Da die Konservierende Landwirtschaft den Boden nicht wendend bearbeitet, kommen nach Bedarf Herbizide zum Einsatz. Für Bio-Betriebe ist das keine Option. Eine weitere Herausforderung sind die 10 bis 20 Prozent Kunstwiese in der Fruchtfolge. Trotzdem wollen Biolandwirte pfluglos arbeiten: Laut dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) startete man entsprechende Versuche auf Initiative von Schweizer Biobauern um das Jahr 2000. Forschung und Praxis konnten in der Zwischenzeit einiges an Erfahrungen sammeln und zeigen, was möglich ist – und wo noch Fragen offen sind.
Leichter umsetzbar mit einfachen Fruchtfolgen
Das FiBL stützt die Aussagen in Merkblättern und Videos auf die Erkenntnisse aus einem 20-jährigen Feldversuch in Frick AG und einem Netz von 15 Landwirtschaftsbetrieben. Im Biolandbau sei der Verzicht auf den Pflug leichter möglich auf Betrieben mit einfacheren Fruchtfolgen (mit Getreide, Mais und Körnerleguminosen in Mischkultur) und guten Bodenbedingungen, während es schwieriger wird bei speziellen bzw. unkrautempfindlichen Kulturen (Soja, Eiweisserbsen in Reinkultur, Zuckerrüben, Sonnenblumen, Hirse, Lein, Kartoffeln oder Feldgemüse), steinigen und schweren Böden. In trockenen Gebieten profitiere man stärker vom pfluglosen Arbeiten. «Um erfolgreich zu sein, braucht es in der Regel Investitionen in einen Flachgrubber, eine Fräse oder einen Schälpflug sowie eine Anpassung der Fruchtfolge. Wurzelunkräuter müssen immer gut im Auge behalten werden», fasst das FiBL zusammen.
Anstelle von Glyphosat hat Christian Streit aus Aubonne VD in eine Hobelmaschine investiert. Wie er in einem Video zu den No-Till-Feldtagen 2021 erklärt, hat er 12 Jahre lang auf seinem Betrieb direktgesät und vor fünf Jahren auf Bio umgestellt. Stoppeln oder Gründüngungen bearbeitet er mit dem Hobel maximal 3 cm tief. Das sei zwar teurer als ein Totalherbizid, «es bleibt aber Pflanzenmaterial auf der Oberfläche und damit wird die Bodenfruchtbarkeit geschützt», gibt Streit zu bedenken.
«Oft sind es Landwirte, die Grübeln und so Lösungen finden»
Bio-Landwirt Christian Streit expermientiert zusammen mit Berufskollegen, um den Biolandbau weiterzuentwickeln.
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Im Winter schützt der Klee
Die Gründünungen, die in der Konservierenden Landwirtschaft eine wichtige Rolle spielen, baut auch Christian Streit in seine Fruchtfolge ein: Schon im Frühling sei eine Untersaat im Weizen möglich, z. B. mit Klee. «Nach der Getreideernte ist die Parzelle grün und überwintert so», schildert der Waadtländer. Im Frühling wird die Gründüngung dann früh genug gerollt oder abgemulcht, um sie zu terminieren. Die anschliessende Maissaat bereitet Streit mit Hobel und Grubber vor, um das Saatgut dann mit einer normalen Sämaschine in den Boden zu bringen. «Wir haben auf dem Betrieb keine Einzelkorn-Direktsaatmaschine», erklärt der Biolandwirt.
Da man in der Westschweiz auf diesem Gebiet schon weiter ist, wurde der Begriff der «Agriculture biologique de Conservation» (ABC) für No-Till im Biolandbau geläufig. Christian Streit bearbeitet mit seinem System den Boden zwar mehr als es bei konventioneller Direktsaat der Fall wäre, «mit der oberflächlichen Bearbeitung bis maximal 3 cm sind wir aber schon sehr nahe an der Konservierenden Landwirtschaft», ist er überzeugt. Die Kriterien der Beiträge für schonende Bodenbearbeitung bis höchstens 10 cm sind jedenfalls erfüllt. Ausserdem können auch Biobauern vom Zusatzbeitrag für den Herbizidverzicht profitieren. Das hilft, die laut FiBL im Durchschnitt leicht tieferen Erträge ohne Pflug und die nötigen Investitionen auszugleichen.
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Bio-Kunstwiese pfluglos umbrechen
Vor dem Umbruch müsse eine Kunstwiese in jedem Fall entweder gemäht oder gemulcht werden, heisst es beim FiBL. In Praxistests vermochten Kurzscheibenegge und Flügelschargrubber nicht zu überzeugen, besser waren die Resultate mit dem gezogenem Flachgrubber mit Gänsefussscharen von Treffler. Dieses Gerät ist mit Rädern vorne und einer Walze hinten ausgerüstet und hat daher eine präzise Tiefenführung. In zwei Durchgängen (3-4 cm und 2-3 Tage später 6-7 cm tief) lasse sich damit die Grasnarbe ganzflächig abschälen, schildert das Forschungsinstitut. Dabei bleiben zwar Grasmotten zurück, sie seien aber sehr klein und würden schnell austrocknen – Voraussetzung dafür ist allerdings eine trockene Zeitperiode. Es wird empfohlen, die anschliessende Saat ebenfalls bei günstigen Bedingungen durchzuführen. So kann die Kultur schnell aufwachsen, um Unkraut und Gras zu unterdrücken. Interessant ist neben dem Modell von Treffler auch der Präzisionsgrubber Kerner Corona, da hier die Scharen und Zinken einfach auszuwechseln sind. Das macht den Grubber vielseitiger einsetzbar.
Im Gegensatz zu Flachgrubber oder Stoppelhobel ist für den Kunstwiesenumbruch mit dem Schälpflug mit Stützrad nur ein Durchgang nötig. Das Gerät unterschneidet die Grasnarbe maximal 10 cm tief, wendet sie aber teilweise. Auch damit entstehe in der Regel kein «sauberer Tisch», der Anbau von Mais, Körnerleguminosen oder Getreide gelinge aber gut.
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Ein «reiner Tisch» ist nicht das Ziel
Statt der Direktsaat hat sich Mulchsaat für Bio als gangbare Alternative erwiesen. Dabei wird die ganze Bodenoberfläche bis maximal 10 cm bearbeitet und das Saatgut unter eine Mulchschicht gelegt. Das Verfahren eignet sich laut FiBL gut für die Stoppelbearbeitung und Saatbettbereitung zwischen zwei Ackerkulturen. Der Schlüssel zum Erfolg seien geeignete Maschinen und gute Wetterverhältnisse.
Mit der Mulchsaat muss mit erhöhtem Unkrautdruck gerechnet werden. Bei Bio steht die mechanische Unkrautkontrolle im Zentrum, für die Fachleute Stern- und Rollhacken empfehlen. Sie sind weniger anfällig für Verstopfung durch Ernterückstände. Ausserdem gilt, wie im Biolandbau üblich, die Devise, dass ein vollständig unkrautfreier Bestand nicht das Ziel ist. Vielmehr darf die Kultur nicht unter zu starker Konkurrenz leiden. «Ein wenig Klee- und Luzernedurchwuchs verursacht im Mais keine grossen Probleme», hält das FiBL fest. Anders sieht es aus mit Raygräsern und Hirse, die ausserdem in den Folgekulturen problematisch werden, wenn sie versamen. Generell müssten neben den typischen Wurzelunkräutern die Gräser bei reduzierter Bodenbearbeitung gut im Auge behalten werden.
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Mut zum Ausprobieren
«No-Till ist ein super Erosionsschutz», fasst FiBL-Forscher Raphaël Charles zusammen, «es ist gut für gewisse Bodenlebewesen und es wäre interessant, in diesem System weniger mineralischen Dünger und Pflanzenschutzmittel einzusetzen». Phosphor sollte seiner Meinung nach vermehrt via Mykorrhiza von den Pflanzen selbst aus dem Boden geholt werden. Auf der anderen Seite müsste bei Bio als Weiterentwicklung der Boden konsequenter mit Gründüngungen geschützt werden. «Es ist wichtig, zusammenzuarbeiten, denn das Ziel ist dasselbe» schliesst Charles.
«Wir brauchen eine bessere, angepasste Technik. Die fehlt aktuell auf dem Markt», meint Bio-Landwirt Christian Streit. Er möchte seine Berufskollegen zum Ausprobieren ermuntern, denn «oft sind es Landwirte, die Grübeln und so Lösungen finden».
Landwirte forschen gemeinsam
Christian Streit ist Teil der GIREB (Groupe indépendant recherche expertise bio), einer mittlerweile 7-köpfigen Gruppe von Waadtländischen Landwirten und drei Agronomen. Zusammen haben sie rund 400 Hektaren Ackerfläche, auf denen sie verschiedene Versuche durchführen. Themen sind neben dem pfluglosen Anbau, Direktsaat, die Reduktion von Stickstoff-Inputs, neue Systeme mit Mais und Leguminosen, Gründüngungen und angepasste Maschinen. Hinzu kommen 12 Hektaren Bio-Reben, auf denen die GIREB die Bekämpfung von Mehltau ohne Kupfer erforscht. «Wir sind ziemlich weit und wollen unser Wissen künftig allen zur Verfügung stellen», erklärt Christian Streit. Die Gruppe verfügt über die grösste On-Farm-Versuchsfläche der Schweiz. Natürlich funktioniert aber nicht immer alles, es gibt Ernteeinbussen und die Kosten für Maschinen bzw. deren Modifikation sind hoch. Ausserdem gehen die beteiligten Landwirte in ihren Versuchen neue Wege und damit erhöhte Anbaurisiken ein. «Wir sind auf der Suche nach Partnern, die uns finanziell unterstützen», so Streit. So habe man Kontakt aufgenommen zum Kanton Waadt und sei dem FiBL bereits sehr nahe. Im Moment konzentriert sich die GIREB auf private Geldgeber, bis sich von Seiten Kanton vielleicht mehr ergibt.
Boden-Serie (8)
[IMG 6]Durch ganzflächige, intensive Bodenbearbeitung wird organische Substanz für Bodenorganismen zugänglicher und es kommt mehr Luft ins Gefüge, Humus geht verloren. Der Pflug bietet aber auch viele Vorteile, etwa eine schnellere Mineralisierung, Erwärmung und Abtrocknung des Bodens. In einer Serie informieren wir Sie über den Stand des Wissens zur Konservierenden Landwirtschaft, die auf wendende Bearbeitung verzichtet und daher als bodenschonend gilt.