer Aprikosen propagierte.

Temporäre Folientunnel

Der Fall wirft grundsätzliche Fragen auf. Wann ist was bewilligungspflichtig? Bei überdeckten Obstanlagen, bei Rebanlagen, bei Folientunneln oder wenn Kulturen wie Obst und Beeren zum Schutz vor neuen Schädlingen oder für weniger Einsatz von Pflanzenschutzmitteln vermehrt mit Netzen und Folien «eingepackt» werden. Offensichtlich gibt es einige Differenzen und Unklarheiten zwischen den Vorstellungen der Bauern und der Branche sowie jenen der kantonalen Behörden.

Netzanlagen im Obstbau ­seien generell bewilligungspflichtig, erklärt Peter Hänzi von Landwirtschaft Aargau. Dies sei langjährige Praxis und stütze sich auf das Raumplanungsrecht des Bundes. Temporäre begehbare Folientunnels hingegen seien bewilligungsfrei. Die Details sind im Aargauer Baugesetz geregelt. So gilt dies nur, wenn die Tunnels während maximal sechs Monaten pro Kalenderjahr stehen bleiben. Bei festen und dauerhaften Folientunnels gilt eine Bewilligungspflicht.

Aargau als Ausnahme?

Urs Meyer aus Grosswangen von der Netzteam Meyer Zwimpfer AG baut seit 1992 Gerüste und Systeme zur Einnetzung von Obstanlagen. Ausser im Aargau brauche es dafür nirgends eine Bewilligung. Auch Michael Zwimpfer von der gleichen Firma weist darauf hin, dass ein Grundgerüst im Obstbau als bewilligungsfreie Fahrnisbaute gilt. Werden aber später eine grossflächige Plastiküberdachung oder Insektenschutznetze montiert, könne das schon zu Diskussionen führen. Und die Regelungen seien teilweise – je nach Gemeinde und Kanton –unterschiedlich.

Markus Thali, Präsident des Luzerner Obstbauvereins, geht davon aus, dass eingenetzte Obstanlagen in der Landwirtschaftszone bewilligungsfrei erstellt werden können. In der Landschaftsschutzzone seien solche aber meldepflichtig. Und in Seeuferschutzzonen wie um den Baldeggersee könnten heute gar keine Obstanlagen mehr erstellt werden, weiss Thali.

Das sieht Urs Blüemli von der Luzerner Dienststelle Raum und Wirtschaft (Rawi) etwas differenzierter. Wenn Obstanlagen mit einem festen Gestänge für Überdachungen und Einnetzung versehen seien, so gelten diese als Anlagen und sind bewilligungspflichtig. Er geht davon aus, dass dies wohl einigen Landwirten und auch Branchenvertretern nicht bewusst ist.

Keine Bewilligung brauchen Rebanlagen, sofern nicht Bodenveränderungen erfolgten, wenn diese lediglich mit einem Drahtsystem und Seitennetzen erstellt sind. Werden diese aber überdacht, gelten sie ebenfalls als bewilligungspflichtige Anlagen. Keine Bewilligung braucht es auch für Folien-Wandertunnels, wenn diese nur während maximal drei ­Monaten pro Jahr stehen. Bewilligungspflichtig sind solche ­Tunnels aber in Landschaftsschutzzonen oder bei Wildtierkorridoren.

«Im eigenen Interesse besser abklären.»

Kilian Diethelm, Früchtehof Galgenen SZ

Risiko von Einsprachen

Kilian Diethelm vom Früchtehof in Galgenen hat die Erfahrung gemacht, dass Gerüste und Netze für Obstanlagen früher ohne Gesuch erstellt wurden, dasselbe gelte für Folientunnels. Vor Jahren habe es aber Fälle mit Einsprachen gegeben, seither gehe der Kanton von einer Bewilligungspflicht aus. «Wir sind deshalb vorsichtiger geworden», erklärt Diethelm und er rät, dies bei den Gemeinden näher abzuklären. Das sei aufgrund der hohen Investitionen im eigenen Interesse und schaffe Rechtssicherheit. Vor allem in exponierten Lagen oder nahe an Strassen und am Siedlungsgebiet sei es heikel, Folientunnels oder geschützte Obstkulturen ohne Baugesuch zu erstellen, meint Diethelm.

Peter Maurer vom Amt für Landwirtschaft Schwyz bestätigt, dass eingedeckte Obstkulturen unter den bundesrechtlichen Begriff «Bauten und Anlagen» fallen und daher grundsätzlich eine Baubewilligung benötigen. Eine solche sei in der «normalen» Landwirtschaftszone in der Regel kein Problem. In Landschaftsschutzzonen sei aber im Einzelfall näher zu prüfen, ob die Anlage mit den Schutzzielen vereinbar ist. Er geht davon aus, dass die Bewilligungspflicht von Witterungsschützen für Dauerkulturen wohl nicht allen Bauern bewusst ist und es wohl Anlagen gebe, die ohne Bewilligung erstellt wurden.

Er rät ebenfalls aus Gründen der Rechtssicherheit und des Investitionsschutzes, beim Bau von Obstanlagen mit Einnetzung vorgängig ein Baugesuch bei der Gemeinde einzureichen. Maurer bestätigt, dass es schon Klagen gegeben habe, worauf nachträglich eine Baubewilligung habe nachgereicht werden müssen.