11,5 Hektaren gross ist der Demeter-Betrieb, den Valentin Birbaum im freiburgischen Wallenbuch zusammen mit seinem Vater René in einer Generationengemeinschaft führt. Aber der junge Landwirt und Zimmermann hat einige Pläne damit und will Neues ausprobieren. An der Umsetzung arbeitet er nicht alleine, denn zum Hof gehört TaPatate, ein Projekt der solidarischen Landwirtschaft (Solawi).
An der Erntezeit orientiert
«Hier haben wir im letzten November 107 Hochstammbäume, 147 Spindeln und 114 Beerensträucher gepflanzt», schildert Valentin Birbaum. Er steht auf einer drei Hektaren grossen Fläche, die rundherum von einer Q1-Hecke, Biodiversitätsförderfläche, alten Nussbäumen und dem Waldrand begrenzt wird. Auf der ehemaligen Rinderweide wachsen Zwetschgen, Äpfel, Birnen, Kirschen, Kaki, Kastanien, Mirabellen, Pfirsiche, Johannisbeeren, Cassis, Blaubeeren, Sanddorn und mehr. «Es ging auch um die Erhaltung alter Sorten, da arbeiten wir mit Pro Specie Rara zusammen», erläutert Armin Komposch, Vorstandsmitglied von TaPatate. Die Nord-Süd-ausgerichteten Reihen sind so gepflanzt, dass Früchte mit ähnlichen Erntezeitpunkten benachbart wachsen. «So können wir uns durchs Jahr von hinten nach vorne durchernten», erklärt Birbaum die Überlegung.
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Ackerbau unter den Bäumen
Nach diesem Prinzip stehen Bäume unterschiedlicher Wuchsform oder -höhe, Kleinstrukturen wie Asthaufen und Sträucher nebeneinander. Während die QII-Hochstämmer einige Jahre brauchen, bis sie in Ertrag kommen, kann an den Spindelbäumchen schneller geerntet werden. Wie sich die Gewächse im Zusammenspiel entwickeln, ist noch offen. «Vielleicht gibt es bei den Beeren nur eine Verpflegung für die Pflücker(innen), aber das ist auch gut», findet Valentin Birbaum. Voraussichtlich werden an der Ernte viele verschiedene Menschen beteiligt sein, denn die Agroforst-Fläche soll ins Obst-Abo von TaPatate integriert werden. Das gleiche gilt für das, was unter den Bäumen wächst – das einstige Dauergrünland wird Teil der Fruchtfolge und ackerbaulich genutzt. Bei der Kulturwahl ist der junge Landwirt offen: «Je nach Absatzmöglichkeiten bauen wir hier Getreide an, oder Gemüse, Kichererbsen, Linsen oder etwas anderes.»
Betriebsspiegel Wallenbuch
LN: 11,5 Hektaren
Betriebsform: Generationengemeinschaft René und Valentin Birbaum
Solawi: 50 Aren Feingemüse und Beeren, 75 Aren Lagergemüse, 30 Obstbäume. 1 Abo jeweils für 2 Personen, angebaut wird für 100-Gemüse- und 40 Obst-Abos. Derzeit laufen 82 Abos für Gemüse und 26 für Obst, es gibt also noch freie Plätze.
Labels: Demeter
Kulturen: Weizen, Roggen, Dinkel, Speisesoja
Tierbestand: 26 Rinder und Ochsen (Limousin, Simmentaler, Salers, grösstenteils Kreuzungstiere (Milch- und Fleischrassen)
Arbeitskräfte: Insgesamt 6 Personen in Voll- oder Teilzeit (170 Stellenprozent in der Solawi, rund 250 für Landwirtschaft und Werkstatt). Dazu Mitarbeit der Solawi-Mitglieder.
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Finanzielle Unterstützung gefunden
Die Pflanzung des Agroforsts erfolgte in Wallenbuch ausschliesslich von Hand. Dank dem Netzwerk der Solawi waren rund 50 freiwillige Helferinnen und Helfer beteiligt. Insgesamt sei es – die Arbeitszeit eingerechnet – eine Investition von rund 30'000 Franken gewesen, meint Valentin Birbaum. 25'000 konnte er über Beiträge finanzieren, sei es von Kanton und Gemeinde oder der Stiftungen Visio Permacultura und myclimate. Unterstützung gab es auch vom Fonds Landschaft Schweiz (FLS), der seinen «Fokus Agroforst 2022-23» auf dem Betrieb der Birbaums vor den Medien lancierte.
«Die Landschaft nicht vergessen»
Agroforst ist dem FLS quasi in die Wiege gelegt: Der Fonds ist 1991 für Erhaltung und Aufwertung naturnaher Kulturlandschaften gegründet worden, zu denen traditionelle Formen wie Hochstammobstgärten, Kastanienselven und Waldweiden gehören. Dass Bäume zunehmend ins Kulturland zurückkehren, sei zwar erfreulich und biete viele agronomische Vorteile, hält Viktor Egger, Mitglied der FLS-Kommission fest – «Es darf dabei aber die Landschaft nicht vergessen gehen.» Vor diesem Hintergrund unterstützt der FLS Agroforst-Projekte, die auch für das Landschaftsbild ein Gewinn sind. Dabei orientiere man sich an drei Kriterien:
- Integration: Lokale und regionale Traditionen, natürliche Gegebenheiten und Strukturen werden berücksichtigt.
- Diversität: Verschiedene Höhen, Sorten und Kulturen sowie Kleinstrukturen.
- Nachhaltigkeit: Langfristige Planung z. B. in Bezug auf Pflege und Vermarktung.
Punkt eins schliesse Agroforst dort aus, wo natürlicherweise keine Bäume stehen würden. Beispiele wären etwa das Grosse Moos oder für bestimmte Arten wie Feldlerchen wichtige offene Lebensräume. Während seines zweijährigen Fokus will der FLS für diese landschaftlichen Kriterien sensibilisieren.
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Agroforst muss zum Betrieb passen
«Die beste Motivation für die langfristige Pflege und Erhaltung von Bäumen im Kulturland ist die Obstproduktion», stellt Antoine Giovanini, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim FLS fest. Agroforst müsse zu den Zielen eines Betriebs passen. Bei Valentin Birbaum ist das der Fall: Seine Motivation für die Agroforstwirtschaft seien klimatische Veränderungen und der Plan, den Betrieb vielfältiger aufzustellen. «Ich arbeite ausserdem gerne mit Obst und als Zimmermann könnte ich das Holz in der betriebseigenen Sägerei verwerten», erklärt der Landwirt. Um mit Maschinen für den Ackerbau unter den Ästen durchzukommen, setzt man in Wallenbuch die Kronen der Hochstämmer höher an. «Somit ist auch der Stamm länger und es gibt mehr Wertholz», bemerkt Armin Komposch. Der Agroforst biete also verschiedene Möglichkeiten. Birbaum würde für den Obstbau in Zukunft gerne eine Fachperson anstellen, sich selbst in diesem Bereich weiterbilden oder jemanden aus der Solawi.
Ausweitung mit mehr Erfahrung
Für Birbaums und TaPatate ist ihre erste Agroforst-Fläche auch ein Versuch. Sie umfasst verschiedene Bodenarten und soll zeigen, wie die Bäume den Wasserhaushalt verändern und wie gut Spindeln, Hochstämmer und Sträucher harmonieren. Mit mehr Erfahrung möchte Valentin Birbaum auch den Rest des Betriebs mit Agroforst bewirtschaften. «Wo heute Äcker sind, liegen aber Drainagen», gibt er zu bedenken, «Wir wissen noch nicht, ob das ein Hindernis wird.» Die Mehrfachnutzung einer Fläche in Stockwerken, Pioniergeist, die Förderung der Biodiversität und die Freude am Anbau von Obst und Beeren standen für ihn und die Solawi beim Agroforst im Vordergrund. Aber auch der FLS stellt dem Projekt mehrheitlich gute Noten aus, wobei die Förderung mit 50 Franken pro Hochstammbaum noch ausserhalb des Agroforst-Fokus geschah. So sollen die frisch gepflanzten Reihen in 10 Jahren nicht nur produktiv, sondern auch ein schöner Anblick sein.
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FLS-Fokus Agroforst
2022 und 2023 fördert der FLS gezielt Agroforst-Projekte, «bei denen nicht nur die Produktion im Vordergrund steht», so Michel Bhend von der FLS-Geschäftsstelle. Angeboten wird beim Fonds eine Beratung im Sinne wichtiger Fragestellungen: Was sollte man sich bei der Projektplanung überlegen, z. B. was die Vermarktung angeht. Hinsichtlich der Integration in ein Landschaftsbild kann der FLS Vorschläge machen. Gesuche werden nach Kriterien der Landschaft, Nachhaltigkeit und Diversität bewertet. Wie hoch die Beiträge schlussendlich ausfallen, bestimmt bei jedem Projekt die Kommission des FLS. Bhend nennt etwas zwischen 25 und 50 Prozent der Kosten für einen neuen Agroforst als realistischen Wert.
Zwar bietet der FLS einen fachlichen Erfahrungsaustauch an, agronomische Beratung findet sich aber eher bei der IG Agroforst oder dem Projekt Agro4esterie. So kann man mit einem ausgearbeiteten Entwurf beim FLS ein Gesuch für Fördergelder einreichen.
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