Während bodenschonende Methoden im Ackerbau verschiedentlich erprobt und angewendet werden, steckt der konservierende Gemüsebau noch in Kinderschuhen. Besonders Probleme mit Erosion und der häufige Bewässerungsbedarf im Anbau von Feldgemüse motivieren aber dazu, auch hier neue Wege zu betreten.
Mit Bodenberabeitung nicht mehr weitergekommen
Andreas Bühler und Urs Ackermann aus Oppens VD haben erstmals vor etwa vier Jahren Chicorée direktgesät. «Wir bewirtschaften teilweise steile Parzellen mit z. T. sehr schweren Böden», schildert Gemüsegärtner Bühler, der zusammen mit Landwirt Ackermann die Betriebsgemeinschaft ABO und die Légufrais AG führt. Je mehr sie den Boden bearbeitet hätten, desto weniger sei ein feines Saatbeet entstanden. Ausserdem habe die Bodenstruktur unter den mehrfachen Durchgängen gelitten. «Der Regen hat die Oberfläche jeweils gleich wieder geschlossen», erinnert sich Bühler.
Idealerweise stehe vor dem Chicorée Getreide, worauf nach der Ernte und einem Grubberdurchgang einer Gründüngung folgt. Urs Ackermann bringt mit der Kreiselegge eine Mischung aus Phacelia und Alexandriner-Klee in den Boden. «Das friert im Winter ab, aber wenn die Pflanzen zu hoch stehen oder Ausfallgetreide spriesst, häckseln wir das vor der Direktsaat», so der Waadtländer. Bei Bedarf kommt auch Herbizid zum Einsatz, Bühler und Ackermann bleiben da flexibel.
«Mit der Direktsaat sind wir im Frühling viel reaktionsfähiger»
Andreas Bühler, Gemüsegärtner in der ABO, experimentiert mit Chicorée und Fenchel in Direktsaat.
Die Sämaschine ist ungenau
Verschiedene Faktoren erschweren es, den Chicorée direkt zu säen: Einerseits arbeitet man bei der ABO mit unterschiedlichen Reihenabständen (41,5 und 33,5 cm). Damit hätten die Pflanzen genug Nachbaren um sich und gleichzeitig bleibe mehr Platz für Durchfahrten z. B. zum Hacken. Andererseits sind Direktsaat-Maschinen nicht für den Gemüsebau gemacht und ihre Ablagegenauigkeit daher zu klein. Das erste Problem konnte ein Lohnunternehmer lösen, indem er eigens passende Abstandmodule baute. «Für eine bessere Genauigkeit müsste der Ablagepunkt tiefer sein, das feine Saatgut wird zu weit oben abgeworfen», erklärt Andreas Bühler.
Der Abstand in der Reihe kann bei Chicorée von 7,5 cm bis 10 cm variieren. Je ungenauer die Ablage, desto heterogener entwickeln sich die Kaliber der Chicoréewurzeln während des Wachstums. Das kann sich in der Treiberei stark ertragsmindernd auswirken: Die Chicoréezapfen sind teils zu gross oder zu klein und können nicht nach den Wünschen der Abnehmer konfektioniert werden. Immerhin habe es neben Chicorée auch mit Fenchel recht gut funktioniert mit den Direktsaatversuchen, obwohl die nackten Samen schlecht an der Säscheibe hafteten.
Überzeugt von der guten Wirkung von Phacelia
Was die Gründüngungen angeht, lassen sich Andreas Bühler und Urs Ackermann von der Firma Otto Hauenstein Samen (OHS) beraten, um sie auf die Frühlingskultur abstimmen zu können. Besonders Freude hat Bühler allerdings an Phacelia: «Sie wurzelt sehr tief und schafft damit eine gute Kapillarität.» Um davon profitieren zu können, kommt bei ihm und seinem Geschäftspartner auch im Frühling nur die Kreiselegge zum Einsatz. Die Gründüngung mache eine gute Arbeit und die wolle er nicht mit einer Pflugsohle zunichte machen, so Bühlers Begründung. Sie würden nicht in erster Linie ökologisch denken, sondern schlicht logisch. «Im letzten Jahr hat das sehr gut funktioniert, dank der Direktsaat hatten wir auf den steilen Flächen kaum Erosion», berichten die Waadtländer zufrieden. Auch im restlichen Gemüsebau wird auf ihrem Betrieb seit Jahren auf die Beetfräse und den Rototiller verzichtet, um die Bodenstruktur besser zu erhalten. Wo nicht direktgesät wird, setzen Bühler und Ackermann auf Mulchsaat oder pflanzen in eine Mulchschicht. «Die Direktsaat ist nicht so kompliziert wie manche denken. Und man ist im Frühling viel reaktionsfähiger, um kurze günstige Zeitfenster für die Saat zu nutzen, weil die vorgängige Bodenbearbeitung wegfällt», gibt der Gemüsegärtner zu bedenken.
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Mit Grünschnittroggen machte die ABO weniger gute Erfahrungen: «Er wächst zwar schnell und kann daher spät gesät werden, zieht aber auch sehr viel Wasser ab – und zwar an der Oberfläche, wo es dann dem Gemüse fehlt». Für Chicorée sei Roggen daher keine geeignete Vorkultur, «besser vielleicht für einen Spätsatz Zucchetti, der sicher bewässert wird», meint Andreas Bühler. Ganz generell habe er festgestellt, dass sich Versuchsergebnisse schlecht auf andere Regionen übertragen lassen. Das liege etwa an unterschiedlichen Bodentypen.
Zu kurze Zeitfenster für den Einsatz eines Lohnunternehmers
Auf den Parzellen der ABO hat sich der Fenchel in Mulchsaat im nur oberflächlich bearbeiteten Saatbett gut entwickelt, schneller und tieferreichende Wurzeln gebildet. Damit wurde die Pflanze trockenresistenter. Beim Unkrautdruck stellten die beiden Produzenten mit der Direkt- und der Mulchsaat wenig Unterschied fest, «Wir haben aber mehr Probleme mit Schnecken, seit wir unsere gesamten Flächen mit Winterbedeckung belegen», schildert Urs Ackermann.
Am liebsten würden die Waadtländer in eine Maschine investieren, die sowohl für Direkt- als auch konventionelle Saat geeignet ist. «Das ist aber eine finanzielle Frage», bedauert Andreas Bühler. Gerne würden sie die Saat auch einfach bei einem Lohnunternehmer in Auftrag geben. Da es aber jeweils kurze günstige Zeitfenster zu nutzen gelte und die Präzision über die wichtigen Umsatzzahlen im folgenden Winter entscheidet, können sie sich keine Wartezeiten erlauben und wollen das Risiko nicht in fremde Hände geben. Daher müssten sie selbst über die nötigen Maschinen verfügen.
Erfolg mit Kabis in Witzwil
Bei Versuchen der HAFL und des Inforama Seeland anlässlich der No-Till-Feldtage 2021 in Witzwil BE pflanzte man Kabis-Speedy-Jungpflanzen im Strip-Till-Verfahren direkt in Grünschnittroggen. Dieser wurde mit einer Messerwalze gequetscht und zusätzlich einen Tag vor der Pflanzung mit einem Herbizid gespritzt, damit die Pflanze später nicht wieder aufsteht. Wie Martin Freund, Ressortleiter Gemüse am Inforama in einem Video erklärt, sollte das Walzen alleine ausreichen, falls die Blüte des Roggens abgewartet wird. In die schmalen bearbeiteten Pflanzstreifen könne ein Vorauflaufherbizid gespritzt werden, das bis zum Reihenschluss nach zwei bis vier Wochen das Unkraut unterdrückt.
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Der Salat passt nicht in den Streifen
Kohl sei besonders geeignet für die Strip-Till-Pflanzung, da die Setzlinge tief in den Boden kommen, so Martin Freund. Salat hingegen, der nur flach gepflanzt wird, passt mit seinem eckigen Topf nicht in den bearbeiteten Strip-Till-Streifen. In Witzwil BE lief ein Versuch mit Superseedlingen, deren schmale Topfform an einen Zigarettenfilter erinnert. «So sitzt der Salat aber eher zu tief und die Blätter sind zu nah am Boden, was Krankheiten begünstigen kann», erläutert der Fachmann. Seit vier Jahren gebe es Versuche mit konservierendem Gemüsebau am Inforama und bei vielen Kulturen habe man ähnlich oder gleich hohe Erträge erzielen können. Versuchsweise ohne vorgängige Grundbodenbearbeitung gezogene Dämme brachten z. B. gute Resultate mit Karotten.
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Eine Matte aus gewalztem Roggen hält zwar die Feuchtigkeit im Boden, zieht aber auch Schnecken an, verunmöglicht das Hacken zur Unkrautkontrolle und erschwert eine Kopfdüngung des Gemüses. Bei gepflanzten Kulturen braucht es daher als Ersatz Langzeitdünger, der kontinuierlich Nährstoffe für die Pflanzen liefert. «Herausforderungen bleiben gute, unkrautunterdrückende Gründüngungen auch für Terminkulturen zu finden, eine auf die Kultur ab-gestimmte Saat- und Pflanztechnik sowie optimal gestaltete Pflegemassnahmen», fasst Martin Freund zusammen.
Maschinen für den Konservierenden Gemüsebau adaptiert
«Es gibt ab Stange keine Maschinen, die für den Konservierenden Gemüsebau entwickelt worden sind», erläuterte Swiss-No-Till-Präsident Reto Minder an den Feldtagen 2021. Daher zeigte man in Witzwil BE Geräte, die entweder in Eigenregie oder in Zusammenarbeit mit Landtechnikfirmen adaptiert worden sind:
Messerwalze: Mehr als eine Tonne Gewicht pro Arbeitsmeter, ein leichter Vorgriff an der Quetschleiste und eine zusätzliche Leiste, die den Roggen frühzeitig nach unten beugt, verbessern die Quetschleistung. So soll der Saftfluss in der Pflanze effektiv gestoppt und die stehende Gründüngung zum Absterben gebracht werden.
Strip-Till-Maschine: Entscheidend sei, dass unterschiedliche Reihenabstände je nach Gemüseart eingestellt werden können.
Speedy-Pflanzmaschine: Ergänzt wurde ein Düngerbehälter, um Dünger neben dem Pflanzband abzulegen. Eine zusätzliche Öffnungsscheibe bringt ihn in den Boden. Ausserdem hat man für den Konservierenden Anbau vor dem Pflanzschar eine Doppelscheibe montiert, um allfällige Ernterückstände oder Reste einer Gründüngung auf der Bodenoberfläche durchzuschneiden und so eine einwandfreie Pflanzarbeit zu ermöglichen. Über einen abgeänderten Sitz überträgt sich das Gewicht der pflanzenden Person auf das Pflanzelement, statt auf den Rahmen und hilft somit dabei, die erforderliche Tiefe einzuhalten. Eine zusätzliche, schmale Rolle an jedem Aggregat der Tiefenführungsrollen drückt die Setzlinge fest an, die zudem mit je etwa einem Deziliter Wasser versorgt werden.
«Die aktuelle Gemüsebau-Technik ist nicht für oberflächliches Mulchmaterial konzipiert. Zudem funktioniert die mechanische Unkrautbekämpfung nur bei mehrheitlich reinem Tisch», so Minder. Vielleicht könnte hier in Zukunft die Robotik helfen.
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Boden-Serie (7)
[IMG 6]Durch ganzflächige, intensive Bodenbearbeitung wird organische Substanz für Bodenorganismen zugänglicher und es kommt mehr Luft ins Gefüge, Humus geht verloren. Der Pflug bietet aber auch viele Vorteile, etwa eine schnellere Mineralisierung, Erwärmung und Abtrocknung des Bodens. In einer Serie informieren wir Sie über den Stand des Wissens zur Konservierenden Landwirtschaft, die auf wendende Bearbeitung verzichtet und daher als bodenschonend gilt.