Beherzt zerrt Jürg Lauper die dicken, trockenen Stängel des abgestorbenen Rettichs zur Seite. Der Boden, der darunter zum Vorschein kommt, ist krümelig und mit Wurmgängen durchsetzt. Nur vereinzelt spriesst zartes Unkraut, dass der Landwirt kritisch beäugt. «Diese Gründüngung habe ich gleich nach dem Strohräumen der Wintergerste gesät», erklärt er. Mit der Unkrautunterdrückung ist er ziemlich zufrieden. Im unteren Teil habe er Glyphosat eingesetzt, doch es ist kein Unterschied zum Rest des Feldes sichtbar. «Offenbar geht es in diesem Fall auch ohne», schlussfolgert Lauper. Ausprobieren gehört für ihn dazu – auch wenn seine Fruchtfolge sorgfältig geplant ist und er schon seit 1998 seine Flächen direktsät.
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Ein Zwei-Tages-Fenster nutzen
«Es ist wichtig, die Gründüngung so früh wie möglich zu säen», hält Jürg Lauper fest. Sein ehemaliges Wintergerstenfeld hat diese goldene Regel bestätigt, denn die Gründünung hatte genug Zeit, sich zu entwickeln und das Unkraut zu unterdrücken. Es gibt noch weitere Gründe, weshalb die Sämaschine Drescher oder Strohpresse quasi auf dem Feld antreffen sollte: «Nach der Ernte herrschen für die Saat gute Bedingungen, der Boden ist noch nicht ausgetrocknet», erklärt Bernhard Streit, Pflanzenbau-Dozent an der HAFL. Es gelte, ein Zwei-Tages-Fenster zu nutzen, um nicht später auf eine Regenprognose warten zu müssen.
Künftig Lupinen statt Kunstwiese
Jürg Lauper hat eine 5-jährige Fruchtfolge (FF) mit Zuckerrüben, Winterweizen, Mais, Lupine und Getreide (Weizen oder Gerste), dazwischen sind Gründüngungen (GD) geschaltet:
Wintergerste – GD – Zuckerrüben – Winterweizen – GD – Mais – Lupinen – GD
Da sein Partner in der Tierhaltungsgemeinschaft mit gut 30 Milchkühen pensioniert wird und Lauper daher künftig einen viehlosen Betrieb führt, hat er die Kunstwiese durch die Leguminose ersetzt. «Dieses Jahr werde ich zum ersten Mal Lupinen in Reinsaat anbauen», erläutert Lauper. Ob nach der Ernte genügend Zeit für das Wachstum einer GD bleibt, wird sich noch zeigen. «Es gibt aber mittlerweile sehr schnellwüchsige Mischungen und im Sommer wäre eine Bodenbedeckung besonders wichtig», gibt Jürg Lauper zu bedenken. Wenn der Boden aktiv ist, laufe die Mineralisierung stark und die Gefahr für Stickstoff-Auswaschungen sei sehr hoch. Auch, weil reife Kulturen in den warmen Monaten einen im Vergleich zum Frühling geringen Nährstoffbedarf haben.
Die Mischung hat nicht funktioniert
Die GD vor dem Mais sollte den Winter überstehen, um den Boden bis zur Maissaat zu schützen. Zu diesem Zweck hat der Berner letztes Jahr eine Mischung aus abfrierenden und überwinternden Pflanzen gesät, letztere hätten sich aber vor dem Winter zu wenig entwickeln können. So stehen nun auf dem Feld zwar hohe aufrechte Stiele der abgefrorenen Arten, der frostharte Roggen konnte sich aber nicht ausreichend etablieren.
[IMG 8]Serie zum Bodenschutz
Wir sammeln Erfahrungen und Fachwissen rund um moderne Anbausysteme. Dies in Zusammenarbeit mit Swiss No-Till, der Schweizerischen Gesellschaft für bodenschonende Landwirtschaft.
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Lupinen schätzt Jürg Lauper in der Fruchtfolgeplanung, da sich damit Halm- und Blattfrüchte abwechseln. Ausserdem fixiert die Leguminose Stickstoff, den es bei der Düngung der nachfolgenden Kultur einzuberechnen gilt und lockert die Fruchtfolge in punkto Fusarienrisiko nach Mais auf. Futterbau im Sinne von Kunstwiesen macht für ihn ohne Tiere aber keinen Sinn mehr, was er angesichts der positiven Effekte von Gras- und Kleebeständen bedauert – Kunstwiesen lassen den Boden eine Weile ruhen und sorgen für eine gute Durchwurzelung. «Es wächst immer etwas, das versuchen wir in modernen Anbausystemen im Ackerbau ebenfalls zu machen», fasst Bernhard Streit zusammen. Säen und Terminieren einer Kunstwiese sind in einem Direktsaatsystem aber eine Herausforderung. «Die GD sind auf darauffolgende Ackerfrüchte abgestimmt. Im Futterbau ist das Saatgut kleiner, die Anforderungen an die Keimbedingungen sind damit höher», fährt Streit fort. Ausserdem haben Gras- und Kleearten Mühe, durch eine GD hindurchzuwachsen.
Herbizid gegen Gras
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Um Gras – speziell hartnäckig sei italienisches Raigras – ohne Pflug zu räumen, setzte Jürg Lauper Glyphosat ein. Auch dort, wo sich ganze Horste versamten Raigrases in der abgefrorenen Gründünung etablieren konnten, wird er nicht darum herumkommen. Die Alternative wäre der Pflug. «Aber ich bin mir sicher, dass damit mehr kaputt ginge», bemerkt der Landwirt.
Wenn, dann nur moderat pflügen
Für den neuen Produktionssystembeitrag (PSB) «Schonende Bodenbearbeitung» müssen 60 Prozent der Flächen pfluglos bewirtschaftet werden. Das lässt Raum für Ausnahmen und Bernhard Streit plädiert beim Kunstwiesen-Umbruch für Flexibilität. Dies angesichts dessen, dass sie Böden bis zu einem gewissen Grad sanieren können. «Nach einem Pflugdurchgang ist der Boden zwar wieder anfällig, Gefüge und Struktur sind zerstört, was schade ist,», fährt der Dozent fort. Das grössere Problem sieht er aber in der Kombination von Pflug und Kreiselegge, die oft zu schnell eingesetzt und von zu schweren Traktoren gezogen werde. Wenn jemand «unbedingt» bearbeiten will, ist nach Streits Meinung ist ein moderater, oberflächlicher Pflugdurchgang weniger schädlich, als mehrmals mit verschiedenen Geräten über das Feld zu fahren. «Aber da bekommt man verschiedene Antworten, je nach befragter Person und deren Erfahrungen», ist er sich bewusst.
Keine Fahrspuren im Weizen
Erfahrung mit Direktsaat hat Jürg Lauper viel. Und er stellt fest, dass seine relativ leichten, sandig-lehmigen Böden damit tragfähiger sind. Im Weizenfeld zeigt er zum Beweis, dass vom Rübenvollernter keine Fahrspuren zu sehen sind – das Getreide wächst gleichmässig. «Unsere Rüben konnten allerdings relativ früh und mit wenig Fremdbesatz geerntet werden», bemerkt Lauper. Bernhard Streit ist überzeugt, dass ein System mit möglichst bedecktem Boden nicht nur bessere Saatbedingungen schafft, sondern dank lockerer Erde und besserer Tragfähigkeit auch den Aufwand bei der Rübenernte senkt.
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Vorgehen je nach Unkrautaufkommen
«Mit den neuen PSB zum Bodenschutz kommt endlich auf den Tisch, was konservierend oder regenerativ arbeitende Landwirte schon erfolgreich praktizieren», meint Bernhard Streit. Die Direktzahlungen machen bodenschonende Systeme salonfähig und finanziell attraktiv. Gemäss PSB «angemessene Bodenbedeckung» muss innerhalb von maximal sieben Wochen nach Ernte der Vorkultur eine Bodenbedeckung (Haupt- oder Zwischenkultur, GD, Nützlingsstreifen, Biodiversitätsförderflächen oder weiterbestehende Untersaaten) folgen. «Wenn das Feld einigermassen sauber ist, sollte sofort gesät werden», wiederholt Streit die Faustregel. In zwei Drittel der Fälle sei das möglich und dieses Vorgehen stellt sicher, dass die GD auch genügend Zeit hat, einen guten Bestand zu entwickeln. «Sonst gibt es nur Frust und Kosten».
Sind mehrjährige, etablierte oder problematische Unkräuter im Spiel, wird es aber komplizierter. Von Agrigenève gibt es eine Entscheidungshilfe, die Streit angepasst hat und die zeigt, wie jeweils für eine GD vorgegangen werden kann:
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Untersaaten für Raps
Was Jürg Laupers Fruchtfolge vereinfacht, ist die Abwesenheit von Kartoffeln. «Wir können nicht gut bewässern und die intensive Bearbeitung bei Kartoffeln macht viel kaputt», begründet er.
Bei intensiver Bewirtschaftung verstehe er die Motivation für eine Winterfurche vor Kartoffeln, «wenn der Boden hart wie Beton ist», meint Bernhard Streit. Es ist aber eine Art Henne-Ei-Problem, das mit Denken über die ganze Fruchtfolge entschärft werden könne: «Eine GD vor den Kartoffeln lockert den Boden, denn die Wurzeln bleiben auch nach der Terminierung», erklärt er. Wer Raps in ein pflugloses System integrieren will, dem empfiehlt Streit eine Untersaat mit Klee, die nach der Ernte den Boden schützt. Den Ausfallraps könne man anschliessend am besten mulchen oder dann oberflächlich striegeln, was allerdings dem Klee schaden kann.
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Lupinen statt Kunstwiese sind für Jürg Lauper eine Première, GD und Direktsaat gehören für ihn seit 25 Jahren dazu. Von den Vorteilen ist er überzeugt und trotz aller Erfahrung immer am Optimieren, «man weiss nie genug», meint der Landwirt.
Betriebsspiegel Rättl
LN: 18 h
Tierbestand: Bis 2023 30 Milchkühe in einer Tierhaltungsgemeinschaft, drei Pferd
Fruchtfolge: 5-jährig, Wintergerste – GD – Zuckerrüben – Winterweizen – GD – Mais – Lupinen – (GD), alles Direktsaat, Zuckerrüben 2023 erstmals Strip-Till
Arbeitskräfte: Betriebsleiter