Eigentlich sei es extrem, wie viele Mittel derzeit in den Abstimmungskampf gesteckt würden. «Wenn man sich überlegt, wie wir mit der Förderung von zeitgemässen Kommunikationsangeboten eine nachhaltige Wirkung erzielen könnten, so gibt dieser Kampf höchstens einen Gestellten mit der Note 8,75», schmunzelt Bruno Stadelmann, Meisterlandwirt und Geflügelmeister von der Schwand im luzernischen Willisau. «Die Landwirtschaft ist auf die verschiedenen Ansprüche schlecht vorbereitet. Viele Veränderungen und Anpassungen haben wir umgesetzt, aber uns ist es nicht gelungen, unsere Leistungen zu kommunizieren. Umweltverbände mit einem aggressiven Marketing, bestückt mit vielen Unwahrheiten und zu allerletzt noch die einseitigen Medienberichte haben die Stimmung für die Landwirtschaft erschwert. Die erfolgreiche politische Arbeit im Parlament hat unsere politischen Mitbewerber zusätzlich mobilisiert», analysiert Stadelmann.

Es braucht Kompromisse

Wohlgemerkt, er tritt klar für zweimal Nein zu den Pflanzenschutz-Initiativen ein, weiss um die negativen Folgen auch für seinen Betrieb. Vor Jahren noch im Vorstand von Gallo Suisse, Ressort Agrarpolitik, sei ihm schon bei der Unterschriftensammlung bewusst gewesen, was da auf die Landwirtschaft zukommen könnte. Gleichwohl steht er der aktuellen Landwirtschaftspolitik und der Haltung der Bauernverbände teils kritisch gegenüber. «Ich persönlich bin eher ein Diplomat, stehe für Kompromisse, welche nicht immer angenehm sind, aber langfristig eher zum Ziel führen.»

Der Dialog fehlt

Gerade im Hinblick auf die Abstimmung wären mehr Kontakte zu Konsumenten wertvoll.  Überhaupt seien Corona-bedingt die Kontakte etwas eingebrochen, was es erschwere, die Stimmung zu fühlen. «Wir bräuchten mehr Gespräche mit kritischen Leuten.» Es werde stark polarisiert, und komplexe Zusammenhänge blieben auf der Strecke, könnten schwierig vermittelt werden. «Mit Plakaten in einem Abstimmungskampf ist es nicht getan. In Sachen Kommunikation müssen wir uns sehr stark verbessern.»

Die Leute denken anders

Es sei verständlich, wenn Konsumenten kritisch reagieren, wenn sie von überschrittenen Grenzwerten im Trinkwasser, von Nährstoffüberschüssen in Böden und belasteten Seen lesen. Ob diese Meldungen auch fachlich korrekt sind, könne der Konsument gar nicht beurteilen Offensichtlich schaffe es die Landwirtschaft schlecht, Zusammenhänge zu erklären oder auf bisherige Umweltleistungen oder die Verhältnismässigkeit aufmerksam zu machen.

Ihm seien persönliche Gespräche lieber als ein polarisierender Abstimmungskampf. Wie auch das Resultat der Abstimmung ausfalle, das Image der Bauern werde nicht besser, und der Druck für mehr Umweltleistungen werde bleiben. Die Gesellschaft verändere sich rasant, und kritisch seien nicht nur die Medien. Stadelmann berichtet von seiner Tochter, die als Viertklässlerin von der Schule erzähle, dass die Kühe schlecht für die Umwelt und das Klima seien. Es gebe einige Regionen mit professioneller Tierhaltung und einer starken vor- und nachgelagerten Branche. Er persönlich habe aber grosse Zweifel, dass die Tierbestände in Zukunft gehalten werden könnten, meint Stadelmann, selber auch betroffen. Wichtig sei doch, dass man es als Unternehmer schaffe, sich einem ändernden Gesellschafts- und Marktumfeld anzupassen.

Luzerner Aufstockungsbetrieb

Der Legehennenhalter führt in vierter Generation einen typischen Luzerner Aufstockungsbetrieb mit zwölf Hektaren Fläche. Sein Vater startete in den 60er-Jahren, hielt Milchvieh und Zuchtsauen, baute in den 80er-Jahren den ersten Hühnerstall und gab die Schweinehaltung auf. Über die Jahre wurde mit Hühnern weiter aufgestockt und auf die Milchkühe verzichtet. Bereits bei der Betriebsübernahme durch Bruno Stadelmann 2010 war die Schwand ein spezialisierter Legehennenbetrieb. Das teils steile Grünland wird mit zwölf Mutterkühen genutzt. Zudem bestehen viele Ökoflächen, auf wenig produktiven Grünflächen so zum Beispiel Blumenwiesen und Extensivwiesen, rund 18 Prozent. Für das Rindvieh wird kein Futter zugekauft.

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Raumplanung macht Sorgen

Hauptbetriebszweig sind die 80 GVE Legehennen, die Eier werden via Ei AG Sursee an das Coop-Label Naturafarm vermarktet. Die 8000 Hühner, mit 18 Wochen auf dem Hof, geniessen BTS und RAUS. Für das Geflügel muss alles Futter zugekauft werden, der Mist geht an Ackerbaubetriebe oder Biogasanlagen, sodass die Nährstoffbilanz ausgeglichen ist. Es sei allerdings eine Herausforderung heute, auch aufgrund der Raumplanungsauflagen, einen solchen Betrieb noch halten zu können.

Preise müssten steigen

Zu den Auswirkungen der Agrar-Initiativen auf seinen Betrieb differenziert Stadelmann. Eigentlich verbiete die Trinkwasser-Initiative ja nichts. Kaum ein Geflügelhalter könne aber das Futter selber produzieren. Also müssten sie aufgeben oder auf Direktzahlungen verzichten. Stadelmann geht davon aus, dass aber die Konsumenten weiterhin Schweizer Eier bevorzugen. Also müssten jene den Mehrpreis bezahlen, wenn die Beiträge vom Staat fehlen. «Das wäre bei einer Annahme eine grosse Herausforderung.» Die Geflügel- und Schweinehalter müssten selbstbewusst hinstehen und erklären, dass es ohne Futtermittelimporte nicht gehe. «Schliesslich ist die Schweiz auch sonst ein Land, das Rohstoffe importiert.»

Die Pestizidverbots-Initiative sei da viel krasser, weil auch die ganze Lebensmittelindustrie betroffen ist. Und auf seinem Betrieb könnte er keine Desinfektionsmittel im Hühnerstall mehr einsetzen. Aufhören wäre für ihn jedenfalls kein Thema, wenn die Initiativen angenommen würden. Allenfalls würde er die Übergangsfrist nutzen, um den Betrieb umzustellen, oder komplett neu ausrichten.

 

Betrieb Schwand

Name: Bruno und Andrea Stadelmann-Erni, Anjaund Ilona (10), Lynn (7) und Sina (5)

Ort: Schwand, Willisau LU (630 m ü. M.,voralpine Hügelzone)

Fläche: 12 ha LN, davon 8 ha Eigenland.Alles Grünland, 18 % Biodiversitätsförderfläche.

Tiere: Zwölf Grauvieh-Mutterkühe, 8000 Legehennen

Direktvermarktung: Fleisch von Mutterkühen und Geflügel, Teig-waren, Geschenkartikel.

Arbeitskräfte: Betriebsleiterfamilie, diverse Angestellteim Hühnerstall und für Direktvermarktung, ein Lernender.

 www.rundumsei.ch