Es gibt laut einem Bericht des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW) zwei Trends, die klar für den Anbau von Proteinpflanzen für die menschliche Ernährung in der Schweiz sprechen: Erstens die rasant steigende Nachfrage nach pflanzlichen Alternativen zu Fleisch und zweitens das Interesse von Konsument(innen) an einheimischen und regionalen Produkten. Auf den 40 Prozent der Ackerfläche in der Schweiz, die nicht der Futtermittelproduktion dienen, wachsen heute vor allem Brotgetreide, Ölsaaten Zuckerrüben und Kartoffeln. Gemessen am wirtschaftlichen Potential, der Anbaueignung und Expertenmeinungen sieht das BLW insbesondere Eiweisserbsen, Kichererbsen, Linsen, Ackerbohnen Hanfnüsse, Hafer und Hirse als zukunftsträchtige neue Ackerkulturen.
Mit Vorteil als Mischkultur
«Die grösste Herausforderung im Anbau von Körnerleguminosen liegt in der Variabilität der Erträge und der Qualitäten», halten die Autoren des Berichts fest. Gründe dafür seien Wetterempfindlichkeit, Lageranfälligkeit, ungleichmässige Ausreife und teils schwache Unkrautunterdrückung als Jungpflanzen. Mischkulturen bringen zwar in der Tendenz bessere Erträge, weniger Probleme mit Unkraut und das Anbaurisiko verteilt sich auf zwei Feldfrüchte. Allerdings ist diese Anbauform anspruchsvoller und die Staffelkultur (Relay Intercropping) in der Praxis noch wenig erforscht. Nicht zuletzt gibt es noch einige offene Fragen zur Leguminosenmüdigkeit, die sich allerdings über die Fruchtfolge vermeiden lässt .
Einheimische Ware ist zu teuer
Was die Bedingungen auf dem Markt angeht, so sind Schweizer Produkte in der Regel teurer als Importware. Im Falle von Körnerleguminosen ist zudem der Grenzschutz tief. Um höhere Preise rechtfertigen zu können, müssten laut BLW Alleinstellungsmerkmale wie der nachhaltige Anbau und die inländische Herkunft ausgelobt werden. Die für eine Mehrheit der Schweizer Konsument(innen) sensible Grenze von 20 Prozent Preisdifferenz zur günstigeren Konkurrenz aus dem Ausland werde aber meist überschritten, so das BLW.
Immerhin könnten, so heisst es im Bericht, mit den hierzulande angewendeten Reinigungs- und Prozessanlagen grundsätzlich alle Kulturen mechanisch zu Speisezwecken gereinigt werden. Das funktioniert auch dezentral auf Bauernhöfen, z. B. mit Schütteltischen für Linsen. Die zentrale Reinigung und Verarbeitung sind wegen aktuell kleiner Produktionsmengen teuer, was Importware mit konstanten Mengen, tiefen Preisen und guter Qualität attraktiver macht.
Gute Wertschöpfung bei Direktvermarktung
Auf Stufe Konsument stellt sich neben dem Preis ein weiteres Hindernis in den Weg: Es fehlt für Körnerleguminosen in der Schweiz eine Esskultur. Viele kennen sie nicht, wissen nicht über die Zubereitung Bescheid oder finden sie zu aufwändig. Die Direktvermarktung bietet hier die Chance, Wissen weiterzugeben. Denkbar wären z. B. ausgedruckte Kochideen im Hofladen zum Mitnehmen. Im Bericht wird ausserdem vorgeschlagen, über die Absatzförderung finanzierte Basiswerbung zu starten.
Nichts destotrotz gibt es etwa für Linsen Beispiele, dass unverarbeitete Körnerleguminosen mit Erfolg direktvermarktet werden können. Die Wertschöpfung sei «ansprechend», vorausgesetzt der Arbeitsaufwand hält sich in Grenzen und die Reinigungskosten können gedeckt werden. Damit Körnerleguminosen ihrem Nischendasein entwachsen, müssen sie zuerst – meist durch öffentlich unterstützte Pionierarbeit – in Fachgeschäften Anklang finden, um dann in den Detailhandel aufgenommen zu werden.
«Langfristig lohend»
Neben Einzelkulturbeiträgen für Speise-Körnerleguminosen brauche es gemeinsame Anstrengungen von Bund und Branche. Vor dem Hintergrund der Folgen des Klimawandels, überschrittener ökologischer Belastungsgrenzen, einer ausgewogenen Ernährung und tierethischer Aspekte «wäre die Vermarktung neuer pflanzlicher Lebensmittel für die Land- und Ernährungswirtschaft langfristig lohnend», ist das BLW überzeugt.