AboMethanreduzierende Rindviehfütterung«Wir konzentrieren uns fürs Erste auf die Milchviehhaltung»Montag, 18. Dezember 2023Man kann auf Veränderungen warten oder Teil davon sein. Das hat sich auch Fritz Mani aus Chur gesagt, als er sich als Pilotbetrieb für das Projekt «Klimaneutrale Landwirtschaft Graubünden» anmeldete. «Ich finde es wichtig, dass beim Projekt auch intensiv geführte Betriebe mitmachen», sagt er. Fritz Mani und seine Frau Ida führen am Stadtrand von Chur einen Milchwirtschaftsbetrieb mit Acker- und Futterbau. Zudem halten sie 200 Legehennen, deren Eier sie direktvermarkten.

Schleppschlauch und Ammoniak-neutralisierende LED-Lampen

Fritz und Ida Mani haben im Rahmen des Projekts und schon zuvor Massnahmen zur CO2-Reduktion umgesetzt. So wurde beispielsweise 2021 die Stallbeleuchtung durch spezielle LED-Lampen ersetzt, die Ammoniak neutralisieren. Bereits seit 2012 güllt Mani nur noch mit dem Schleppschlauch. Auslöser waren die Förderbeiträge des Kantons. «Die Güllemädli sind zwar nicht ideal, aber die Emissionsminderung ist ein grosser Gewinn, vor allem bei Parzellen, die an Siedlungsgebiet angrenzen», sagt der Betriebsleiter.

Betriebsspiegel

Name: Fritz und Ida Mani
Ort: Chur GR
LN: 44 ha auf Heimbetrieb, davon 10 ha Maiensäss in ­Tschiertschen GR
Kulturen: Silomais, Weizen, Gerste, Kartoffeln, Eiweisserbsen, Kunstwiesen, Nützlingsstreifen
Viehbestand: 40 Milchkühe (Brown Swiss) plus Aufzucht, 200 Legehennen
Sonstiges: Direktvermarktung
Arbeitskräfte: Betriebsleiter-Ehepaar, ein Angestellter

Welche Massnahmen im Rahmen des Klimaprojekts für die CO2-Reduktion am meisten ins Gewicht fallen, sei schwierig abzuschätzen, meint Mani. «Das werden wir sehen, wenn wir nach Beendigung der Pilotphase die Anfangs- und Schlussbilanz des Betriebs vergleichen.» 

Mit dem Mineralsalz verfüttern

2. Landwirtschaftlicher KlimagipfelKlimaneutrale Landwirtschaft Graubünden: Ein erster Meilenstein ist geschafftDienstag, 25. Oktober 2022Als neue Massnahme kommt im Bereich Milchvieh ab Mitte Dezember 2023 ein Fütterungsversuch hinzu. Die 40 Brown-Swiss-Kühe erhalten über das Mineralsalz den Futtermittel­zusatz Bovaer verabreicht. Dieser senkt nachweislich die Methanemissionen beim Rindvieh. Projektpartner sind der Kanton Graubünden, der Futtermittelhersteller Kroni AG und die Agridea, welche den Versuch koordiniert.

«Zuerst war geplant, dass man Bovaer ins Kraftfutter mischt», erzählt Fritz Mani. Da Mineralsalz langsamer abgebaut wird und länger im Pansen verbleibt, entschied man, Bovaer dem Mineralsalz beizumischen.

«Die Variante ist ideal, weil das Mineralsalz bei uns über den Mischwagen verfüttert wird. Die Kühe nehmen mit dem Futter regelmässig Bovaer auf.»

Fritz Mani zu seiner Fütterungsstrategie

Nur Beobachtungen, keine Messungen

Das Futter wird von der Kroni AG in Altstätten SG gemischt und an den Betrieb ausgeliefert. «Ich zahle den gleichen Preis für das Mineralsalz», sagt Fritz Mani. Die zusätzlichen Kosten fürs Mischen und für den Futtermittelzusatz Bovaer werden über das Projekt «Klimaneutrale Landwirtschaft Graubünden» abgegolten, also letztendlich durch den Kanton finanziert.

Kroni AG mischt für Kunden
Kroni mischt den Zusatz Bovaer in die Kundenmischungen hinein.
«Für uns sind das keine zusätzlichen Mehraufwendungen. Der Kunde bezahlt einfach zusätzlich die Kosten von 20 Euro pro Kilogramm Bovaer»,
sagt Inhaber und Geschäftsführer Thomas Dietsche. Die Kroni AG habe bereits einige Dutzen Spezialmischungen mit Bovaer hergestellt. «In der Regel sind dies 600 bis 750 kg Mineralstoffmischungen mit Bovaer.» Mit der vom Hersteller DSM empfohlenen Dosierung von 1,5 bis 2 g pro Tier und Tag lägen die Kosten bei 3.5 Rappen pro Tier und Tag, rechnet Dietsche vor.

An der Fütterung werde er nichts verändern, sagt Mani. Im Winter besteht die Totalmischration (TMR) aus Gras- und Maissilage, Heu und Emd plus Luzerne. Ebenfalls in den Mischwagen kommt das Mineralsalz. Das Kraftfutter erhalten die laktierenden Kühe über den Melkroboter.

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Während der Sommerfütterung kommt  nebst der TMR die Weide hinzu. Ab nächstem Jahr wird Mani wieder Eiweisserbsen anbauen für die eigene Fütterung. Die letzten beiden Jahre waren tendenziell zu trocken. Darum wich Mani auf Kunstwiese aus, um eigenes Eiweiss in die Fütterung zu bekommen.

Agolin schon ausprobiert

AboMethanreduktionDer Futterzusatz Bovaer ist neu als klimaschonend anerkanntMontag, 27. November 2023Fritz Mani hat schon Erfahrungen mit methanreduzierenden Futtermitteln gesammelt. Er setzte in den vergangenen zwei Jahren Agolin ein, ein Produkt von der gleichnamigen Firma aus Bière VD. Mit Agolin in der Fütterung wurden Mani CO2-Zertifikate von seinem Milchabnehmer Mooh ausgestellt. Veränderungen beim Verhalten der Kühe oder bei den Milchinhaltsstoffen habe er nicht festgestellt. Auch habe keine Leistungssteigerung stattgefunden, wie es diesem Futtermittelzusatz nachgesagt wird.

In diesen Tagen soll es mit dem Bovaer-Projekt losgehen. «Ich bin gespannt, ob wir etwas merken», sagt der Betriebsleiter. Ihn interessiert, ob Unterschiede zwischen der Winter- und der Sommerfütterung festzustellen sind. Wissenschaftliche Messungen und Auswertungen wird es keine geben, was Mani bedauert. «Das wäre für uns eigentlich das Spannendste am Projekt.» Was nicht mit eindeutigen Zahlen belegbar sei und wissenschaftlich daherkomme, werde meistens halt doch nicht anerkannt.  

Die Landwirtschaft müsse ihren Beitrag zur CO2-Reduktion leisten, ist Mani überzeugt. «Wenn ich auf diese Weise einen Beitrag leisten kann, ist das für mich eine gute Sache.» Er sagt: «Wir Bauern sind die Ersten, welche die Klimaveränderung zu spüren bekommen, also sollten wir auch etwas dagegen unternehmen.»

Weiteres Bovaer-Projekt bei Klimastar

Der Futtermittelzusatz Bovaer kommt auch im Rahmen des Ressourcenprojekts «Klimastar Milch» zum Einsatz. Das Projekt wurde im Februar 2022 von Emmi und Nestlé, im Verbund mit den Milchproduzentenorganisationen Aaremilch und den Zentralschweizer Milchproduzenten (ZMP) lanciert.
Partner für dieses Bovaer-Projekt ist DSM, Hersteller und Entwickler von Bovaer. Wie aus einem Newsletter vom November zu erfahren ist, können Bauern, die bei Klimastar mitmachen und mit TMR füttern, Bovaer als prämienwirksame Massnahme einsetzen. André Bernet, Leiter Milchvermarktung ZMP und Vertreter Trägerschaft Klimastar, schätzt, dass etwa 20 Prozent der Klimastar-Betriebe mitmachen könnten. Das sind bei 232 teilnehmenden Milchviehbetrieben maximal 50.
«Wir haben unseren Klimarechner ‹Klir› entsprechend angepasst, damit die Wirkung der Treibhausgase (THG) durch den Einsatz von Bovaer berechnet werden kann», sagt Bernet. Er ist überzeugt: «Futtermittelzusatzstoffe sind ein wichtiger Hebel, um relativ rasch THG-Emissionen reduzieren zu können.» Mittel- und langfristig müsse es aber das Ziel sein, Produktionsformen zu finden, die durch eine effiziente Produktionsweise möglichst tiefe CO2-Emissionen verursachten.

Kommentar von Flurina Monn [IMG 3]

Auch auf der Weide möglich?


Der grosse Vorteil des Wiederkäuers und somit der Kuh ist, dass sie im Gegensatz zu uns Menschen Gras zur Produktion von Kalorien nutzen kann. Diese Eigenschaft hat jedoch auch einen Nachteil: Bei der Verdauung entsteht das Treibhausgas Methan, welches zur Erderwärmung beiträgt. Mit methanhemmenden Futtermittelzusatzstoffen soll dem nun entgegengewirkt werden. Von der Futtermittelverordnung als methanhemmend anerkannt ist dabei momentan einzig der Futtermittelzusatz Bovaer.

Dieser muss jedoch aufgrund seiner kurzen Wirkungszeit von zwei Stunden kontinuierlich zugefüttert werden. Im Stall ist es sicher möglich, das umzusetzen. Wie kann die Zufütterung jedoch in der Weidehaltung, wo den Kühen das Futter zu Füssen liegt, gewährleistet werden?

Der Einsatz von methanhemmenden Futtermittelzusätzen befindet sich noch in den Kinderschuhen und Langzeiterfahrungen aus der Praxis fehlen bisher. Da das Mikrobiom im Pansen gegenüber äusseren Einflüssen sehr anpassungsfähig ist, stellt sich die Frage, welche Auswirkungen eine längerfristige Verabreichung zur Folge hat.

Verschreien muss man den Einsatz solcher Produkte nicht. Aber es gibt auch andere Ansätze zur Methanreduktion wie beispielsweise eine angepasste Aufzucht, eine längere Zwischenkalbezeit und eine allgemeine Effizienzsteigerung. Auch diese gilt es weiterzuverfolgen. f.monn@bauernzeitung.ch