«Im Mittelmeerraum wurden schon zur Römerzeit Bitterlupinen angebaut, und zwar als Lebensmittel», holt FiBL-Forscherin Christine Arncken bei einem Rundgang über die Felder der Getreidezüchtung Peter Kunz (GZPK) in Feldbach ZH aus. Traditionell habe man die Körner nach der Ernte einige Tage verpackt in einem Sack in einen Fluss gelegt, um die giftigen Bitterstoffe auszuwaschen. «Heute kommen sie im Süden z. B. in Salzlake eingelegt wie Oliven auf den Tisch», schildert die Forscherin. Nördlich der Alpen baue man seit Mitte des 20. Jahrhunderts jedoch Süsslupinen mit sehr tiefem Alkaloidgehalt an, denn die Bitterstoffe durch Kochen und mehrmaliges Wässern zu entfernen, ist aufwändig. Ausserdem gehen dabei auch andere wertvolle Inhaltsstoffe verloren und ein moderneres Verfahren ist in Deutschland erst in Entwicklung, ein funktionierendes steht unter Patentschutz. In der Schweiz können Alkaloide Stand heute nicht eliminiert werden, heisst es beim Bundesamt für Landwirtschaft (BLW). Das gilt zumindest für trockene Verfahren (im Gegensatz zum Wässern).
Bitterstoffe als grosses Hindernis
Die Züchtungsarbeit der Schmalblättrigen und der Weissen Lupine – beides Süsslupinen – steht allerdings auch noch am Anfang. Jedenfalls wenn man sie mit beispielsweise Getreide vergleicht. Schmalblättrige Sorten werden in der Schweiz bereits vereinzelt angebaut, das tiefere Ertragsniveau und die schlechte Unkrautunterdrückung sind aber nicht optimal. Bei der ertragreicheren und kräftiger wachsenden Weissen Lupine steht dem Anbau ihre Anfälligkeit für Anthraknose im Weg. «Diese Pilzkrankheit wird über das Saatgut übertragen und breitet sich bei feuchtwarmer Witterung in Windeseile in einem Feld aus», beschreibt Christine Arncken. Die Pflanze verkümmern bis zum Totalschaden. Die Zucht auf Anthraknose-Resistenz sei schwierig, da sie graduell auftritt: Die Sorten sind mehr oder weniger tolerant, aber nicht vollständig resistent. «Am aussichtsreichsten sind heute die Sorten Frieda und Celina. Im letzten Jahr wiesen sie aber – wahrscheinlich witterungsbedingt – erhöhte Alkaloid-Werte auf», so Arncken. Was nach der nassen Saison geerntet werden konnte, war daher z. T. nicht zum Verzehr geeignet und betroffene Landwirte entsprechend frustriert.
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Den Alkaloid-Gehalt zu bestimmen, ist teuer
Zwar gibt es in der Schweiz anders als im Ausland keine gesetzlichen Grenzwerte für den Alkaloid-Gehalt in Speiselupinen, aber strenge Empfehlungen (unter 0,02 Prozent in der Trockenmasse). Für die Verwendung als Tierfutter sind sie lockerer (unter 0,05 Prozent), wobei aber vor allem Schweine sehr sensibel auf grössere Bitterstoffmengen in der Ration reagieren. Das Problem ist, dass es für die Bestimmung eine Laboruntersuchung braucht. Die Kultur muss also gedroschen und die Ernte gereinigt werden, bevor die Genusstauglichkeit feststeht. «Ausserdem ist der Test mit 180 Euro pro Probe teuer und ich kenne nur ein geeignetes Labor in Deutschland», bedauert die Expertin. Man arbeite an Schnelltests.
Leider zeigen Sorten mit tiefem Alkaloidgehalt laut Christine Arncken in der Regel eine verminderte Vitalität, liefern weniger Ertrag und kämpfen mit erhöhtem Unkrautdruck.
Lange, aber lohnenswerte Arbeit
Es gibt zweierlei Wuchstypen: Verzweigte Wuchstypen unterdrücken das Unkraut besser, Pflanzen mit endständigen Hülsen sind dagegen dank gleichmässiger Abreife einfacher zu ernten. «Die Hülsen werden endständig aber auch grösser und schwerer, was das Lagerrisiko erhöht», gibt die Forscherin zu bedenken. Damit sie besser in die Schweizer Fruchtfolge passt, wäre eine frühreife Weisse Lupine von Vorteil. Die aktuellen Sorten können frühestens Anfang August geerntet werden.
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«Die Pflanzenzucht ist ein langwieriger Prozess», meint Christine Arncken. Wie lange es dauern wird, bis eine angepasste Weisse Lupine für die Schweiz zur Verfügung steht, sei daher kaum abschätzbar. Mit fünf Jahren rechne sie im Minimum. «Aber die Arbeit lohnt sich», ist die Agronomin überzeugt, «denn wir erwarten damit einerseits eine Bereicherung des Spektrums der Tierfütterung, andererseits eine starke Zunahme der Nachfrage durch zukunftsorientierte, pflanzenbetonte Ernährungsformen.»