«Das muss einen Grund haben», sagte sich Beat Bergmann, als auf seiner Hangweide immer mehr Ferkelkraut auftauchte. Weder Niederspritzen noch Umbrechen war für ihn eine befriedigende Lösung. «Die genaue Ursache für das Aufkommen des Ferkelkrauts weiss ich bis heute nicht», räumt der Landwirt aus Bolligen BE ein. Aber die Überlegungen zu dieser Pflanze führten ihn zur Regenerativen Landwirtschaft.

Bodenleben im Fokus[IMG 4]
In einer Serie beleuchten wir die Regenerative Landwirtschaft, bei der die Bodenbiologie, ihre Zusammensetzung und Förderung sowie das Zusammenspiel mit Pflanzen im Fokus stehen

Liste nach dem Kurs

Er sei noch kein «Crack» der Regenerativen Landwirtschaft, stellt Beat Bergmann klar. «Aber ich finde es spannend, weil der Boden im Fokus ist.» Neben Büchern bildete sich der Landwirt in einem Kurs der beiden deutschen Regenerativ-Fachmänner Dietmar Näser und Friedrich Wenz weiter. Sehr lehrreich sei das gewesen, «aber man wird mit Informationen fast erschlagen», so Bergmann. Im Nachgang stellte er für sich daher eine Liste zusammen mit Punkten, die er auf seinem Mutterkuhbetrieb schrittweise umsetzen will:

Mist reifen: Nach Näser/Wenz soll man den Mist entweder kompostieren oder sauerstofffrei fermentieren. Bisher hatte Beat Bergmann den Tiefstreumist direkt aufs Feld gefahren. «Seit einem Jahr streue ich den Mist an eine Miete, gebe dabei Effektive Mikroorganismen (EM) zu und lasse das Ganze abgedeckt mehrere Wochen reifen», erklärt er. Während der Reife wird der Mist einmal mit dem Mistkran umgeschichtet. Das Material sei schnell zusammengefallen und habe am Ende einen tieferen Strohanteil gehabt, so seine Beobachtung. Später möchte er den Mist versuchsweise auch fermentieren, um die beiden Verfahren zu vergleichen.

Gülle beleben: Empfohlen wird die Zugabe von Biolith, EM und Pflanzenkohle. Bei Ersterem hatte Beat Bergmann Bedenken wegen Ablagerungen in der Güllegrube. «Biolith streue ich derzeit nur im Stall in die Liegeboxen und die Tiefstreu», erläutert der Landwirt. Die Zusätze haben die Gülle weniger geruchsintensiv gemacht, sind sich Beat und Johanna Bergmann einig. Ob der Dünger dadurch besser geworden ist, sei schwer zu beurteilen. «Man sieht ja nur den eigenen Betrieb, es fehlt der Vergleich. Und eine Analytik, die eine bessere Verträglichkeit in Zahlen aufzeigen kann, ist uns nicht bekannt», sagt die Agronomin. «Bis sich der Grünlandbestand an die aufbereitete Gülle anpasst, braucht es sicher seine Zeit», ergänzt Beat Bergmann.

Komposttee: Bergmanns bisher einzige Investition ist eine Kompostteemaschine. Mit einem Set hat sich der Landwirt ans Brauen gemacht und den Tee im Grünland sowie im Getreide ausgebracht. Mit den gekauften Zutaten sah er sich auf der sicheren Seite, die richtigen Mikroben zu vermehren. Das behandelte Getreide habe einen schönen Bestand gebildet und guten Ertrag gegeben, explizit auf den Tee zurückführen könne er das aber nicht. Als wichtiges Element der Regenerativen Landwirtschaft wollte es der Landwirt trotzdem ausprobieren und plant, seine Ausrüstung weiter zu benutzen. Komposttee soll gestresste Kulturen robuster machen gegen Krankheiten und bei der Unkrautkontrolle helfen.

Weidenmanagement: «Ich vermeide Kurzrasenweide und habe noch kleinere Koppeln als früher», erklärt Beat Bergmann. Als zentral bezeichnet er ein schnelles Abweiden mit hohem Weidedruck und eine anschliessende Ruhezeit für die Fläche. Am schlimmsten sei es, wenn auf einer zu grossen Koppel der neue Aufwuchs nach wenigen Tagen direkt wieder gefressen werde, was die Pflanze schwäche. Vor allem während der Wachstumsphase im Mai gelte es das zu beachten. Steile Südhänge seien aber grundsätzlich herausfordernd zu beweiden. «Die optimale Lösung habe ich dort noch nicht gefunden», meint Bergmann. «Einerseits möchte ich eine möglichst trittfeste und gleichmässige Grasnarbe, was häufiges Beweiden fördert. Andererseits sind Horstgräser trockenheitsresistenter, aber anfälliger für Trittschäden bei Nässe», erklärt er das Dilemma. Mit möglichst vielfältigen Gras-Klee-Kräuter-Saaten versucht Bergmann, diesen Anforderungen gerecht zu werden. Sein Hauptziel ist mehr und besseres Futter für seine Tiere und damit gesündere Mutterkühe und Kälber.

«Ich habe jetzt noch kleinere Koppeln»

Beat Bergmann arbeitet mit hohem Weidedruck und anschliessender Ruhephase.

[IMG 2]

Fräse statt Pflug: Die Regenerative Landwirtschaft empfiehlt, den Boden permanent bewachsen zu halten und wenig intensiv zu bearbeiten. Beat Bergmann setzt im Ackerbau statt des Pflugs eine Celli-Fräse mit anschliessender Flächenrotte ein. «Das funktioniert gut», so seine erste Bilanz. 2023 versuchte er sich erstmals an einer mehrjährigen Kunstwiese mit Luzerne, in die er eine Mischkultur aus Erbse und Gerste säte. Wegen des abrupten Wechsels von Trockenheit auf Nässe im Oktober war aber nur eine abgekürzte Flächenrotte möglich. «Mal schauen, wie sich der Bestand entwickelt», meint er dazu.

Sinnvoll, aber nicht zwingend

Früher hat Bergmann vor allem in Hanglagen immer direkt gesät – sowohl Getreide als auch bei Wiesenerneuerungen. Da er aber auf Bio umstellt, kommt die damit verbundene Glyphosat-Anwendung nicht mehr infrage. Die Wiesenerneuerung im trockenen September habe mit der Celli-Fräse erstaunlich gut geklappt, obwohl es nach der Saat kaum noch Regen gab.

«Wir stellen vor allem auf Bio um, weil diese Bewirtschaftung sich für uns richtig anfühlt», erklärt Johanna Bergmann. Es sei für ihren Betrieb ein sinnvoller Schritt in der Regenerativen Landwirtschaft, aber grundsätzlich nicht zwingend. Bergmanns sind sich allerdings einig, dass Bio als Mutterkuhbetrieb gut machbar ist. Die Bio-Knospe werden sie ab 2025 nutzen können. Mit der Mitgliedschaft im Verein Agricultura Regeneratio stünde es ihnen auch offen, die gleichnamige Marke auf ihren Produkten anzubringen. «Mir gefällt bei der Regenerativen Landwirtschaft, dass es keine fixen Vorgaben gibt», sagt Beat Bergmann. Man könne auswählen und umsetzen, was für den eigenen Betrieb sinnvoll sei. Bei Agricultura Regeneratio verpflichte man sich entsprechend zu einer Beratung, in der solche Massnahmen zur Umsetzung bestimmt werden. Diese Beratung steht für Bergmanns noch aus. Zusätzlich sind sie auch Mitglied bei «Regenerativ Schweiz». «Ich will schauen, wo es in Zukunft mit der Schweizer Landwirtschaft hingehen könnte», begründet der Landwirt.

Betriebsspiegel Beat Bergmann

Arbeitskräfte: Beat Bergmann, Johanna Bergmann (arbeitet 60 Prozent auswärts)
LN: 18 ha, davon 16 ha Futterbau und 2 ha Getreide, 12 ha Wald
Tierbestand: 25 Angus-Mutterkühe
Weiteres: Hofladen mit eigenen Produkten (u. a. Trockenobst von Hochstammbäumen) und Deko

[IMG 3]

Hilfsmittel als Unterstützung

Die Motivation fürs Pröblen mit der Regenerativen Landwirtschaft ist vielfältig. «Es ist auch die Herausforderung, sich mit der Natur zu beschäftigen und neue Ansätze zu finden», sagt Beat Bergmann. Ihm und seiner Frau ist das Schliessen von Kreisläufen ein Anliegen, wofür sich ein System bis zu einem gewissen Grad selbst regulieren können muss. Hilfsmittel wie Komposttee oder Güllezusätze sollen ein Anstoss sein und unterstützen. «Ich bin da schon etwas kritisch, ob all die teils teuren Zusätze langfristig Sinn machen», gibt Bergmann zu. Sobald der Boden lebendig genug sei, brauche es sie eigentlich nicht mehr. «Wir haben Glück, dass es in der Region passende Maschinen gibt, die ich mieten kann», ergänzt der Bolliger. So könne er etwa den pfluglosen Anbau ohne grössere Investitionen testen.

Und das Ferkelkraut? Um der Sache auf den Grund zu gehen, hat Beat Bergmann Bodenproben analysieren lassen. Die Nester befanden sich demnach auf nährstoffarmen Flecken. «Wahrscheinlich war es eine Übernutzung mit zu kurzer Ruhephase, die zu lückigen Grasbeständen geführt hat», mutmasst Bergmann. Mittlerweile sei es jedenfalls seltener geworden.

Für Daniel Bärtschi gehören Tiere zur Regenerativen Landwirtschaft dazu – sie sollen aber möglichst ganzjährig draussen gehalten werden. (Bild BauZ)Regenerative Landwirtschaft«Die Schweiz könnte bei der Integration von Tieren in die Regenerative Landwirtschaft führend werden»Dienstag, 8. Juni 2021