Das Hauptfeuer im Kanton Graubünden fand am Abend des 30. Septembers in Siat in der Surselva statt. Das solidarische Beieinanderstehen der Landwirtschaft im ganzen Kanton war sehr gross. Dementsprechend wurden unter grossen Aufwendungen Holz auf die zum Teil bereits tief winterlich eingeschneiten Alpengipfel getragen, um ein Zeichen für den Erhalt der Alpwirtschaft zu setzen.
Politik sensibilisieren
Der Bauerverein Surselva hatte hochrangige Redner aus der kantonalen und nationalen Politik eingeladen. Die politische Vertretung sowie der Solidaritätsgedanken lockte eine Vielzahl an Bäuerinnen, Bauern und Interessierten bei kühlem Herbstwetter nach Siat. Silvan Caduff, Präsident Bauernverein Surselva, bekundete in seiner Eröffnungsrede, dass es nicht darum gehe, Forderungen zu stellen. Trotzdem plagten ihn beim Anblick des Feuers Fragen.
«Warum wird das brutale Töten unserer Tiere nicht gestoppt? Warum wird die Bergbevölkerung nicht ernst genommen? Warum werden wir in dieser Not alleine gelassen?»
Silvan Caduff, Präsident Bauernverein Surselva
433 Kerzen für die gerissenen Nutztiere
Neben dem Hauptfeuer wurden vor der Besenbeiz der Familie Cahenzli auch 433 Kerzen entzündet, um an die bereits 433 gerissenen Nutztiere im noch laufenden Jahr 2022 zu gedenken. Die Anzahl der Risse hat sich innerhalb eines Jahres verdoppelt und dies trotz unverhältnismässig grossen Herdenschutzaufwänden. Auch der Bündner Regierungsrat Marcus Caduff, Vorsteher des Departements für Volkswirtschaft und Soziales, war anwesend.
«Obwohl die Hirten teilweise heute schon in Mitte ihrer Herde übernachten, kommt es zu Rissen. Und wenn dann seitens Umweltverbände bloss die plumpe Forderung nach noch mehr Herdenschutz kommt, dann lupft es mir den Deckel.»
Marcus Caduff, Regierungspräsident Graubünden
Die ganze Diskussion rund um den Wolf gleiche einer Wohlstandserscheinung, denn der wirtschaftliche Schaden, den der Wolf anrichte, sei enorm. Neben dem kulturellen und touristischen Gut der Alpen gehe vergessen, dass die Alpen die Futterbasis der Nutztiere für drei bis viere Monate im Jahr darstellen.
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Carmelia Maissen, noch Gemeindepräsidentin von Ilanz und für die kommende Amtsperiode gewählte Regierungsrätin, wies darauf hin, dass die Gemeinde Ilanz eine der grössten Alpbesitzerinnen sei und der Fortbestand der Alpung für sie eine zentraler Rolle spiele. Die Grossraubtierproblematik müsse lösungsorientiert angegangen werden, damit die Alpwirtschaft auch noch in Zukunft Bestand haben wird.
Lieber Referendum als gar keinen Nutzen
Mitte-Nationalrat Martin Candinas, der nach der am gleichen Tag zu Ende gegangenen Nationalratssession nach wie vor einen frischen Eindruck hinterliess, klärte die gefüllte Besenbeiz über den aktuellen Stand der Jagdgesetzrevision auf. Nachdem der Ständerat am Tag zuvor den Revisionstext zum Jagdgesetz verabschiedet hatte, muss sich im Winter der Nationalrat damit befassen. Der Ständerat hat dabei das seine getan, einen Entwurf auszuarbeiten, der eine Regulierung der Wolfsbestände zulässt. Durch den Antrag des Bündner Ständerats Stefan Engler besteht im aktuellen Entwurf sogar die Möglichkeit, Problemrudel bereits während des Sommers zu entnehmen.
Candinas machte darauf aufmerksam, dass es sein oberstes Interesse sei, ein griffiges Jagdgesetz anzustreben. Er nehme lieber das Referendum in Kauf, anstatt eine Lösung auszuarbeiten, die der Landwirtschaft schlussendlich keinen Nutzen bringe.
Dunkelziffer bei Bündner Wolfsbeständen
Die Schlussrede gehörte dem Bündner Bauernpräsidenten Thomas Roffler. Mit bereits über 70 identifizierten Wölfe und einer Dunkelziffer, die noch viel höher liegen könnte, sei eine alleinige Regulation durch die Rhätische Bahn und die Autobahn nicht mehr realistisch. Es müsse nun zwingend ein griffiges Jagdgesetz her und das sehr schnell.
In diesem Zusammenhang freut es Roffler, dass Carmelia Maissen als Mitunterzeichnerin der Bündner Wolfscharta im kommenden Jahr das kantonale Zepter rund um die Wolfsthematik übernehmen wird und sich so für die Umsetzung der Charta aktiv einsetzen kann.
Petition für sofortige Entnahme des Beverinrudels
Im Rahmen der Veranstaltung hatte Silvan Darms die Petition zur sofortigen Entnahme des Beverinrudels an Marcus Caduff überreicht. Die rund 5000 Unterschriften wurden dem Regierungspräsidenten unter der erwartungsvollen Beobachtung der betroffenen Schamser Landwirte, Gian Michael und Roman Hassler, ausgehändigt. Nach dem offiziellen Teil blieb genug Zeit, um die Gastfreundschaft und die Hofprodukte der Familie Cahenzli zu geniessen und dabei die Grossraubtierthematik im kleineren Kreis zu debattieren.