Im deutschsprachigen Raum gibt es kaum Betriebe mit Ebermast. Dies, obwohl sie in anderen Teilen Europas durchaus üblich ist, heisst es in einem Merkblatt des FiBL. Die Autoren gehen auf Besonderheiten der Haltung von Ebern ein, die sich in ihren Verhalten deutlich von Kastraten und Sauen unterscheiden. Ausserdem gibt es bei der Fütterung einiges zu beachten.
Haltung und Fütterung gegen Geruch
Der Verzicht auf eine Kastration der Eber kommt nach Meinung des FiBLs dem Tierwohl zugute. Doch die anspruchsvolle und weniger bekannte Mast auf sich zu nehmen, ist angesichts der erschwerten Vermarktung des Eberfleisches nicht allzu attraktiv. Dessen Geruch lässt sich gemäss Merkblatt allerdings bereits mit der Haltung beeinflussen: Stress (insbesondere beim Transport zum Schlachthof oder durch langes Ein- und Ausladen) wirke signifikant verstärkend darauf. Hingegen könnten eine rohfaserreiche Fütterung und wenig Tryptophan im Futter dazu führen, dass der Geruchsstoff Skatol in geringerer Menge im Fett eingelagert wird.
Nicht für alle gleich
Ob ein Stück Fleisch nach Eber riecht oder nicht bzw. ob das als störend empfunden wird, ist individuell. Laut dem FiBL ist die Wahrnehmung des Ebergeruchs genetisch verankert, sie variiere je nach Geschlecht, Alter und Herkunft: Empfindlicher sind Frauen, ältere Menschen, Deutsche und Franzosen. Hingegen zeigten sich US-Amerikaner und Engländer toleranter.
In kleinen Betrieben können geruchsbelastete Eber getrennt verarbeitet werden, etwa zu Spanferkeln oder für Spezialitäten aus Fleisch der unteren Gewichtsklassen. Für grössere Schlachtbetriebe sehen die Autoren den Vorteil, dass sie geruchsauffällige Ware mit neutralem Fleisch mischen können. Bis zu einem Anteil von 25 Prozent sei die Beimischung nicht wahrnehmbar. Um das optimale Verhältnis in einer Wurst zu finden, brauche es aber etwas Erfahrung.
Pökeln und nicht auf die Pizza
Riecht das Eberfleisch eher streng, ist es durchaus nicht verloren: «Aus geruchsbelastetem Eberfleisch lassen sich hervorragende, roh verarbeitete Wurstwaren herstellen», schreibt das FiBL. Denkbar wären Landjäger, Salami, Salametti. Bauernwurst, Teewurst oder Salsiz. Durch Pökeln, Marinieren, Räuchern und Würzen (z. B. mit Knoblauch, Chili, Wein oder Rosmarin), könne der Geruch weiter kaschiert werden.
Zwar reduziert das Erhitzen während der Verarbeitung den Gehalt an Geruchsstoffen im Eberfleisch, es sollte aber nicht allzu heiss serviert werden. Dünsten und Kochen seien daher für die Zubereitung besser geeignet als das Eberfleisch auf den Grill zu legen. Das FiBL empfiehlt ausserdem, der Kundschaft von der Verwendung roher Eberwurstwaren als Pizzabelag abzuraten.
Der Effekt des Drumherums
Im Merkblatt wird weiter erklärt, erhitztes und anschliessend eingefrorenes Fleisch scheine geruchsärmer zu sein. Fermentierung oder die Zugabe von Enzymen könnten den Geruch ebenso reduzieren und Naturdarm habe gegenüber Kunstdarm als Hülle einen Vorteil in punkto Durchlässigkeit der Geruchsstoffe.
Am Ende ist die Vermarktung immer auch eine Kommunikationsfrage. Das FiBL sieht die Möglichkeit, die Ebermast als Verkaufsargument auszuspielen. Gleichzeitig könne so auf Abweichungen in Geruch und Geschmack hingewiesen werden. «Gut informierte Konsument(innen) reagieren verständnisvoller», stellen die Autoren fest. Besonders sorgfältig aufzuklären seien ältere Menschen und Personen in ländlichen Regionen, da sie eher alte Vorurteile gegen Eberfleisch hätten