Dass neben dem üblichen, routinemässigen Putzen von Zeit zu Zeit ein Grossreinemachen nötig ist, versteht sich – zumindest für die allermeisten – von selbst. Und siehe da: Die Idee, im Frühling gröber aufzuräumen, auszufegen und gründlich zu schrubben, ist eine ganz alte und weit verbreitete. Der Frühlingsputz steht in den meisten Kulturen neben dem praktischen Nutzen auch symbolisch für den Beginn einer neuen Saison und für einen Abschluss mit dem Alten. Wir haben versucht, den Ursprüngen des Frühlingsputzes auf die Spur zu kommen.
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Raus mit dem ganzen Dreck des Winters
Vermutlich hat man im Frühling schon den Dreck des Winters ausgekehrt, als der Mensch es sich noch in Höhleneingängen, Laubhütten und Zelten aus Mammuthaut gemütlich gemacht hat. Schliesslich sammelte sich wohl auch da einiges an Schmutz, Abfall und Russ von den Feuerstellen an.
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Tatsächlich geht eine der eher naheliegenden Erklärungen für das Phänomen Frühlingsputz auf jene Zeiten zurück, zu denen in den schlecht isolierten Häusern mit Holz und Kohle geheizt und gekocht wurde. Dazu kam, dass man im Winter oft Hühner in den Wohnräumen hielt, um sie vor der Kälte zu schützen – von da stammt die Bezeichnung «Stubenküken». Von Empfehlungen zum regelmässigen Stosslüften dürfte damals noch nicht viel dagewesen sein, weshalb die Fenster – einmal für die Wintersaison verrammelt – kaum geöffnet wurden. Entsprechend lagerte sich in den Wohnräumen über die kalte Jahreszeit viel Russ und Staub ab und dieser ganze Dreck wollte im Frühling, wenn es wieder wärmer war, ausgekehrt werden.
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Schon die Römer haben fleissig gereinigt
Das Thema Reinigung beschäftigt die Leute nachweisbar seit Urzeiten. Schon der Grieche Hippokrates wusste es vor rund als 2500 Jahren: Regelmässiges Waschen und Saubermachen schützt vor Krankheiten. In der Antike waren besonders die alten Römer grosse Fans von (körperlicher) Sauberkeit, man denke etwa an die römische Badekultur mit ihren vielen Thermalbädern und Wasch-Ritualen.
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Doch auch die geistig-seelische Reinigung war den Römern wichtig: So leitet sich etwa der Monatsname des Februars vom lateinischen Verb februare ab, was in etwa so viel bedeutet wie «reinigen, sühnen»; der Februar war also der «Reinigungsmonat». Im Februar, der im altrömischen Kalender das Jahresende bildete, standen zahlreiche Reinigungs- und Sühnerituale auf dem Plan. Da durfte vor dem Beginn des neuen Jahres und des Frühlings auch eine Reinigung der Häuser nicht fehlen.
Klösterliche Sauberkeit
Was das europäische Mittelalter angeht, finden sich nur wenige Quellen über das Thema Frühlingsputz. Pergament als Schreibstoff war für das gewöhnliche Volk nicht zu bezahlen und lesen konnten ohnehin nur die wenigsten. Auch die Themen in den zeitgenössischen Texten waren entweder religiöser Natur oder drehten sich um höfische Helden und deren Kultur. So etwas Triviales wie ein Frühlingsputz fand wohl kaum Eingang in so etwas Kostbares, wie ein mittelalterliches Buch.
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Regelmässiges Putzen stand hingegen in den Klöstern auf dem streng geregelten Plan. Vor den hohen Feiertagen wurden die Räumlichkeiten in vielen Klöstern gründlich gereinigt und vielerorts gab es genau festgelegte Waschpläne. Ausserhalb der Klostermauern hingegen mass man der Reinlichkeit weniger Bedeutung bei. So hatte man etwa vielerorts die Badehäuser geschlossen, weil man befürchtete, dass sich durch das gemeinsame Baden Seuchen verbreiten würden. Daran sollte sich erst etwas ändern, als man (wieder)entdeckte, dass durch mangelnde Hygiene der Ausbreitung von Krankheiten Vorschub geleistet wurde.