«Käsen ist meine Passion. Für mich ist die Milchverarbeitung das Schönste auf der Welt.» Käsermeister Alain Jungo aus dem freiburgischen St.Ursen, kommt ins Schwärmen, wenn er von seinem Beruf spricht. Dabei strahlt er über das ganze Gesicht. Er findet den direkten Kontakt zu den Bauern toll und schätzt die Flexibilität, die es mitbringt, sein eigener Chef zu sein. Der Verlauf vom Anliefern der Milch über die Käseherstellung und den verschiedenen Veredelungsprozessen, bis hin zum fertigen, reifen Käse, fasziniert ihn. Die Schwierigkeit liege darin, die Milch jeden Tag aufs Neue konsequent gleich zu verarbeiten. Denn: «Käsen ist eine Tüpflischisser-Arbeit. Käse verzeiht keine Fehler.» Ob die Milch auf ein Grad mehr oder weniger erhitzt werde, mache einen grossen Unterschied, erklärt der Käsermeister.
Käser statt Banker
Die Leidenschaft zum Käsen wurde Alain Jungo nicht in die Wiege gelegt. Zwar half er von Kindesbeinen an im Käsekeller der elterlichen Käserei Struss in St. Ursen mit. Bis er 15 Jahre alt war sah er seine berufliche Zukunft aber als Banker oder Lehrer. Trotzdem absolvierte der heute 34-Jährige die Ausbildung zum Milchtechnologen im elterlichen Betrieb. Danach begann er die Berufsmatur und wollte später studieren. Dazu sollte es nicht kommen.
«Das Käsen fehlte mir.»
Alain Jungo zum Grund, warum er die Matura abbrach.
Stattdessen absolvierte er zusammen mit seinem vier Jahre älteren Bruder Julien, ebenfalls Käser, die Meisterprüfung. Nach einigen Lehr- Wanderjahren in unterschiedlichen Betrieben stieg Alain Jungo 2010 zuhause im Betrieb der Eltern ein. Im Juli 2018 konnte die Familie Jungo die Käserei Büel in Plaffeien übernehmen. Diese wird nun von Julien Jungo geführt, während Alain Jungo in St. Ursen Herr und Meister ist.
Jungo Cheese AG
Seit 1986 führen Käsermeister Franz Jungo und seine Frau Liliane die Käserei Struss in St. Ursen als Milchkäufer. Im Juli 2018 konnte die Familie die Käserei Büel in Plaffeien übernehmen. Franz Jungo gründete dazu mit seinen Söhnen Julien und Alain die Jungo Cheese AG. Das Familienunternehmen realisierte in Plaffeien einen Käsereineubau, der 2023 in Betrieb genommen werden konnte. Dieser wird von Julien Jungo als Milchkäufer geführt, während Alain Jungo die Käserei in St.Ursen als Milchkäufer führt. Vater Franz ist frisch pensioniert, hilft jedoch mit, wo es nötig ist und hat zudem das Präsidium der Aktiengesellschaft inne.
Der Konflikt der Generationen
Auch bei Familie Jungo birgt die enge Zusammenarbeit Potenzial für Generationenkonflikte. «Ich habe viele Veränderungen eingebracht», erklärt Alain Jungo. Dass er zukunftsorientiert arbeite und einiges automatisiert habe, habe am meisten zu Meinungsverschiedenheiten geführt. Der Vater habe sich zuerst an die Neuerungen gewöhnen müssen. Wenn das einmal geschehen sei, empfinde auch er Freude am Fortschritt.
Das Ziel ist der Weltmeistertitel
Eine weitere gemeinsame Freude ist der Gewinn der zahlreichen Medaillen an den «World Cheese Awards». Das ist ein Wettbewerb, der jährlich die besten Käse auszeichnet. Im Jahr 2006 wurde Vater Franz gar zum Weltmeister in Wisconsin (USA) gekürt. Diesen Titel einmal tragen zu können, davon träumt Alain Jungo. «Ich würde mich freuen, den Kleber mit dem Weltmeisterlogo auf meinen Käse zu kleben.» Zwar könnte er dadurch nicht zig Kilo Käse mehr verkaufen. Aber:
«Der Titel würde grosse Wertschätzung für die tägliche Arbeit bedeuten und meinem Ego schmeicheln.»
Alain Jungo bekennt ehrlich, was ihm der Weltmeistertitel bedeuten würde.
Es braucht mehr als das Geschick des Käsers
Alain Jungo ist sich aber bewusst, dass für qualitativ hochstehenden Käse nicht nur das Handwerk des Käsers und seiner Mitarbeitenden eine Rolle spielt. «Die Milchqualität ist das A und O», betont er. Und die benötigte Qualität würden seine Bauern liefern. Dies verdanke er ihnen mit einem höheren Milchpreis, der mit Gehaltszahlungen bei einem Franken pro Kilo Milch liege. Zudem lade er die Bauern jährlich auf eine Tagesreise ein und übernehme an der jährlichen Versammlung der Käsereigenossenschaft das Nachtessen.
«Den Kontakt mit den Bauern und das Vertrauen in die Mitarbeitenden musst du pflegen.»
Der Käsermeister erklärt, wie wichtig eine gute Beziehung zu den Milchproduzenten sei.
Der Keller hilft dem Aroma zusätzlich
Ist dann qualitativ guter Käse entstanden, braucht es optimale Bedingungen zum Reifen. Unter dem Käsereigebäude befindet sich ein Sandsteinkeller. Dieser sei nicht einfach zu unterhalten und gebe einiges mehr an Arbeit, als ein vollautomatisch klimatisierter Keller, erklärt Alain Jungo. Denn der Anteil an Feuchtigkeit variiert innerhalb des Kellers. Die Käse müssten daher, je nach Reifegrad, im Keller umplatziert werden. Belohnt werde der Mehraufwand durch eine noch bessere Qualität und eine Spur mehr Schärfe.
Betriebsspiegel Jungo Cheese AG
Betriebsstandorte: St. Ursen und Plaffeien
Betriebsleiter: Alain Jungo (Milchkäufer Käserei Struss in St. Ursen), Julien Jungo (Milchkäufer Käserei Büel in Plaffeien)
Mitarbeitende: 8 in den Käsereien, 3 in den Läden
Verarbeitete Milch pro Jahr: 3,5 Mio kg in St. Ursen, 4 Mio kg in Plaffeien
Anzahl Milchlieferanten: 57
Produzierte Käsemenge: 700 Tonnen jährlich
Produkte: Greyerzer AOP, Vacherin Fribourgeois AOP, Kaiseregg, Strusser, Mutschli, Käsereibutter
Seit Jahren ist ein Käsereisterben zu beobachten. Viele kleine Käsereien gehen zu, weil die Produktionskosten zu hoch und der Ertrag zu gering sind. Auch im Sensebezirk ist das nicht anders. Alain Jungo erklärt, dass im Umkreis fünf Betriebe geschlossen wurden und die Produktion an die Käserei Struss abgegeben wurde. Die Jungo Cheese AG steht auf gesunden Beinen. Beim Betriebsrundgang fällt zudem die moderne Einrichtung der Käserei auf. «Vaters Traum, dass die Käserei in St. Ursen bestehen bleibt, ist in Erfüllung gegangen», erzählt sein Sohn.
Investieren lohnt sich
Was macht die Familie Jungo also besser, als andere?
Die Antwort von Alain Jungo ist deutlich:
«Wir haben genug früh investiert.»
Das sei der Grund, warum die Käserei Struss auf gesunden Beinen steht.
Jedes Jahr sei irgendetwas ersetzt worden. Einmal die Eiswasserkühlung, dann die Zentrifuge, es wurde von den Beton-Käsegestellen auf Eisen umgestellt und so weiter. Ein späterer Gesamtumbau konnte dadurch mit viel kleinerem finanziellem Aufwand gestemmt werden. «Die Bauern mussten für diesen Umbau keinen Rappen Milchgeld stehen lassen», erklärt Alain Jungo stolz. Den Blick in die Zukunft gerichtet, befürchtet der Käsermeister, dass der Fachkräftemangel zum Problem werden könnte und die Milchproduktion zurückgehen wird. Im Industriesektor werde es besonders schwierig. Die Käsebranche werde sich halten können, ist er der Meinung. Aber: «Hätte ich keinen Greyerzerbetrieb, würde ich nicht mehr käsen», macht er deutlich.
Die Grossen Käsereien werden bleiben
Zwar darf er sein Kontingent der Greyerzerproduktion heuer nur zu 93 Prozent ausschöpfen. Die restliche Milch, die sogenannte Einschränkungsmilch, verkäst er zu einigen wenigen Spezialitäten, was für die Bauern mehr Geld bedeutet. Aber der Spezialitätenmarkt sei überfüllt. Das werde sich nicht ändern. Aus diesem Grund kreiert er keine weiteren Spezialitäten-Sorten. Alain Jungo vermutet, dass alle kleinen Käsereibetriebe früher oder später wegen fehlender Rentabilität zugehen werden. Aber: «Wir bleiben», ist er sich sicher.