«Nassreis ist ein spannendes Produkt, wirtschaftlich interessant und auch für die Biodiversität ein riesiger Vorteil.» Léandre Guillod, der mit seinem Bruder Maxime die Firma Guillod SA im freiburgischen Môtier gegründet hat, kommt beim Thema Nassreis regelrecht ins Schwärmen. Zudem könne mit dem Anbau von Nassreis Produktion und Ökologie verbunden werden, das eine schliesse das andere nicht aus. Die Gebrüder arbeiten denn auch eng mit Naturschutzorganisationen wie etwa der Vogelwarte Sempach zusammen.
Bereits seit ein paar Jahren bauen die Gebrüder, die ansonsten Gemüse produzieren und sich auf Nüsslersalat spezialisiert haben, im Vully-Gebiet Nassreis an. Heuer kommt nun ein Grossversuch im bernischen Kappelen dazu. Im Dorf im Berner Seeland wurde im Mai ein drei Hektaren grosses Feld mit Reissetzlingen bepflanzt und geflutet. Bereits im letzten Herbst wurde das Feld dazu planiert und die Becken angelegt. «Es muss perfekt flach sein, damit ein ausgeglichenes Wasserniveau erreicht werden kann», betont der Landwirt.
Reisanbau bei Guillod SA
Der Boden muss eben planiert sein. Die Gebrüder ziehen die Pflanzen selbst auf und setzen sie im Frühling. Das hat gegenüber dem Säen den Vorteil, dass durch die sofortige Flutung die Hühnerhirse besser in Schach gehalten werden kann. Das Jäten von Hand sei so noch möglich. Beim Säen wächst hingegen die Hirse gleichzeitig mit dem Reis. Der Wasserpegel bei den gefluteten Feldern muss stets kontrolliert und bis nach der Blüte im August auf dem immer gleichen Niveau gehalten werden. Danach geht der Wasserpegel stetig zurück, der Reis reift heran. Die Ernte erfolgt mit einem kleinen betriebseigenen Raupenmähdrescher im September oder Oktober. Danach wird der Reis entspelzt, poliert,abgepackt und selbst vermarktet.
Das Thema Wasser bewegt die Bevölkerung
Da die Alte Aare, der ursprüngliche Flusslauf von Aarberg nach Büren a. A., nicht direkt neben der Parzelle liegt, wurde das Feld mit Grundwasser geflutet. Léandre Guillod ist sich bewusst, dass dies in Anbetracht von künftig wohl vermehrt zu erwartenden Trockenperioden Diskussionen auslöst. Er macht aber auch deutlich, dass sein Bedarf gering ausfalle, betrachte man das im Seeland in grosser Menge zur Verfügung stehende Grundwasser. Wie bei Bewässerungen von Kulturen verdunste auch beim gefluteten Reis ein Teil des Wassers, der Rest versickere wieder im Unterboden.
Durch die Bezahlung der Bewässerungskonzession ist die Wassernutzung gestattet
Dass er mit den Diskussionen recht hat, zeigte sich an der Gemeindeversammlung von Kappelen. Da wollte ein besorgter Bürger wissen, wie das mit dem hohen Wasserverbrauch sei. Und offenbar gingen auf der Gemeindeverwaltung mehrere Anfragen dazu ein. Der Gemeindeschreiber klärte die Bevölkerung auf, dass die Gebrüder Guillod wie alle anderen Landwirte auch Gebühren für eine Bewässerungskonzession zahlen und dafür Grundwasser zum Bewässern der Kulturen oder, im Fall der Nassreisproduktion, zum Fluten der Kultur nutzen dürfen.
«Nassreis tut trotz Wasserverbrauch viel für die Natur.»
Léandre Guillod weiss, dass der Wasserbedarf Diskussionen auslöst.
Wegen der Trockenheit fehlen Nassflächen - das schafft eine künstliche ökologische Nische und fördert damit die Artenvielfalt
Weiter erklärt Reisproduzent Léandre Guillod: «Es ist wichtig, zu verstehen, dass Nassreis trotz Wasserverbrauch viel für die Natur tut.» Gerade wegen der Trockenheit gingen Nassflächen zurück, was schlecht für die Vielfalt an Lebewesen sei. Sein Betrieb hingegen baue mit den gefluteten Feldern künstliche ökologische Nischen auf und trage so zum Erhalt der Artenvielfalt bei. Zudem verzichten die Gebrüder Guillod auf Pflanzenschutzmittel, auch wenn sie kein biozertifizierter Betrieb sind.
Nassreis ist standorttreu
Nassreis wird immer wieder auf derselben Fläche angebaut. Durch die Flutung können keine Bodenkrankheitenauftreten. Dies, da der Sauerstoff fehlt, den Krankheiten wie etwa Fusarien zur Sporenbildung benötigen. Die Direktzahlungsverordnung sieht keine wechselnde Fruchtfolge von Reisflächen vor. Dafür darf jedoch der maximale vom Bund vorgesehene Anteil Getreide von 66 Prozent an der gesamten Ackerfläche mdes Betriebes nicht überschritten werden.
Agroscope untersucht die Zusammenhänge
Léandre Guillod ist überzeugt, dass in wenigen Wochen das Reisfeld in Kappelen zahlreiche neue tierische Bewohner habe. So, wie das in seinen Feldern im Vully der Fall ist. Dort leben zahlreiche Amphibien wie der gefährdete Laubfrosch. Und auch Kibitze brüten erfolgreich. «Man sieht, dass da etwas Positives passiert», freut er sich hörbar. Die Nassreisproduktion der Gebrüder Guillod ist denn auch Teil eines grossen Agroscope-Projekts. Eine Doktorandin untersucht heuer die Umwelteinflüsse von Nassreis im Zusammenhang mit Boden, Wasser und Luft.
Neue Marke für Kappelen
Die Gebrüder Guillod vermarkten den Reis aus dem Vully-Gebiet unter der Marke «Premier Riz du Vully». Sollte der Grossversuch in Kappelen von Erfolg gekrönt sein, will die Familie dafür eine eigene Marke mit eigenem Logo kreieren. Bislang sei es schwierig gewesen, die deutschsprachige Bevölkerung als Kundschaft zu gewinnen. Die noch unbekannte Marke mit dem Reis aus Kappelen würde der Familie diese Türe zum Verkauf in der Deutschschweiz öffnen.